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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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sie: „Erzähl alles von Anfang an, Eddie. Setz dich.“
    Er sprach leise, blieb aber stehen. „Ich habe mit seinem Chefingenieur telefoniert. Ein Ferngespräch. Er rief aus Cleveland an, um uns zu informieren. Mehr hat er nicht gesagt. Er wusste auch nicht mehr.“
    „Was genau hat er gesagt?“
    „Dass McNamara seine Firma geschlossen hat und gegangen ist.“
    „Wohin?“
    „Er weiß es nicht. Niemand weiß es.“
    Sie bemerkte, dass sie mit einer Hand zwei leere Finger ihres Handschuhs festhielt, den sie halb ausgezogen und dann vergessen hatte. Sie streifte ihn ab und warf ihn auf den Schreibtisch.
    Eddie sagte: „Er hatte einen Berg von Aufträgen, die ein Vermögen wert sind. Er hatte eine Warteliste von Kunden für die nächsten drei Jahre. …“ Sie sagte nichts. Er fügte mit leiser Stimme hinzu: „Es würde mich nicht beunruhigen, wenn ich es verstehen könnte. … Aber eine Sache, die keinen erdenklichen Grund haben kann …“ Sie sagte immer noch kein Wort. „Er war der beste Bauunternehmer im ganzen Land.“
    Sie sahen einander an. Eigentlich wollte sie sagen: „Mein Gott, Eddie!“ Stattdessen sagte sie mit ruhiger Stimme: „Mach dir keine Sorgen. Wir finden einen anderen Bauunternehmer für die Rio-Norte-Trasse.“
    Als sie schließlich das Büro verließ, war es spät geworden. Draußen auf dem Bürgersteig vor dem Gebäudeeingang blieb sie stehen, den Blick auf die Straße gerichtet. Plötzlich fühlte sie sich ausgelaugt, ohne Tatkraft, ohne Wünsche, wie ein Motor, der stottert und dann aussetzt.
    Ein schwaches Leuchten stieg hinter den Häusern in den Himmel auf. Es war der Schein tausender unbekannter Lichter, der elektrische Atem der Stadt. Sie wollte sich nur noch ausruhen. Ausruhen und sich über irgendetwas freuen.
    Ihre Arbeit war alles, was sie hatte und was sie wollte. Dennoch gab es Zeiten wie jetzt, wo sie mit einem Mal diese seltsame Leere empfand, die gar nicht Leere war, sondern Stille, nicht Verzweiflung, sondern Unbeweglichkeit, nicht als wäre etwas in ihrem Inneren zerstört, sondern als stünde alles still. Dann überkam sie der Wunsch nach einem Augenblick der Freude, der Wunsch, nur Zuschauerin zu sein, sich eines großartigen Werks oder Anblicks zu erfreuen. Nicht hervorbringen wollte sie, sondern anerkennen, nicht initiieren, sondern reagieren, nicht schaffen, sondern bewundern. Ich brauche es, damit ich weitermachen kann, dachte sie, denn die Freude ist der Treibstoff des Menschen.
    Sie war immer selbst die treibende Kraft gewesen, wenn es um ihr Glück ging – sie schloss ihre Augen mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, das Erheiterung und Schmerz ausdrückte. Einmal nur wollte sie sich von der Kraft der Leistung eines anderen tragen lassen. Wie die Menschen in einer dunklen Prärie sich freuten, wenn die erleuchteten Fenster eines Zuges – ihrer Leistung – vorbeiglitten, wie der Anblick von Kraft und Zielstrebigkeit in der endlosen Weite ihnen mitten in der der Nacht ein Gefühl der Sicherheit gab, so wollte auch sie einmal für einen Augenblick dieses Gefühl auskosten, nur für einen kurzen Gruß, einen einzigen Blick, um zu winken und sich zu sagen: Jemand ist irgendwohin unterwegs. …
    Langsam ging sie los, die Hände in den Taschen ihres Mantels. Die schmale Krempe ihres schrägen Hutes warf einen Schatten über ihr Gesicht. Die Gebäude ringsum ragten so hoch empor, dass sie den Himmel nicht erkennen konnte. Sie dachte: Es hat so viel erfordert, diese Stadt zu bauen, sie sollte auch viel zu bieten haben.
    Über einer Ladentür schallte Musik aus dem schwarzen Loch eines Radiolautsprechers auf die Straßen. Es waren die Klänge eines sinfonischen Konzerts, das gerade irgendwo in der Stadt gegeben wurde. Sie waren ein langes Kreischen ohne Form, als zerrisse man wahllos Stoff und Fleisch. Die Töne ratterten ohne Melodie dahin, keine Harmonie und kein Rhythmus hielten sie zusammen. Wenn Musik der Ausdruck von Emotionen war und Emotionen aus den Gedanken hervorgingen, war das hier der Aufschrei des Chaos, des Irrationalen, der Hilflosigkeit, der Selbstaufgabe des Menschen.
    Sie ging weiter. Vor dem Schaufenster eines Buchladens blieb sie stehen. Dort war eine Pyramide bräunlich rot gebundener Wälzer aufgebaut, die den Titel Der Aasgeier mausert sich trugen. „Der Roman unseres Jahrhunderts“, hieß es auf einem Plakat. „Die scharfsinnige Studie über die Gier eines Geschäftsmannes. Eine furchtlose Aufdeckung der moralischen Verdorbenheit

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