Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
Vom Netzwerk:
wieder die guten alten Wettbewerbsregeln. Aber wenn Sie gegen jemanden etwas in der Hand haben, dann gehört er Ihnen, dann gibt es keinen höheren Bieter, und Sie können auf seine Freundschaft zählen. Also, Sie haben Freunde, und ich auch. Sie haben Freunde, die ich nutzen kann, und umgekehrt. Mir ist es recht, was soll’s, man muss doch etwas zum Handeln haben. Wenn wir schon nicht mit Geld handeln – und das Zeitalter des Geldes ist vorüber –, dann handeln wir eben mit Menschen.“
    „Worauf wollen Sie hinaus?“
    „Ich sage Ihnen nur einige Dinge, an die Sie sich erinnern sollten. Nehmen Sie Wesley zum Beispiel. Sie haben ihm den Job als Assistenten im Büro für nationale Planung versprochen – dafür, dass er Rearden hintergeht, damals zur Zeit des Chancengleichheitsgesetzes. Sie hatten die Kontakte dafür, und ich hatte Sie darum gebeten – im Tausch gegen das Anti-Wettbewerb-Abkommen, wo ich die Kontakte hatte. Also hat Wesley seinen Teil getan, und Sie haben dafür gesorgt, dass alles schriftlich festgehalten wird – oh ja, natürlich weiß ich, dass Sie schriftliche Beweise für die Geschäfte haben, die er eingefädelt hat, um dieses Gesetz durchzubringen, während er Reardens Geld nahm, um es abzuwenden und Rearden nicht misstrauisch zu machen. Das waren ziemlich hässliche Geschäfte. Es wäre für Mr. Mouch recht unerfreulich, wenn sie öffentlich würden. Daher hielten Sie Ihr Versprechen und besorgten ihm den Job, weil Sie dachten, Sie hätten ihn auf Ihrer Seite. Und das hatten Sie auch. Und er hat es Ihnen recht großzügig vergolten, nicht wahr? Aber das funktioniert eben nur eine gewisse Zeit. Nach einer Weile könnte Mr. Mouch so mächtig geworden sein und dieser Skandal so lange zurückliegen, dass es niemanden mehr kümmert, wer wen hintergangen hat. Nichts hält ewig. Wesley war Reardens Mann, dann war er Ihr Mann, und er könnte schon morgen der Mann von jemand anderem sein.“
    „Wollen Sie mir einen Hinweis geben?“
    „Aber nein, ich wollte Sie nur freundlich vorwarnen. Wir sind doch alte Freunde, Jimmy, und ich glaube, das sollten wir auch bleiben. Wir können füreinander sehr nützlich sein, Sie und ich, wenn Sie nicht anfangen, falsche Vorstellungen von Freundschaft zu haben. Ich für meinen Teil glaube an ein Kräftegleichgewicht.“
    „Haben Sie Mouch davon abgehalten, heute zu kommen?“
    „Tja, vielleicht habe ich das, vielleicht aber auch nicht. Ich lasse Sie sich darüber den Kopf zerbrechen. Das ist gut für mich, wenn ich es getan habe – und noch besser, wenn ich es nicht getan habe.“
    Cherryls Augen folgten James Taggart durch die Menge. Die wechselnden Gesichter, die sich um sie herumdrängten, schienen so freundlich, und ihre Stimmen waren von so betonter Herzlichkeit, dass sie sicher war, dass es in diesem Raum keinerlei Bosheit gab. Sie fragte sich, warum einige von ihnen mit ihr auf eine hoffnungsvolle, vertrauliche Art und Weise über Washington sprachen, mit halben Sätzen und halben Andeutungen, als suchten sie ihre Hilfe in einer geheimen Angelegenheit, die sie verstehen sollte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, aber sie lächelte und antwortete, was ihr in den Sinn kam. Sie durfte der Person „Mrs. Taggart“ keine Schande bereiten, indem sie auch nur den geringsten Anflug von Angst zeigte.
    Dann erblickte sie den Feind. Es war eine großgewachsene, schlanke Gestalt in einem grauen Abendkleid, die jetzt ihre Schwägerin war.
    Der Zorn, der auf Cherryls Gemüt lastete, hatte sich mit jedem Mal, wenn sie den Klang von Jims gequälter Stimme gehört hatte, weiter aufgestaut. Das Gefühl einer unerfüllten Pflicht nagte an ihr. Ihr Blick kehrte immer wieder zu ihrer Feindin zurück und studierte sie aufmerksam. Die Fotos von Dagny Taggart in den Zeitungen hatten eine Gestalt in Hosen gezeigt oder ein Gesicht mit einer schrägen Hutkrempe und aufgestelltem Mantelkragen. Jetzt trug sie ein graues Abendkleid, das durch seine strenge Schlichtheit fast anstößig wirkte, es war so schlicht, dass es das Bewusstsein für ihren schlanken Körper, den es bedecken sollte, noch mehr schärfte. Der graue Stoff hatte einen blauen Schimmer, der sich im Stahlgrau ihrer Augen wiederholte. Sie trug keinerlei Schmuck mit Ausnahme eines Armbandes, einer Kette aus schweren grünblauen Metallgliedern.
    Cherryl wartete, bis sie Dagny alleine stehen sah, dann ging sie entschlossen durch die Menge auf sie zu. Aus nächster Nähe sah sie in die stählernen Augen, die

Weitere Kostenlose Bücher