Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
diesem Ausgang der Sache hegte er gegen den Oberst von Kermor den grimmigsten Haß, einen Haß, der sich mit den schrecklichsten Drohungen Luft machte in der Erwartung, die Worte einst noch in Thaten übersetzen zu können.
    Der Spanier wurde nach dem Bagno von Cayenne gebracht, von wo es ihm nach neunzehn Jahren, 1892, mit zwei seiner Mitgefangenen auszubrechen glückte. Da er zur Zeit seiner Verurtheilung dreiundzwanzig Jahre alt war, zählte er jetzt also zweiundvierzig Jahre, und da man ihn als sehr gefährlichen Verbrecher betrachtete, sendete die französische Verwaltung Häscher aus, seine Spur zu verfolgen. Das erwies sich fruchtlos. Alfaniz war es gelungen, über die Grenzen von Guyana zu flüchten, und in den ausgedehnten, wenig bevölkerten Gebieten, in den ungeheuern Ilanos Venezuelas war gar nicht mehr an die Auffindung seiner Fährte zu denken.
    Die Verwaltung erfuhr über ihn weiter nichts – und die venezuolanische Polizei glaubte dessen sicher zu sein – als daß er sich an die Spitze einer Quivasbande gestellt habe, die nach ihrer Vertreibung aus Columbia im rechten Ufergebiete des Orinoco hauste. Durch den Tod des Häuptlings Meta Sarrapia’s ihres Anführers beraubt, unterwarfen sich die Indianer, die gefürchtetsten aller Eingebornen, willig Alfanizens Befehle, und dieser Rotte von Uebelthätern waren auch die Plünderungen und Metzeleien zuzuschreiben, deren Schauplatz die mittleren Provinzen der Republik seit Jahresfrist gewesen waren.
    Das Unglück wollte es also, daß dieser Alfaniz gerade die Gebiete durchstreifte, in denen Jeanne von Kermor und Sergeant Martial den Oberst von Kermor suchen wollten. Wenn sein Ankläger aber ihm in die Hände fiel unterlag es keinem Zweifel, daß der Verbrecher sich ohne alles Mitleid an ihm rächen würde. Das bildete also für das junge Mädchen zu den vielen andern eine neue Beunruhigung, und die Thränen stürzten ihr aus den Augen bei dem Gedanken, daß der elende, nach Cayenne verbannte Sträfling von da hatte entweichen können.
    Jacques Helloch und Herr Manuel bemühten sich, ihr beruhigend zuzureden. Wo lag die Wahrscheinlichkeit, meinten sie, daß Alfaniz den Ort, an dem der Oberst von Kermor sich aufhielt, hätte entdecken können, während doch alle Nachforschungen danach vergeblich gewesen wären. Nein, es war nicht zu befürchten, daß der Oberst in seines Feindes Hände gefallen wäre.
    Jedenfalls galt es aber, jetzt Alles aufzubieten, die Nachforschungen fortzusetzen, keine Verzögerung eintreten zu lassen und vor keinem Hinderniß zurückzuschrecken.
    Uebrigens sollte für die Weiterfahrt bald Alles bereit sein. Die Leute des Schiffers Valdez, und Jorres unter ihnen, beschäftigten sich schon mit der Wiederbeladung der »Gallinetta«, die am nächsten Morgen segelfertig sein sollte.
    Herr Manuel führte seine Gäste, die für die zuvorkommende Aufnahme in Danaco herzlich dankbar waren, nach der Wohnstätte im Rancho zurück, wo sie auch den letzten Abend mit ihm zubringen sollten.
    Nach dem Abendessen plauderten Alle noch bis zehn Uhr. Jeder merkte sich bestens die dringenden Ermahnungen des Commissars, vorzüglich soweit sie die Achtsamkeit betrafen, die man an Bord der Piroguen nicht vernachlässigen sollte.
    Als die Trennungsstunde geschlagen hatte, begleitete die Familie Assomption’s die Passagiere nach dem kleinen Hafen.
    Hier nahm man von einander Abschied, wechselte unter dem Versprechen eines Wiedersehens bei der Rückkehr die letzten Händedrücke, und Herr Manuel unterließ es nicht, zu sagen:
    »Ah, Herr Helloch, und auch Sie, Herr Paterne, wenn Sie Ihre in San-Fernando verlassenen Reisegefährten wieder treffen sollten, so bringen Sie dem Herrn Miguel meine besten Empfehlungen, seinen beiden Freunden aber meine Verwünschung mit einem Hoch auf den Orinoco – wohl verstanden, den einzigen, wahren Orinoco, auf den, der bei Danaco vorüberfluthet und die Ufer meines Landbesitzes bewässert!«

Fünftes Capitel.
Rinder und Zitteraale.
    Die Fahrt auf dem Oberlaufe des Stromes ist jetzt also wieder aufgenommen. Die Reisenden sind voll guten Vertrauens auf den Erfolg ihres Vorhabens. Sie haben es nur eilig, nach der Mission Santa-Juana zu kommen, und gebe der Himmel, daß der Pater Esperante ihnen dann den richtigen Weg weisen könne, daß eine zuverlässige Auskunft sie endlich zu ihrem Ziele führe! Möchte ihnen auch ein Zusammentreffen mit der Bande jenes Alfaniz, das das Schicksal Aller in Frage stellen könnte, gnädig

Weitere Kostenlose Bücher