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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Gewehre und die Revolver und lud sie von neuem.
    Die Stille der Nacht wurde indeß durch keinen Alarm unterbrochen, und der Sergeant Martial konnte ungestört bis früh schlafen. Beim Verbandwechsel am Morgen konnte Germain Paterne die Erklärung abgeben, daß die Wunde in der Heilung begriffen sei und nach wenigen Tagen vernarbt sein werde. Irgendwelche Folgen von Curare waren nicht mehr zu fürchten.
    Das Wetter blieb klar, die Brise frisch und günstig. In der Ferne erhoben sich längs beider Ufer die Berge, die durch die Stromverengerung die Raudals von Atures erzeugen.
    Hier theilte die Insel Vivoral den Strom in zwei Arme, durch die wüthende Stromschnellen herabbrausten. Gewöhnlich, bei niedrigerem Wasserstande, starren Felsblöcke in dem Bette hervor, und man kommt unmöglich hindurch, ohne Fracht und Gepäck bis zum Ende der Insel über Land hinschaffen zu lassen.
    Dieses langwierige Verfahren war diesmal nicht nöthig, und die Piroguen konnten, mittelst Espilla längs des Uferrandes hingetrieben, bis zur stromaufwärts weisenden Spitze der Insel gelangen. Hiermit waren mehrere Stunden gewonnen und die Segelfahrt konnte in gewohnter Weise fortgesetzt werden, als die Sonne am Horizont um wenige Grade über den Cerros des Cataniapo am rechten Ufer aufgestiegen war.
    Am Vormittage konnte man sich bequem längs des Steilufers am Fuße der Cerros halten, und gegen Mittag legten die Falcas an dem kleinen Dorfe Puerto Real an. Ein etwas zu vornehmer Name für einen Flußhafen, um den nur wenige, kaum bewohnte Strohhütten verstreut sind.
     

    Die Pfeilspitze war in die Schulter eingedrungen. (S. 147.)
     
    Hier beginnt nun gewöhnlich der Landtransport aller Frachtstücke der Fahrzeuge bis zu dem fünf Kilometer weiter oben gelegenen Dorfe Atures. Die Guaharibos erspähten auch eifrig die Gelegenheit, einige Piaster zu verdienen. Als man mit ihnen handelseins geworden war, nahmen sie die Gepäckstücke auf den Rücken, die Passagiere aber folgten ihnen und überließen den Schiffsleuten die schwere Aufgabe, ihre Piroguen am Zugseile über die Stromschnellen hinwegzuschaffen.
    Das Raudal hier bildet einen schluchtartigen Gang von zehn Kilometer Länge, der aus den terrassenförmig abfallenden Uferfelsen ausgebrochen zu sein scheint. Die starke Neigung seines Grundes vermehrt neben der Beschränktheit des Bettes das Herabtosen der Fluthen nur noch weiter, und außerdem hat ihnen die Natur keinen freien Durchfluß gewährt. Das nach Humboldt’s Ausspruch »treppenförmige« Bett des Stromes ist von quer verlaufenden Erhöhungen unterbrochen, die den Stromschnellen fast den Charakter von Wasserfällen verleihen. Ueberall tauchen darin mit Grün bedeckte Klippen auf, Felsblöcke, die fast Kugelgestalt aufweisen und sich nur unter Aufhebung der Gesetze des Gleichgewichts an ihrer Stelle halten zu können scheinen. Der Niveauunterschied des Wassers vor und nach diesem Hinderniß beträgt volle neun Meter. Ueber die von einer Stufe zur andern brodelnden Fälle, zwischen den da und dort verstreuten Felsblöcken hindurch und über die Untiefen, die gelegentlich auch ihre Stelle wechseln, müssen also die Fahrzeuge aufgeholt werden.
     

    Bisweilen erweckte eine Pflanze sein besondres Interesse. (S. 155.)
     
    Es giebt hier einen wirklichen Schleppzug auf granitnem Leinpfade, und wenn die Arbeit nicht durch die Witterungsverhältnisse unterstützt wird, erfordert sie viele Zeit und große Anstrengung.
    Natürlich macht es sich dabei in erster Linie nöthig, die Fahrzeuge möglichst zu entlasten. Die Randals hier könnte sonst niemand passieren, ohne sich dem Verlust seiner gesammten Ladung auszusetzen. Es ist schon überraschend genug, daß die Fahrzeuge leer über diese gefährlichen Stellen hinwegkommen, und sicherlich würden die meisten sinken oder zerstört werden, wenn die Schiffsleute, die hier »zu Hause« sind, sie nicht mit erstaunlicher Gewandtheit durch die schäumenden Wirbel zu leiten verständen.
    Die drei Piroguen wurden also entladen und gleichzeitig die Verhandlungen mit den Guaharibos wegen des Ueberlandtransportes der Colli bis zum Dorfe Atures fortgeführt. Die Entlohnung, die diese verlangen, wird gewöhnlich mit Stoffen, allerlei Kurzwaaren, Cigarren, Branntwein und dergleichen bezahlt. Sie nehmen aber ebenso gern baare Zahlung in Piastern an, und im vorliegenden Falle schienen sie mit dem gewährten Preise recht zufrieden zu sein.
    Es versteht sich von selbst, daß Passagiere ihr Reisegepäck

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