Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
Vom Netzwerk:
Linie aufgestellt, aber ich rechne nicht mit Schwierigkeiten.“
    „Was ist mit dem Verwaltungsrat Ihres Bruders Jim?“
    „Sie drängen sich alle darum, Erklärungen in den Zeitungen unterzubringen, dass sie mit der John-Galt-Linie in keinerlei Verbindung stehen und für was für eine verwerfliche Unternehmung sie sie halten. Sie haben allem zugestimmt, was ich verlangt habe.“
    Die Linie ihrer Schulter wirkte gespannt, aber sie hatte sie leicht zurückgeworfen, als setzte sie zum Flug an. Anspannung schien bei ihr ein natürlicher Zustand zu sein, kein Zeichen von Sorge, sondern ein Zeichen von Freude – die Anspannung ihres gesamten in der Dunkelheit halb sichtbaren Körpers unter dem grauen Kostüm.
    „Eddie Willers hat den Posten des Betriebsleitenden Vizepräsidenten übernommen“, sagte sie. „Sollten Sie irgendetwas brauchen, setzen Sie sich mit ihm in Verbindung. Ich reise heute Abend nach Colorado.“
    „Heute Abend noch?“
    „Ja. Wir müssen Zeit gutmachen. Wir haben eine Woche verloren.“
    „Fliegen Sie mit Ihrem eigenen Flugzeug?“
    „Ja. In etwa zehn Tagen bin ich zurück, ich beabsichtige, ein- bis zweimal im Monat in New York zu sein.“
    „Wo werden Sie da draußen wohnen?“
    „Auf der Baustelle. In meinem eigenen Eisenbahnwaggon – das heißt in Eddies Waggon, den ich mir von ihm leihe.“
    „Werden Sie dort sicher sein?“
    „Sicher wovor?“ Dann lachte sie erstaunt auf. „Das ist das erste Mal, Hank, dass Sie daran gedacht haben, dass ich kein Mann bin. Natürlich werde ich dort sicher sein.“
    Er sah sie nicht an, sondern blickte hinunter auf ein Blatt mit Zahlen auf seinem Tisch. „Ich habe meine Ingenieure eine Kostenübersicht für die Brücke erstellen lassen“, sagte er, „und einen ungefähren Zeitplan für die erforderliche Bauzeit. Das ist es, was ich mit Ihnen diskutieren wollte.“ Er reichte ihr die Blätter. Sie lehnte sich zurück, um sie zu lesen.
    Ein Lichtschein fiel auf ihr Gesicht. Er sah die klaren Konturen ihres festen, sinnlichen Mundes. Dann lehnte sie sich ein wenig zurück, und er konnte nur noch eine Andeutung seiner Form und die dunklen Linien ihrer gesenkten Wimpern erkennen.
    Ist es nicht so?, dachte er, ist es nicht so, dass ich vom ersten Augenblick an, als ich dich sah, daran gedacht habe? Ist es nicht so, dass ich zwei Jahre lang an nichts anderes denken konnte? … Regungslos saß er da und sah sie an. Er hörte die Worte, die er sich niemals erlaubt hatte auszusprechen, die Worte, die er gefühlt und gekannt, denen er sich jedoch nicht gestellt hatte, die er gehofft hatte verschwinden lassen zu können, indem er nicht zuließ, sie auch nur zu denken. Nun kamen sie ihm so plötzlich und überraschend in den Sinn, als sagte er sie zu ihr. … Seit ich dich das erste Mal gesehen habe … Nichts als deinen Körper, diesen Mund und die Art, wie mich deine Augen ansehen würden, wenn … Mit jedem Satz, den ich je zu dir gesagt habe, während all der Besprechungen, bei denen du dich so sicher fühltest, bei all der Wichtigkeit der Dinge, die wir besprachen … Du hattest Vertrauen, nicht wahr? Dass ich deine Größe anerkenne. Dass ich dich so sehe, wie du es verdienst – als wärst du ein Mann? … Denkst du, ich weiß nicht, wie sehr ich dich betrogen habe? Die einzige erfreuliche Begegnung in meinem Leben, die einzige Person, die ich respektierte, den besten Geschäftsmann, den ich kenne, meinen Verbündeten, meinen Partner in einem verzweifelten Kampf … Das niedrigste aller Verlangen – als meine Antwort auf das Größte, was mir je begegnet ist … Weißt du, was ich bin? Ich dachte daran, weil es eigentlich undenkbar sein sollte. Für dieses erniedrigende Bedürfnis, das dich niemals berühren sollte, wollte ich niemals eine andere als dich … Ich hatte nicht gewusst, wie es ist, es zu wollen, bis ich dich zum ersten Mal sah. Ich hatte gedacht: Nein, nicht ich. Ich könnte davon nicht bezwungen werden. Seit diesem Zeitpunkt … seit zwei Jahren … ohne einen Augenblick Pause … Weißt du, wie das ist, es zu wollen? Würdest du hören wollen, was ich dachte, wenn ich dich ansah … wenn ich nachts wach lag … wenn ich deine Stimme am Telefon hörte … wenn ich arbeitete, es aber nicht verdrängen konnte? … Mit dir Dinge zu tun, die für dich unvorstellbar sind – und zu wissen, dass ich es bin, der es getan hat. Dich auf einen Körper zu reduzieren, dich die Lust eines Tieres zu lehren, zu sehen, dass du es brauchst, zu sehen,

Weitere Kostenlose Bücher