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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sich Valdez, und wenn die Fahrt seiner Passagiere sich jenseits San-Fernandos auf dem Oberlaufe des Stromes weiter erstrecken sollte, verpflichtete er sich, da er dort auch schon gefahren war, gern zu deren Verfügung zu bleiben. Das war jedoch eine Frage, die erst später entschieden werden konnte, je nach der Auskunft, die in San-Fernando über den Obersten zu erhalten sein würde.
    Die beiden Piroguen hatten jede ihren Namen: die der Herren Miguel, Felipe und Varinas hieß »Maripare«, gleich einer der zahlreichen Inseln des Orinoco; den einer andern Insel, »Gallinetta«, trug das Fahrzeug des Sergeanten Martial und seines Neffen. Beide waren an den obern Theilen weiß, am Rumpfe durchweg schwarz angestrichen.
    Es versteht sich von selbst, daß die beiden Piroguen dicht bei einander fahren sollten und keine die andre zu überholen suchen würde. Der Orinoco ist ja nicht der Mississippi, die Falcas sind keine Dampfschiffe, und hier lag kein Grund vor, gegen einander zu wetteifern oder sich den Record an Schnelligkeit zu sichern. Außerdem hat man auch immer Ueberfälle durch Indianer aus den nahen Savannen zu befürchten, und deshalb ist es rathsamer, in größerer Zahl aufzutreten, um dem Raubgesindel Respect einzuflößen.
    Die »Maripare« und die »Gallinetta« wären schon an demselben Abend zur Abreise fertig gewesen, wenn nicht erst noch Vorräthe an Lebensmitteln u. s. w. zu besorgen gewesen wären. Bei den Händlern in Caïcara war ja alles zu haben was man zu einer mehrwöchigen Bootsreise bis San-Fernando, wo neue Einkäufe gemacht werden konnten, nöthig hatte. Sie haben alles zu verkaufen: Conserven, Kleidungsstücke, Schießbedarf, Angel-und Jagdgeräthe, und waren ihren Kunden gern zu Diensten, wenn diese nur in schönen Piastern zahlten Reisende auf dem Orinoco können freilich nebenbei darauf rechnen, daß sie Wild an den daran reichen Stromufern erbeuten und Fische in großer Menge fangen können Herr Miguel war nun ein ebenso guter Schütze wie der Sergeant Martial, und auch die leichte Jagdflinte Jeans von Kermor sollte gewiß nicht unthätig und nutzlos bleiben. Man lebt aber doch nicht allein von Jagd und Fischfang. Jedenfalls mußten Thee, Zucker, getrocknetes Fleisch, Dörrgemüse, Cassavenmehl, das aus dem Manioc gewonnen wird und hier die Stelle des Weizen-und Roggenmehls vertritt, und auch einige Tönnchen Tafia und Aguardiente mitgenommen werden. An Brennmaterial würde es den Oefen der Piroguen aus den Uferwäldern nicht fehlen. Zum Schutze gegen die Kälte, oder vielmehr gegen die Feuchtigkeit, konnte man sich leicht wollene Decken besorgen, die in allen venezuolanischen Ortschaften käuflich sind.
    Diese Vorbereitungen nahmen immerhin einige Tage in Anspruch, und man hatte übrigens keine Ursache, diese Verzögerung zu bedauern, denn vierundzwanzig Stunden lang herrschte gerade jetzt abscheuliches Wetter. Caïcara wurde von einem der schweren Stürme heimgesucht, die die Indianer als Chubasco bezeichnen. Er kam aus Südwesten und war von so überreichen Regengüssen begleitet, daß eine starke Anschwellung des Stromes eintrat.
    Der Sergeant Martial und sein Neffe bekamen hierbei einen Vorgeschmack von den Schwierigkeiten, die die Schifffahrt auf dem Orinoco gelegentlich bietet. Die Falcas hätten jetzt weder gegen die durch die Hochfluth entstandene stärkere Strömung, noch gegen den Sturmwind aufkommen können, der sie von vorn gepackt hätte. Jedenfalls wären sie gezwungen gewesen, unter solchen Umständen nach Caïcara, und vielleicht gar schwer beschädigt, zurückzukehren.
    Die Herren Miguel, Felipe und Varinas nahmen diese Widerwärtigkeiten mit philosophischer Ruhe hin; sie hatten ja keine besondre Eile und es kam wenig darauf an, wenn ihre Reise sich auch um einige Wochen verlängerte. Der Sergeant Martial dagegen murrte, schimpfte und wetterte über die Hochfluth und gebrauchte französische und spanische Kraftausdrücke, womit er den Strom belegte, so daß Jean von Kermor Mühe hatte, ihn einigermaßen zu beruhigen.
    »Es genügt nicht, den nöthigen Muth zu haben, mein lieber Martial, sagte er wiederholt, man muß sich auch mit tüchtigem Vorrath an Geduld ausrüsten, denn die werden wir gelegentlich brauchen.
    – Daran soll es mir zwar nicht fehlen, Jean, doch dieser verwünschte Orinoco, konnte er sich uns wenigstens zu Anfang nicht etwas liebenswürdiger zeigen?
    – So bedanke Dich, lieber Onkel; ist es nicht vorzuziehen, wenn er uns seine Liebenswürdigkeiten bis

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