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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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betrachtete.
    - Arm… aber vortrefflich zum Verspeisen… sagt man, erwiderte Germain Paterne.
    – Gewiß, mein Herr, versicherte Varinas, und heute Abend, wenn wir in Atures sind, werden Sie sich selbst davon überzeugen können; dieser Affe wird das beste Gericht unsrer Mahlzeit bilden.
    – Grenzt das bei seiner Menschenähnlichkeit nicht bald an Anthropophagie? fragte Jacques Helloch scherzend.
    – O, Herr Helloch! antwortete Jean. Zwischen einem Affen und einem Menschen…
    – Ist der Unterschied gar nicht allzu groß! Nicht wahr, Sergeant?
    – Ganz recht, Beide verstehen sich auf Grimassen!« antwortete Martial, der dafür gleichzeitig den Beweis lieferte.
    Reichlich vertreten war hier auch das Federwild, wie Enten, Holztauben, nebst verschiedenen Wasservögeln, vorzüglich Pavas, einer Art Hühner von großer Flügelspannweite. Doch wenn es auch leicht gewesen wäre, davon viele zu erlegen, so hätte man sie doch nicht erlangen können, da sie in den Stromwirbel gefallen wären.
    Er bietet wirklich einen merkwürdigen Anblick, dieser Orinoco, wenn seine schäumenden Fluthen sich durch das Raudal von Atures, vielleicht das längste und ungangbarste seines ganzen Verlaufs, hinabstürzen. Man vergegenwärtige sich nur das betäubende Donnern der Katarakte, die Wasserstaubwolken über ihnen, die fortgerissenen Baumstämme, die die Strömung vom Ufer weggeschwemmt hat und die da und dort an die Felsblöcke anprallen, sowie das stellenweise überhängende Ufer, das jeden Augenblick herabzubrechen und den engen Fußpfad ganz zu versperren droht. Es erscheint wirklich wunderbar, wie die Piroguen hier durchkommen konnten, ohne sich die Seiten-oder Grundplanken abzureißen. Die Passagiere der »Gallinetta«, der »Moriche« und der »Maripare« konnten auch nur dann erst über das Schicksal ihrer Fahrzeuge beruhigt sein, wenn diese in den Hafen von Atures einliefen.
    Die kleine Gesellschaft, deren Marsch weder durch einen sonstigen Zwischenfall, noch durch einen Unfall unterbrochen worden war, traf ein wenig nach zwei Uhr in dem Dorfe ein.
    Zur Zeit war Atures noch dasselbe, wie es der französische Reisende fünf Jahre vorher gefunden hatte, und wie es ohne Zweifel bleiben wird, wenn man den Aussagen des Elisée Reclus über die Dörfer am mittleren Orinoco vertrauen darf. Ehe die Insassen der drei Piroguen nicht nach San-Fernando kamen, sollten sie überhaupt auf keine Ortschaft von einiger Bedeutung treffen. Weiter hinaus erstreckte sich dann eine halbe Wüstenei, selbst in dem ausgedehnten Becken des Rio Negro und des Amazonenstromes.
    Sieben bis acht Hütten – das war ganz Atures, etwa dreißig Indianer seine ganze Bevölkerung. Hier widmen sich die Eingebornen noch der Viehzucht; stromaufwärts würde man dagegen vergebens Ilaneros suchen, die sich damit abgeben. Dort beobachtet man wohl noch Züge von Hornvieh, doch nur zur Zeit, wo die Herden von einem Weideplatz zum andern getrieben werden.
    Herr Miguel und seine beiden Begleiter, der Sergeant Martial und Jean von Kermor, sowie Jacques Helloch und Germain Paterne mußten sich also die am wenigsten verfallenen Hütten aussuchen und sich darin so gut wie möglich einrichten.
    Wenn das Dorf nun keinerlei Bequemlichkeiten bot und man die Deckhäuser der Piroguen hier recht schmerzlich vermißte, so hatte es doch einen höchst schätzenswerthen Vorzug… es gab hier keinen einzigen Muskito. Warum die unerträglichen Thiere fern blieben, wußte niemand und auch Germain Paterne vermochte es nicht zu erklären. Jedenfalls war der Sergeant Martial für diese Nacht aber seiner Aufgabe, den Neffen mit dem gewohnten Toldo zu umhüllen, seit längerer Zeit zum erstenmale enthoben.
    An Stelle der Muskitos gab es hier freilich viele Niguas oder Sandflöhe, von denen die Indianer am rechten Stromufer arg zu leiden haben.
    Diese Eingebornen gehen ja stets barfuß, und die Stiche der Sandflöhe sind recht schmerzhaft. Die Insecten bohren sich unter die Haut ein und erregen eine starke Anschwellung der befallenen Theile. Man kann sie nur mittels einer seinen Spitze herausziehen, eine Operation, die immerhin ziemlich schwierig und schmerzhaft ist.
    Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß beim gemeinschaftlichen Abendessen, das unter einer Baumgruppe eingenommen wurde, der von Herrn Miguel erlegte und saftig gedämpfte Heulasse als Hauptstück der Tafel figurierte.
    »Nun, rief Herr Felipe, ist er nicht wie vom besten Koch zubereitet?
    – Der Vierhänder ist ausgezeichnet,

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