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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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diesen Indianern niemals allein überlassen, um es erst im Dorfe Atures wieder in Empfang zu nehmen. Die Guaharibos verdienen ein so weit gehendes Vertrauen keineswegs, und es empfiehlt sich immer, ihre Ehrlichkeit nicht erst auf die Probe zu stellen. Deshalb marschieren sie also, wie auch im vorliegenden Falle, meist zugleich mit den Reisenden am Ufer dahin.
    Da die Entfernung von Puerto Real bis zum Dorfe Atures nur fünf Kilometer beträgt, hätte die Strecke binnen wenigen Stunden zurückgelegt werden können, selbst mit dem umfänglichen Material, mit den Geräthen, Decken, Reisesäcken, Kleidern, Waffen, der Munition, den Beobachtungsinstrumenten Jacques Helloch’s, den Herbarien und photographischen Apparaten Germain Paterne’s. Das Alles machte keine eigentlichen Schwierigkeiten; es fragte sich aber, ob der Sergeant Martial werde die Wegstrecke zu Fuß zurücklegen können, oder ob er nicht etwa auf einer Tragbahre bis zum Dorfe geschafft werden müßte.
    Doch nein, der alte Soldat war ja kein kleines Mädchen, wie er wiederholt aussprach, und ein Verband an der Schulter hinderte ihn noch lange nicht, einen Fuß vor den andern zu setzen. Schmerzen verursachte ihm seine Verletzung gar nicht mehr, und als Jacques Helloch ihm den Arm anbot, antwortete er:
    »Ich danke sehr, Herr Helloch, ich werde schon mit Schritt halten und brauche niemand zur Hilfe«
    Ein Blick des jungen Mannes auf Jacques Helloch belehrte diesen, daß es besser sei, dem Sergeanten Martial nicht zu widersprechen, auch nicht dadurch, daß man ihm andre Gefälligkeiten anbot.
    Die kleine Gesellschaft verabschiedete sich also von den Schiffsleuten, die die Falcas durch die Wirbel der Stromschnellen bugsieren sollten. Die Schiffer Valdez, Martos und Parchal versicherten, daß sie sich der größten Eile befleißigen würden, und auf ihr Wort war wohl zu bauen.
    So verließen die Passagiere Puerto Real gegen elfeinhalb Uhr morgens.
    Es war nicht nöthig, zu scharf auszuschreiten, wenn der Sergeant Martial sich auch dazu bereit erklärt hatte. Da Jacques Helloch und seine Gefährten schon gefrühstückt hatten, konnten sie gemächlich bis zum Dorfe Atures wandern und trafen dann noch immer zur Zeit des Mittagessens ein.
    Die Straße, oder vielmehr der Fußpfad, verlief am rechten Ufer des Stromes, was ein Uebersetzen des letzteren ersparte, da das Dorf auf dem gleichen Ufer lag. Zur Linken erhob sich der schroffe Abhang der Cerros, deren Kette sich bis oberhalb der Raudals fortsetzt. Zuweilen war der Weg so schmal, daß nur eine Person darauf Platz hatte und die kleine Truppe hintereinander marschieren mußte.
    Die Guaharibos gingen einige Schritte den Uebrigen voran. Nach ihnen kam Herr Miguel und seine beiden Collegen und darauf Jacques Helloch, Jean von Kermor und der Sergeant Martal. Germain Paterne bildete den Nachtrab.
    Wenn die Breite des Pfades es gestattete, ging man auch zu Zweien oder Dreien nebeneinander, und dann marschierten der junge Mann, der Sergeant Martial und Jacques Helloch miteinander hin.
    Offenbar waren Jacques Helloch und Jean ein Paar Freunde geworden, und wer hätte das, außer wenn er ein alter Querkopf war, mit scheelen Augen ansehen können?
    Bisweilen blieb Germain Paterne, der seine kostbare Botanisiertrommel auf dem Rücken trug, stehen, wenn eine Pflanze sein besondres Interesse erregte. Die Andern kamen ihm dann ein Stück voraus und riefen ihm oft laut genug zu, sich mehr zu beeilen, was ihn aber nicht hinderte, seiner Lieblingsbeschäftigung weiter nachzugehen.
    An Ausübung der Jagd war unter vorliegenden Umständen kaum zu denken, wenn sich nicht etwa die Möglichkeit bot, in einzelnen Schluchten der Cerros ein Stück hinaufklimmen zu können.
    Das war thatsächlich einmal der Fall… zur großen Befriedigung des Herrn Miguel, doch zum großen Nachtheil eines Heulaffen, des ersten, der von ihm erlegt wurde.
    »Alle Achtung, Herr Miguel, und meinen aufrichtigen Glückwunsch! rief Jacques Helloch, als einer der Guaharibos das geschossne Thier geholt hatte.
    – Ich danke Ihnen, Herr Helloch, und verspreche gleichzeitig, daß das Fell dieses Affen bei meiner Rückkehr einen Platz im naturhistorischen Museum finden und mit der Aufschrift: »Erlegt von Herrn Miguel, Mitglied der geographischen Gesellschaft von Ciudad-Bolivar« versehen werden wird.
    – Das ist auch nicht mehr als Recht, meinte Felipe.
    – Armes Thier! rief Jean, als er den Affen, der mit der Schußwunde im Herzen auf der Erde lag,

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