Der stolze Orinoco
französichen Reisenden war es ein sehr strebsamer, streng nüchterner und energischer Mann gewesen, dessen Unternehmungen gewiß gediehen waren und der nun jedenfalls einen andern Rancho im nördlicheren Theile der Savanne eingerichtet hatte.
»Ich bedaure, daß dieser Ricardo nicht mehr hier ist, bemerkte Jacques Helloch. Vielleicht hätten wir von ihm erfahren, ob Alfaniz in der Nachbarschaft des Stromes aufgetaucht sei.«
Dann wendete er sich an den Spanier.
»Haben Sie, Jorres, bei Ihrem Aufenthalte in San-Fernando wohl von den Flüchtlingen von Cayenne reden hören, und von der Indianerbande, die sich ihnen angeschlossen hat?
– Gewiß, Herr Helloch, antwortete der Spanier.
– Hat man ihr Auftreten in den Provinzen des obern Orinoco gemeldet?
– Daß ich nicht wüßte. Man sprach nur von einer Rotte Quivas-Indianer.
– Ganz recht, Jorres, und Alfaniz, ein Sträfling ist es, der sich an ihre Spitze gestellt hat.
– Das ist das erste Mal, daß mir dieser Name zu Ohren kommt, erklärte der Spanier. Auf keinen Fall hätten wir aber ein Zusammentreffen mit jenen Quivas zu fürchten, denn wie man allgemein behauptete, suchten sie wieder nach Columbia, woraus man sie vertrieben hatte, zu gelangen, und wenn das zutrifft, können sie nicht auf dieser Seite des Orinoco sein.«
Es war ja möglich, daß Jorres recht unterrichtet war, als er sagte, daß die Quivas sich mehr nördlich nach den Ilanos Columbias zu zurückgezogen hätten. Trotzdem vergaßen die Reisenden aber die Empfehlungen des Herrn Manuel Assomption keine Minute und hielten sich immer auf ihrer Hut.
Der Tag ging hin, ohne daß sich ein besondrer Zwischenfall ereignete. Die Piroguen kamen ziemlich schnell vorwärts und gingen von Insel zu Insel, von denen immer die eine gleich auf die andre folgte.
Am Abend legten sie sich an der Spitze der Insel Caricha fest.
Da Windstille eingetreten war erschien es rathsamer. Halt zu machen, als in der Dunkelheit zu den Palancas zu greifen.
Bei einem kurzen Ausflug, den Jacques Helloch und der Sergeant über das Uferland der Insel unternommen hatten, erlegten sie eines jener Faulthiere, die gern zwischen den Aesten einer Cecropia hocken, deren Blätter ihnen als gewöhnliche Nahrung dienen. Darauf nach der Mündung des Rio Caricha zurückgekehrt, wo ein Paar jener, zur Familie der Chironecten gehörigen, Sarignen auf eigene Rechnung fischten gelang den Jägern noch ein Doppelschuß, der ebenso geschickt als glücklich zu nennen war. Da sich jene Sarignen nur von Fischen nähren, ist ihr Fleisch aber zähe und so thranig, daß selbst die Indianer nichts davon wissen wollen. Sie können also keineswegs die Affen ersetzen, die, selbst für europäische Gaumen, ein wirklich vortreffliches Gericht abgeben.
Dagegen fanden die Chironecten einen freundlichen Empfang bei Germain Paterne, der mit Unterstützung Parchal’s sofort daran ging, sie auszunehmen und zu präparieren, um ihr Fell haltbar zu machen.
Das sich ausschließlich von Früchten nährende Faulthier wurde geröstet, indem man es in ein mit glühend heißen Steinen ausgelegtes Loch steckte, worin es die Nacht über bleiben sollte. Die Passagiere freuten sich darauf, es zu verspeisen, wenn es am nächsten Tage beim Frühstücke erschien, und wenn sein Fleisch dann ja etwas zu stark nach Rauch schmeckte, so fanden sich unter den Leuten der Piroguen dafür gewiß immer noch Liebhaber genug. Diese Indianer waren ja überhaupt nicht wählerischer Natur, und als einer von ihnen am nämlichen Abende einige Dutzend großer, fast einen Fuß langer Regenwürmer mitgebracht hatte, sotten sie diese mit Kräutern ab und verzehrten sie mit behaglichem Schmunzeln.
Natürlich wollte Germain Paterne, getreu seinem Grundsatze, Alles womöglich selbst zu prüfen, zuerst auch davon kosten. Der Widerwille siegte hier aber doch über den Wissenstrieb, wenigstens brachte er die »Speise« nur bis an den Rand der Lippen.
»Ich glaubte, Du wärest Deiner Wissenschaft inniger ergeben! scherzte Jacques Helloch über den Widerwillen des Freundes, der mit seinem Naturforscherinstinct ja eigentlich unvereinbar war.
Die Wolke zog jetzt sehr schnell heran. (S. 285.)
– Ich bitte Dich, Jacques, auch der Opfermuth des Naturforschers hat seine Grenzen! antwortete Germain Paterne, bemüht, nicht merken zu lassen, daß es ihm noch einmalschlimm und übel wurde.
Am nächsten Tage wurde eiligst aufgebrochen, um einen Morgenwind zu benutzen, der kräftig genug war, die
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