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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Mittheilungen über den Verletzten und hegten auch die Hoffnung, daß er wieder aufkommen werde.
    Die Quivas benutzten allerdings häufig Curare zur Vergiftung ihrer Pfeile und der Bolzen ihrer Sarbacanes (Blaserohre), eine beständige Gewohnheit war das aber immerhin nicht. Die Bereitung dieses Giftes kann nur durch »Specialisten« erfolgen – wenn diese Bezeichnung, wo es sich um wilde Eingeborne handelt, gestattet ist – und es ist nicht immer leicht, sich dieser »Praktiker« der Savannen zu bedienen. Es lag hier also die Wahrscheinlichkeit vor, daß die Sache keinen übeln Ausgang nähme.
    Sollte der Zustand des Sergeanten Martial aber wider Erwarten mehrtägige Ruhe und diese unter günstigeren Umständen erheischen, als sich solche an Bord der »Gallinetta« fanden, so war es leicht, beim Dorfe Atures, sechzig Kilometer oberhalb der Mündung des Meta, Aufenthalt zu nehmen.
    Dort mußten die Reisenden so wie so eine Woche still liegen, bis ihre Piroguen, die sie verlassen mußten, die zahlreichen Stromschnellen in diesem Theile des Orinoco überwunden hatten. Da der Wind noch immer günstig blieb, durften sie wohl erwarten, das Dorf Atures im Laufe des nächsten Tages zu erreichen.
    Die Segel wurden so eingestellt, daß sie die Kraft des Windes am vortheilhaftesten ausnutzten, und wenn dieser in gleicher Weise anhielt, mußten die Falcas gegen Abend die größere Hälfte des Weges zurückgelegt haben.
    Am Vormittage kamen Jacques Helloch und Germain Paterne noch drei-oder viermal, um den Zustand des Sergeanten Martial zu beobachten.
    Die Athmung des Verwundeten war gut, sein Schlaf tief und ruhig.
    Nachmittag gegen ein Uhr, als der Sergeant erwachte, erkannte er sogleich den jungen Mann und begrüßte ihn mit freundlichem Lächeln. Als er freilich die beiden Franzosen neben ihm sah, konnte er nicht umhin, das Gesicht etwas zu verziehen.
    »Haben Sie noch viel zu leiden? fragte ihn Germain Paterne.
    – Ich… Herr Paterne, erwiderte der Sergeant Martial, als ob er sich durch eine solche Frage gekränkt fühlte, nicht im mindesten! Pah, eine einfache Rißwunde… eine Schramme! Denken Sie denn, ich hätte die Haut eines kleinen Mädchens?… Morgen ist gar nichts mehr davon zu sehen, und ich könnte Sie bequem wieder auf der Schulter forttragen. Uebrigens möcht’ ich aufstehen…
    – Nein, Sie bleiben noch ruhig liegen, Sergeant, erklärte Jacques Helloch, das ist vom Arzte verordnet.
    – Lieber Onkel, redete auch der junge Mann dem Verletzten zu, Du mußt der Anordnung schon nachkommen, und binnen kurzem wirst Du den Herren hier für Ihre freundliche Hilfe nur danken können.
    – Schon gut, schon gut!« murmelte der Sergeant Martial knurrend, wie eine Dogge, die von einem Kläffer angebellt wird.
    Germain Paterne legte nun einen frischen Verband an und erklärte bestimmt, daß keine Wundvergiftung vorliege. Im andern Falle hätte das Gift seine Wirkung bereits äußern müssen. Körperlich, wenn auch nicht geistig, wäre der Verletzte jetzt schon einer weitverbreiteten Lähmung verfallen gewesen.
    »Na, Sergeant, die Sache geht ja nach Wunsch, versicherte Germain Paterne.
    – Und in ein paar Tagen wird Alles vorüber sein!« setzte Jacques Helloch hinzu.
    Als Beide dann nach ihrer Bord an Bord mit der »Gallinetta« segelnden Pirogue zurückgekehrt waren, machte der Sergeant Martial seinem verhaltenen Ingrimm Luft.
    »Das hat mir blos noch gefehlt! brummte er. Nun haben wir sie gleich immer hier auf dem Halse… die beiden Franzosen…
    – Ja, bester Onkel, antwortete Jean, um ihn zu beruhigen, da hättest Du Dich freilich nicht verwunden lassen dürfen.
    – Nein, alle Wetter, das wäre nicht nöthig gewesen… an der ganzen dummen Geschichte bin ich nur schuld… ich, ein Recrut von acht Tagen… ein Nichtsnutz… der nicht einmal seinen Wachdienst ordentlich zu thun weiß!«
    Als die Dämmerung anfing, die Ufer des Stromes zu verhüllen, langten die Piroguen an der Barre von Vivoral an, wo sie für die Nacht Schutz suchen sollten. Schon vernahm man von ferne das verschwommene Rauschen der Raudals von Atures.
    Da noch immer ein Ueberfall durch Quivas zu befürchten war, wurden die schärfsten Vorsichtsmaßregeln getroffen. Der Schiffer Valdez ließ seine Leute ihr Lager nicht aufsuchen, ohne vorher einige davon bezeichnet zu haben, die während der ersten Nachtstunden wachen sollten. Dasselbe wurde von Martos und Parchal auf den beiden andern Falcas angeordnet. Außerdem besichtigte man die Waffen,

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