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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Gedanke daran tröstete ihn wenig. Denn damals hatte er eine wenn auch geringe Chance gehabt, zu entkommen und den Spieß umzudrehen. Und die Hoffnung, daß ihm britische Schiffe zu Hilfe kamen. Eine geringe Hoffnung, aber immerhin. Doch hier gab es nichts dergleichen. Die
Euryalu
s

würde nicht zurückkommen und nach ihm suchen. Wie konnte sie auch, wenn die Mission, zu der sie hier war, noch nicht einmal in Angriff genommen war?
    Sein Magen zog sich zusammen, und er merkte, daß er seit dem Vortag nichts gegessen hatte. Es kam ihm vor, als sei es eine Woche her – die geordnete Welt seines eigenen Schiffes, das Gefühl, dazu zu gehören… Er stellte sich vor, daß Parejas Frau jetzt vermutlich Witrand berichtete, wie leicht sie hatte verhindern können, daß Bolitho ihn unter den Passagieren herausfand. Oder vielleicht sah sie auch tränenüberströmt an Deck zu, wie ihr ältlicher Gatte an einem Strick von der Großrah hing und sein Leben verzappelte. Wo kam sie her? Wie geriet eine solche Frau in diesen Teil der Welt? Noch ein Rätsel und eins, das jetzt ungelöst bleiben würde.
    Füßescharren vor der Tür. »Kommen uns wohl beglotzen, diese Bastarde!« knurrte Allday hitzig. Der Riegel wurde zurückgeschoben, und Witrand, zwei Bewaffnete hinter sich, schaute herein. »Ich möchte gern, daß Sie an Deck kommen,
capitain
e
«
,

sagte der Franzose.
    Seine Stimme klang ziemlich ruhig, aber es war etwas an ihm, das Bolitho vor Aufmerksamkeit erstarren ließ. Vielleicht frischte der Wind endlich wieder auf, und Witrand hatte doch nicht so viel Vertrauen zur Mannschaft, wie er vorgegeben hatte. Aber das Schiff dümpelte immer noch so träge, die Pumpen jankten immer noch so trübselig und gleichmäßig vor sich hin.
    Kalt entgegnete er: »Was soll ich oben? Ich befinde mich hier ganz wohl.«
    Witrand gab einem der Männer einen Wink, und dieser kam vorsichtig herein, den Schlüssel zu den Fußeisen in der Hand. »Als Gefangener haben Sie zu tun, was ich befehle«, sagte der Franzose ärgerlich.
    Während der Matrose mit aller Vorsicht die Fußeisen aufschloß, versuchte Bolitho krampfhaft, einen Grund für das plötzlich veränderte Benehmen Witrands zu finden. Der Mann schien tatsächlich äußerst besorgt.
    Meheux half ihm auf und murmelte: »Seien Sie vorsichtig, Sir!« Er sprach ein ganz klein bißchen zu leichthin, fand Bolitho; vielleicht dachte er, sein Kommandant sollte eingehend befragt werden oder etwas noch Schlimmeres.
    Bolitho ging hinter Witrand den Gang hinauf – alles war so merkwürdig still! Nur die Pumpen und das leise Knarren von Holz an Holz – überhaupt keine Stimmen. Und das in einem mit aufgeregten Passagieren vollgestopften Schiff!
    Es war später Nachmittag, an Deck brannte die Sonne blendend hell herunter, der Teer in den Fugen klebte an Bolithos Sohlen, als er hinter Witrand die Leiter zur Kampanje hinaufstieg. Das Glitzern der blauen See war so intensiv, daß er über eine zersplitterte Planke gestürzt wäre und Witrand ihn stützen mußte.
    »Nun, was ist?« Bolitho beschattete die Augen mit der Hand und musterte den Franzosen. »Ich habe es mir nicht anders überlegt. In keiner Hinsicht.«
    Witrand schien das gar nicht zu hören. Er faßte Bolitho beim Arm und drehte ihn zur Reling herum. Seine Stimme klang sehr eindringlich. »Sehen Sie, dort. Was halten Sie von denen?«
    Jetzt erst wurde Bolitho gewahr, daß das ganze Deck voll lautlos gespannter Menschen war. Ein paar waren sogar in die Wanten geklettert, lehnten sich gegen die schlaffen Segel und Masten und starrten zur Kimm.
    Witrand hielt ihm ein Teleskop hin. »Bitte,
capitai
n
e
.

Sagen Sie es mir!«
    Bolitho stützte das Glas auf den Unterarm und stellte es ein. Die Menschen an Deck hatten sich ihm zugewandt; auch Witrand beobachtete ihn gespannt, beinahe ängstlich, von der Seite.
    Sehr langsam fuhr Bolitho mit dem Glas die Kimm ab und hielt den Atem an, als die kleinen bunten Lateinersegel zögernd in die Linse schwammen. Drei, vier, vielleicht fünf standen über ihrem hellen Widerschein im Meer – wie die Flügel munterer Schmetterlinge sahen sie aus.
    Dann setzte er das Glas ab und sah Witrand an. »Das sind Schebecken.« Die Besorgnis Witrands war unverkennbar. »Fünf vielleicht.«
    Witrand starrte ihn an und deutete dann auf die leblosen Segel der
Navarra
.

»Aber sie bewegen sich doch, sie kommen schnell näher. Wie kann das sein?«
    »Sie können genausogut gerudert wie gesegelt werden,
m’sieur.
Meiner

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