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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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gegangen. … Probleme? Es gibt immer irgendwelche Probleme im Büro. Aber sie macht sich keine Sorgen. Sie weiß, dass sie uns durchbringen kann. … Natürlich sieht es nicht gut aus. Bei uns passieren mehr Unfälle, als bekannt wird. Wir haben gerade wieder zwei Dieselloks verloren, letzte Woche. Eine aus Altersschwäche, die andere bei einem Frontalzusammenstoß. … Ja, wir haben Loks bestellt, bei United Locomotive Works, aber wir warten schon seit zwei Jahren darauf. Ich weiß nicht, ob wir sie jemals bekommen werden. … Und weiß Gott, wir brauchen sie! Antriebskraft – Sie können sich gar nicht vorstellen, wie wichtig sie ist. Sie ist das Herz von allem hier. … Worüber lachen Sie? … Na ja, jedenfalls, es sieht nicht gut aus. Aber immerhin wird die Rio-Norte-Trasse instand gesetzt. Die erste Ladung Schienen wird in einigen Wochen an die Baustelle geliefert. In einem Jahr werden wir die ersten Züge auf der neuen Strecke fahren lassen. Diesmal wird uns nichts aufhalten. … Natürlich weiß ich, wer die Schienen verlegen wird. McNamara, aus Cleveland. Er ist der Bauunternehmer, der auch die San-Sebastián-Trasse für uns fertiggestellt hat. Wenigstens einer, der gute Arbeit leistet. Da können wir sicher sein. Wir können auf ihn zählen. Es sind ja nicht mehr viele gute Unternehmer übrig. … Wir stehen unter einem verdammten Zeitdruck, aber ich mag das. Ich komme jetzt eine Stunde früher ins Büro als sonst, aber sie schlägt mich immer. Sie ist immer zuerst da. … Was? … Nein, ich weiß nicht, was sie abends macht. Nicht viel, nehme ich an. … Nein, sie geht nie mit irgendjemandem aus. Sie sitzt meistens zu Hause und hört Musik. Sie hört Platten. … Warum interessiert es Sie, welche Platten? Richard Halley. Sie liebt die Musik von Richard Halley. Abgesehen von der Eisenbahn ist sie das Einzige, was sie liebt.“

IV. Die unbewegten Beweger
    A ntriebskraft, dachte Dagny und sah in der Dämmerung zum Taggart Building auf, war das Wichtigste, denn Antriebskraft hielt dieses Gebäude aufrecht. Durch Bewegung wurde es unbeweglich, unerschütterlich. Es ruhte nicht statisch auf eisernen Stützpfeilern, die in Granit getrieben worden waren, sondern auf den Lokomotiven, die quer über einen Kontinent rollten.
    Sie spürte einen Anflug von Sorge. Sie war eben von einem Besuch in der Fabrik von United Locomotive Works in New Jersey zurück, wo sie den Präsidenten des Unternehmens persönlich getroffen hatte. Sie hatte nichts aus ihm herausbringen können, weder den Grund für die Verzögerungen noch eine Andeutung, wann die Dieselloks nun produziert würden. Der Präsident hatte zwei Stunden lang mit ihr gesprochen. Aber er war mit keinem Wort auf irgendeine ihrer Fragen eingegangen. Seine Stimme hatte immer, wenn sie versuchte, die Unterhaltung auf konkrete Punkte zu lenken, einen herablassenden, vorwurfsvollen Ton angenommen, als bewiese sie eine schlechte Erziehung, indem sie gegen einen Verhaltenskodex verstieß, den sonst jeder kannte.
    Auf ihrem Weg durch das Werk hatte sie eine gewaltige Maschine gesehen, die in einer Ecke des Hofs stehen gelassen worden war. Es war eine alte Präzisionswerkzeugmaschine, wie man sie heute nirgends mehr bekommen konnte. Sie war nicht abgenutzt, sie war verwahrlost, zerfressen von Rost und schwarzen Flecken verdreckten Öls. Sie hatte ihren Blick abgewandt. Ein solcher Anblick machte sie immer für einen Moment wie blind vor Wut. Sie wusste nicht warum, sie konnte ihr Gefühl nicht genau bestimmen, sie wusste nur, dass es wie ein Protestschrei gegen eine Ungerechtigkeit war und eine Reaktion auf etwas, das weit über die Bedeutung einer alten, verwaisten Maschine hinausging.
    Der Rest der Belegschaft war bereits gegangen, als sie das Vorzimmer zu ihrem Büro betrat, nur Eddie Willers war noch da. Er hatte auf sie gewartet. An der Art, wie er sie ansah und wie er ihr schweigend ins Büro folgte, sah sie sofort, dass etwas geschehen war.
    „Was ist los, Eddie?“
    „McNamara ist ausgestiegen.“
    Sie sah ihn ausdruckslos an. „Was meinst du mit ausgestiegen?“
    „Er ist gegangen, hat aufgehört. Er hat seinen Betrieb aufgegeben.“
    „McNamara, unser Bauunternehmer?“
    „Ja.“
    „Aber das ist unmöglich!“
    „Ich weiß.“
    „Was ist passiert? Warum?“
    „Das weiß niemand.“
    Sie ließ sich absichtlich Zeit, während sie ihren Mantel aufknöpfte, sich an ihrem Schreibtisch niederließ und begann, ihre Handschuhe auszuziehen. Schließlich sagte

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