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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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freilich, mehr als einmal, und ich habe die Gewißheit erlangt, daß Herr Chaffanjon nur die Wahrheit gesagt hatte, als er mir bei seiner Rückkehr jene Indianer als armselige, kleine, schwächliche Burschen schilderte, die sehr furchtsam, scheu und überhaupt nicht zu fürchten wären. Ich ermahne Sie also auch nicht: Achtung vor den Guaharibos! sondern: Achtung vor den Abenteurern aus allen Nationen, die sich in den Savannen umhertreiben! Hüten Sie sich vor all solchem, jedes Verbrechens fähigen Raubgesindel, von dem die Regierung unser Land durch Entsendung von Milizen säubern sollte.
    – Noch eine Frage, ließ sich Germain Paterne vernehmen. Ist das, was eine Gefahr für Reisende bildet, nicht auch eine für die Ranchos und deren Besitzer?
    – Gewiß, Herr Paterne, meine Söhne, meine Feldarbeiter und ich selbst, wir bleiben auch stets auf unsrer Hut. Jede Annäherung solcher Banditen an den Rancho würde so zeitig gemeldet werden, daß sie uns nicht überrumpeln können. Dann empfingen wir sie mit Gewehrfeuer, das ihnen wohl das Wiederkommen verleiden dürfte. Von hier, von Danaco, wissen sie übrigens, daß die Mariquitarer keine Furcht kennen, und sie werden es kaum wagen, uns anzugreifen. Die Reisenden auf dem Strome müssen aber, vorzüglich oberhalb des Cassiquiare, stets strenge Wacht halten, denn die Ufergelände sind dort niemals sicher.
    – Uns ist auch schon mitgetheilt worden, bemerkte hierzu Jacques Helloch, daß eine zahlreiche Bande von Quivas jene Gebiete durchstreift.
    – Ja, leider! bestätigte der Commissar.
    – Man nennt als ihren Anführer sogar einen entsprungenen Sträfling…
     

    Die Gemüse und Früchte des Ranchos waren ausgezeichnet. (S. 268.)
     
    – Ganz recht, einen höchst gefährlichen Kerl!
    – Da hören wir nun, bemerkte der Sergeant Martial, immer wieder von diesem Sträfling reden, der aus dem Bagno von Cayenne entwichen sein soll.
    – Aus Cayenne, das stimmt.
    – Ist es denn ein Franzose? fragte Jacques Helloch.
    – Nein, ein Spanier, der aber in Frankreich verurtheilt worden war, erklärte Herr Manuel.
    – Und er heißt?…
    – Alfaniz.
    – Alfaniz?… Vielleicht ein angenommener Name? bemerkte Germain Paterne.
    – Nein, nein, es scheint sein richtiger Name zu sein.«
    Hätte Jacques Helloch in diesem Augenblicke Jorres angesehen, so würde er jedenfalls erstaunt gewesen sein über ein Zittern in den Zügen des Mannes, das dieser nicht zu unterdrücken vermochte. Der Spanier ging langsam an der Uferböschung so hin, daß er sich der Gruppe wie zufällig mehr näherte, und, während er verschiedene, auf dem Sande umherliegende Gegenstände auflas, das Gespräch der Herren besser hören konnte.
    Jacques Helloch hatte sich aber grade auf einen plötzlichen Aufruf hin umgedreht.
    »Alfaniz? hatte der Sergeant Martial, an den Commissar gewendet, gerufen, Sie sagten, Alfaniz?
    – Jawohl, Alfaniz.
    – O, Sie haben ganz recht. Hier ist von keinem falschen Namen die Rede… es ist der jenes elenden Wichtes…
    – Sie kennen diesen Alfaniz? fiel ihm Jacques Helloch, über diese Erklärung verwundert, lebhaft ins Wort.
    – Ob ich ihn kenne! Rede Du, Jean, und erzähle, wie es kam, daß wir von ihm erfuhren. Ich würde mit meinem schlechten Spanisch nicht weit kommen und Herr Manuel verstände mich am Ende nicht einmal richtig.«
    Jean erzählte nun die Geschichte, die er vom Sergeanten Martial her kannte, eine Geschichte, die der alte Soldat mehrfach vor ihm wiederholt hatte, wenn sie in ihrem Hause in Chantenay von dem Oberst von Kermor sprachen.
    Im Jahre 1871, kurz vor dem Ende des unseligen Krieges, wo der Oberst ein Infanterieregiment befehligte, hatte er in einer Diebstahls-und Verrathssache als Zeuge aufzutreten.
    Der Dieb war kein andrer als der Spanier Alfaniz gewesen. Der Verräther, der für den Feind arbeitete, indem er ihm Spionendienste leistete, beging verschiedene Diebstähle im Einverständnisse mit einem alten Verwaltungssoldaten, der sich der Hinrichtung nur durch einen Selbstmord entzog.
    Als Alfaniz seine Schandthaten entdeckt sah, gewann er noch Zeit zu entfliehen, so daß man ihn nicht gleich dingfest machen konnte. Nur durch einen glücklichen Zufall gelang zwei Jahre später, 1873, seine Verhaftung, die etwa sechs Monate vor dem Verschwinden des Oberst von Kermor erfolgte Vor das Criminalgericht der Untern Loire gebracht und durch die Aussage des Oberst schwer belastet, wurde er hier zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurtheilt. Seit

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