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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Preis, schienen die Mannschaften der drei Piroguen bereit, auch das Unmögliche möglich zu machen, um die Belohnung einzuheimsen. Unter den Verhältnissen freilich, unter denen man ihnen diesen Mehraufwand von Energie zumuthete, waren die zwei Piaster gewiß redlich verdient.
    Die Fahrzeuge befanden sich jetzt dem Guaviare gegenüber, dessen Mündung das linke Ufer des Orinoco tief einbuchtet, wenn es nicht der Orinoco ist, der tief in das rechte Ufer des Guaviare einschneidet, im Falle daß Herr Varinas gegen die Herren Miguel und Felipe Recht behielt.
    Es darf wohl nicht wundernehmen, daß der Vertheidiger des Guaviare, das Fernrohr vor den Augen, die Blicke über den weiten Einschnitt schweifen ließ, durch den der von ihm bevorzugte Fluß sein thoniges, gelbliches Wasser entleerte. Freilich darf man sich auch nicht mehr wundern, daß Herr Felipe, der die vollkommenste Nichtachtung heuchelte, als die Pirogue vor der weiten Bucht vorüberglitt, obgleich er recht wohl wußte, um was es sich handelte, ironischen Tones fragte:
    »Welcher Bach ist denn das?«
    Ein Bach, dieser Guaviare, den Fahrzeuge noch tausend Kilometer hinaufsegeln können; ein Bach, dessen Zuflüsse das Gebiet bis zum Fuße der Anden bewässern; ein Bach, der in der Secunde eine Wassermasse von dreihundertzweitausend Cubikmetern in den andern Strom ergießt!
    Auf die verächtliche, spöttische Frage des Herrn Felipe erfolgte jedoch keine Antwort, denn niemand fand Zeit zu einer solchen, oder sie bestand doch nur in dem einen Worte, das die Mannschaften der drei Falcas gleichzeitig hervorstießen:
    »Chubasco!… Chubasco!«
    Das ist der indianische Name für den furchtbaren kurzen Sturm, der jetzt am fernen Horizonte losbrach. Einer Lawine gleich wühlte sich der Chubasco in das Bett des Orinoco ein. Seltsam ist dabei und unerklärlich für jeden, der mit diesen, den venezuolanischen Ilanos eigenthümlichen Erscheinungen nicht vertraut ist, daß er von Nordwesten her über deren Ebenen dahinbraust.
    Noch einen Augenblick vorher war die Luft ruhig… mehr als ruhig, schwer, dick, fast zum festen Körper erstarrt. Die von Elektricität übersättigten Wolken verbreiteten sich mehr und mehr über den Himmel, der Sturm aber, statt ebenfalls von Süden herzukommen, raste von der entgegengesetzten Seite heran. Nahe dem Zenith prallte er auf jene Dunstmassen, zerstreute die einen und wälzte dafür andre zu Haufen an, die, vom Winde gebläht, von Regen-und Hagelmassen belastet, sich über die Stromecke entluden, an der sich die Fluthen eines mächtigen Stromes mit denen seiner zwei großen Zuflüsse mischten.
    Die erste Wirkung des Chubasco bestand darin, daß er die Fahrzeuge von der Mündung des Guaviare entfernte, die zweite aber darin, daß er sie, ohne Mithilfe der Palancas, nicht nur gegen die Strömung festhielt, sondern sie sogar in schräger Richtung auf San-Fernando zutrieb. Brachte der wilde Sturm sie selbst nicht in Gefahr, so hatten die Passagiere sich nicht über die Richtung zu beklagen, die er den drei Piroguen aufzwang.
    Leider sind diese Chubascos aber gewöhnlich von zahlreichen Unfällen begleitet. Wer nicht selbst davon Zeuge gewesen ist, kann sich von ihrem Ungestüm gar keine Vorstellung machen. Sie erzeugen alles zerreißende, mit Hagelschauern verbundene Böen, denen man sich nicht ungestraft aussetzen könnte, einen Kartätschenhagel, der auch die Strohdächer der Deckhäuser durchlöchert.
    Auf den Ruf »Chubasco! Chubasco!« hatten die Passagiere sofort Unterschlups gesucht. In richtiger Voraussicht dieses »Hundewetters«, wie es die Stromschiffer nennen, waren schon die Segel eingezogen und die Masten niedergelegt worden, und so konnten die »Maripare«, die »Moriche« und die »Gallinetta« dem ersten Anprall des Orkans widerstehen.
    Jene Vorsichtsmaßregeln hatten jedoch noch keineswegs alle Gefahren beseitigt; es drohten auch noch andre, außer der des Kenterns. Vom wüthenden Winde getrieben und von schäumenden, denen des Oceans ähnlichen Wellen überspült, schwankten die Falcas eine auf die andre zu, stießen gegeneinander und drohten dadurch leck zu werden oder an den Felsen des rechten Ufers in Trümmer zu gehen. Selbst wenn die Passagiere sich dann noch ans Land zu retten vermochten, mußte doch ihr Gepäck und alles Schiffsmaterial dabei verloren gehen.
    Jetzt taumelten die Fahrzeuge auf dem auf-und abwogenden Strome hilflos umher. Es war den Schiffern ganz unmöglich, sie mittelst der Palancas am Achter in

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