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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Lärm: »Können Sie an Deck kommen, Captain?« Er sah ein paar Passagieren nach, die von zwei bewaffneten Matrosen in die entgegengesetzte Richtung gescheucht wurden. »Verflucht noch mal, Captain, das ist ja, als ob die Tore der Hölle aufspringen!«
    »Was soll
ich

jetzt tun, Sir?« fragte Grindle.
    »Halten Sie die Passagiere ruhig, bis ich Sie ablösen lassen kann. Anschließend versuchen Sie, Seekarten aufzutreiben, und dann we rden wir besprechen, was als nächstes zu tun ist.«
    Er stieg hinter Allday die Leiter hoch und sagte dann: »Lassen Sie diesen Toten wegschaffen. Das ist kein Anblick für die Kinder, wenn es morgen hell wird.«
    Allday sah ihn von der Seite an und lächelte grimmig. Erst hatte es so ausgesehen, als müßten sie das Schiff aufgeben. Jetzt sprach er von morgen früh. Vielleicht stand dann alles schon besser.
    Oben an Deck fielen Wind und See Bolitho an wie tollwütige Me eresungeheuer. Es war schon fast kein Licht mehr, nur schmale Streifen von hellerem Grau leuchteten zwischen den schwarzen Wolken. Gerade so viel, daß er die Männer sehen konnte, die über das zernarbte Deck taumelten, und die leere Stelle, wo der zerschossene Besanmast zwischen dem zerfetzten laufenden Gut gelegen hatte.
    Scharf gab er seine Befehle und sagte dann zu Meheux: »Das ist schon sehr schön für den Anfang.«
    Meheux hob den Arm und deutete über die Reling. Bolitho sah hin: die
Euryalu
s

war nur noch ein Schatten; ihre Marssegel füllten sich mit Wind und schwebten als bleiche Flecken über ihr. Jetzt ging sie über Stag, sekundenlang sah er noch die im Gischt glitzernde Bordwand, die weißen Karos der geschlossenen Stückpforten, und stellte sich vor, wie Keverne statt seiner auf dem Achterdeck stand – vielleicht rechnete er sich bereits wieder eine neue Chance aus.
    »Wir müssen vorm Wind bleiben, Mr. Meheux. Sowie wir versuchen, gegenanzukreuzen, verlieren wir das Ruder, oder es passiert noch Schlimmeres.«
    Aus der Finsternis stolperte der Steuermannsmaat heran; er hielt eine Karte an die Brust gepreßt.
    »Sie wollte nach Port Mahon, Sir. Die meisten Passagiere sind Kaufleute mit ihren Familien, soweit ich verstanden habe.«
    Bolitho runzelte die Stirn. Dann hatte die
Navarra
,

als sie gesichtet wurde, viel weiter südlich gestanden als nötig. Noch ein ungelöstes Rätsel.
    »Wir wollen versuchen, das Marssegel zu setzen, Mr. Meheux. Stellen Sie zwei gute Männer ans Rad. Mr. Ashton kann Ihre Befehle den spanischen Matrosen übersetzen.«
    Er schaute noch einmal nach der
Euryalu
s

aus, aber von ihr war nichts mehr zu sehen. »Zur Zeit möchte ich lieber die Spanier in die Masten schicken, da behalten wir sie wenigstens im Auge«, sagte er.
    Meheux verzog das Gesicht. »Wird ihnen wenig Spaß machen, bei diesem Wind aufzuentern, Sir.«
    »Sagen Sie ihnen, wenn sie sich weigern, dann gibt es für sie nur einen Ort – etwa tausend Faden senkrecht abwärts!«
    Ein Matrose kam herbeigelaufen und rief: »Unten im Logis sind etwa fünfzig Verwundete, Sir! Alles voll Blut – ein scheußlicher Anblick!«
    Bolitho sah den schattenhaften Gestalten nach, die vorsichtig in den Wanten hochkletterten, angetrieben von Meheux’ Befehlen in impr ovisiertem Spanisch und wütenden Armbewegungen.
    »Geht hinunter und sagt Mr. McEven, er soll feststellen, ob ein Arzt unter den Passagieren ist. Wenn ja, soll er an Deck kommen«, befahl er dem Matrosen.
    Wieder rief Meheux ihn an: »Am Großmast sind eine ganze Menge Stage gebrochen, Sir! Der könnte runterkommen, sobald wir Segel setzen!«
    Bolitho erschauerte – erst jetzt merkte er, daß er bis auf die Haut durchgeweicht war. »Be mannen Sie die Brassen, Mr. Meheux. Stellen Sie ein paar von den Passagieren dazu an. Ich brauche jeden verdammten Muskel, den Sie nur auf treiben können!« Und zu Grindle schrie er hinüber: »Klar bei Ruder!« Seine Stimme ging im Geheul des Windes und dem Sprühwasservorhang an der Luvseite fast unter, als wollten die Seegespenster sie über Bord und in die Tiefe ziehen. Er blickte sich nach einer Sprechtrompete um, sah aber nur die Gesichter der Männer am Ruder wie Wachsmasken im Licht der Kompaßlampe glänzen. War es richtig, was er tat? Der Sturm konnte in der nächsten Minute vorbei sein, dann wäre er besser unter gerefftem Großmarssegel liegen geblieben. Aber wenn der Sturm nicht so schnell abflaute, wie er gekommen war, mußte er ihn abreiten. Das war die einzige Chance. Selbst dann konnte das Ruder wegbrechen oder

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