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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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Interesse.
    „Ich bin doch dein Freund, Hank.“
    Rearden schaute ihn fragend an.
    Larkin wich dem Blick aus, als führte er einen inneren Kampf. Nach einer Weile fragte er vorsichtig: „Hast du einen guten Interessenvertreter in Washington?“
    „Ich schätze schon.“
    „Du solltest dich vergewissern. Es ist wichtig.“ Er blickte zu Rearden auf und wiederholte nachdrücklich, als entledigte er sich dabei einer quälenden moralischen Pflicht: „Hank, es ist sehr wichtig.“
    „Ja, wahrscheinlich.“
    „Um ehrlich zu sein, bin ich hergekommen, um dir das zu sagen.“
    „Gibt es dafür einen besonderen Grund?“
    Larkin dachte nach und kam zu dem Schluss, dass er seine Pflicht getan habe. „Nein“, antwortete er.
    Rearden war das Thema unangenehm. Er wusste zwar, dass er – wie alle Industriellen – jemanden zum Schutz vor der Legislatur brauchte. Aber er selbst hatte sich nie mit derlei Angelegenheiten befasst, er hatte es nie für nötig befunden. Sie waren ihm zuwider; er fand sie geschmacklos und langweilig.
    „Weißt du, Paul“, sagte er wie im Selbstgespräch, „das Problem ist, dass der Menschenschlag, den man für diese Aufgabe anstellen muss, so schäbig ist.“
    Larkin wandte den Blick ab. „So ist das Leben nun einmal“, sagte er.
    „Wenn ich nur wüsste, warum. Kannst du es mir sagen? Was stimmt nicht mit der Welt?“
    Larkin zuckte traurig mit den Schultern. „Wozu Fragen stellen, auf die es keine Antwort gibt? Wie tief ist das Meer? Wie hoch der Himmel? Wer ist John Galt?“
    Rearden richtete sich auf. „Nein“, widersprach er entschieden. „Nein. Es gibt keinen Grund, so zu denken.“
    Er stand auf. Das Gespräch über sein Geschäft hatte seine Erschöpfung vertrieben. Er verspürte plötzlich eine innere Empörung, ein Bedürfnis, seine eigene Daseinsauffassung wiederzuerlangen und geltend zu machen, jenes Gefühl, das er auf dem Nachhauseweg gehabt hatte und das jetzt auf sonderbare Art bedroht schien.
    Er ging im Zimmer auf und ab, während seine Tatkraft wiederkehrte. Er sah sich seine Familie an. Sie sind allesamt verstörte, unglückliche Kinder, dachte er, selbst seine Mutter, und es war töricht von ihm, ihnen ihre Unbeholfenheit zu verübeln, sie war nicht boshaft, sondern entsprang ihrer Schwäche. Er war derjenige, der Verständnis aufbringen musste, denn er hatte so viel zu geben, wohingegen sie niemals sein Gefühl beglückender, grenzenloser Macht würden teilen können.
    Er blickte zu ihnen hinüber. Seine Mutter und Philip waren in ein angeregtes Gespräch vertieft, doch er spürte, dass sie nicht wirklich angeregt waren, sondern nervös. Philip saß in einem niedrigen Sessel, mit vorgestrecktem Bauch und hängenden Schultern, als wollte er die anderen schon mit dem Anblick seiner jämmerlichen, unbequemen Haltung strafen.
    „Was ist los, Phil?“, fragte Rearden und ging auf ihn zu. „Du siehst erschöpft aus.“
    „Ich hatte einen schweren Tag“, antwortete Philip mürrisch.
    „Du bist nicht der Einzige, der hart arbeitet“, sagte seine Mutter. „Auch andere haben ihre Probleme, auch wenn es bei ihnen nicht um Milliarden und um weltbewegende, epochale Dinge geht wie bei dir.“
    „Aber das ist doch gut. Ich fand schon immer, dass Phil eigene Interessen entwickeln sollte.“
    „Gut? Es gefällt dir also zu sehen, wie dein Bruder sich seine Gesundheit aus dem Leib schwitzt? Das amüsiert dich, nicht wahr? Das habe ich schon immer gedacht.“
    „Nein, Mutter. Ich würde gern helfen.“
    „Du musst nicht helfen. Du musst für uns nichts empfinden.“
    Rearden hatte nie gewusst, was sein Bruder tat oder gern tun würde. Er hatte ihm das College finanziert, aber Philip konnte sich zu keinem Beruf entschließen. Nach Reardens Ansicht stimmte mit einem Mann, der keine Erwerbstätigkeit anstrebte, etwas nicht, aber er wollte seinem Bruder seine Ansicht nicht aufdrängen. Er konnte es sich leisten, ihn zu finanzieren, ohne die Ausgaben auch nur zu bemerken. Er soll sich Zeit lassen, hatte Rearden jahrelang gedacht. Er soll seinen Berufsweg in aller Ruhe finden, ohne nebenher seinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen.
    „Was hast du heute gemacht, Phil?“, fragte er geduldig.
    „Das interessiert dich doch ohnehin nicht.“
    „Doch, es interessiert mich. Deshalb frage ich dich.“
    „Ich musste zwanzig verschiedene Leute an zwanzig verschiedenen Orten aufsuchen, von Redding bis Wilmington.“
    „In welcher Angelegenheit musstest du sie

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