Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
Vom Netzwerk:
der Mensch ein Wesen mit einem bewussten Willen ist . Vernunft ist kein Automatismus; das Denken ist kein mechanischer Prozess; logische Verknüpfungen lassen sich nicht instinktiv herleiten. Euer Magen, eure Lunge und euer Herz arbeiten automatisch, doch euer Verstand nicht. Zu jeder Stunde und in Bezug auf jede Frage eures Lebens steht es euch frei, entweder zu denken oder dieser Anstrengung auszuweichen. Es steht euch aber nicht frei, eurer Natur und der Tatsache zu entkommen, dass Vernunft eure Überlebensgrundlage ist – sodass für euch als Menschen die Frage ‚Sein oder Nichtsein‘ gleichbedeutend ist mit der Frage ‚Denken oder Nichtdenken‘.
    Für ein Wesen mit einem bewussten Willen gibt es kein automatisches Verhalten. Es braucht einen Wertekodex, an dem es seine Handlungen ausrichten kann. Ein ‚Wert‘ ist das, für dessen Erlangung und Erhaltung man handelt; eine ‚Tugend‘ ist eine Handlung, durch die man ihn erlangt und erhält. Ein ‚Wert‘ setzt die Antwort auf die Frage voraus: wertvoll für wen und wozu? Ein ‚Wert‘ setzt eine Norm, einen Zweck und eine Handlungsnotwendigkeit angesichts einer Alternative voraus. Wo es keine Alternativen gibt, kann es keine Werte geben.
    Es gibt in der Welt nur zwei grundlegende Alternativen: Existenz oder Nichtexistenz. Und diese Alternativen gelten für nur eine Kategorie von Entitäten: für lebende Organismen. Die Existenz unbelebter Materie ist bedingungslos, die Existenz von Leben ist es nicht: Es hängt von einer bestimmten Handlungsweise ab. Materie ist unzerstörbar; sie ändert ihre Formen, doch sie kann nicht aufhören zu existieren. Nur ein lebender Organismus steht ständig vor der Wahl zwischen zwei Alternativen, vor der Frage von Leben und Tod. Das Leben ist ein Prozess der selbsterhaltenden und der selbst erzeugten Handlung. Wenn ein Organismus darin versagt, stirbt er; seine chemischen Elemente bleiben erhalten, aber sein Leben hört auf zu existieren. Erst der Begriff ‚Leben‘ ermöglicht den Begriff ‚Wert‘. Nur für ein Lebewesen können Dinge gut oder böse sein.
    Eine Pflanze muss sich ernähren, um am Leben zu bleiben; Sonnenlicht, Wasser, die chemischen Substanzen, die sie braucht, sind die Werte, nach denen zu streben die Natur ihr auferlegt hat; ihr Leben ist der Wertmaßstab, an dem ihre Handlungen ausgerichtet sind. Doch eine Pflanze hat keine Wahlmöglichkeit in ihren Handlungen; die Bedingungen, die sie vorfindet, können variieren, aber ihre Bestimmung bleibt dieselbe: Sie handelt automatisch so, dass ihr Leben gefördert wird; sie kann nicht selbstzerstörerisch handeln.
    Ein Tier ist mit dem ausgestattet, was es zur Selbsterhaltung braucht; seine Sinne vermitteln ihm einen automatischen Handlungskodex, ein automatisches Wissen um das, was gut oder böse für es ist. Es steht nicht in seiner Macht, sein Wissen zu erweitern oder ihm auszuweichen. Unter Bedingungen, in denen sein Wissen unzureichend ist, stirbt es. Doch solange es lebt, handelt es seinem Wissen entsprechend, mit einer automatischen Sicherheit und ohne die Fähigkeit zu wählen; es ist weder in der Lage, seinen eigenen Vorteil außer Acht zu lassen, noch das Böse zu wählen und sich selbst zu zerstören.
    Der Mensch besitzt keinen automatischen Überlebenskodex. Er unterscheidet sich von allen übrigen lebenden Spezies dadurch, dass er angesichts von Alternativen handeln muss, indem er eine bewusste Wahl trifft. Er weiß nicht automatisch, was für ihn gut oder böse ist, von welchen Werten sein Leben abhängt und welche Handlungsweise dazu erforderlich ist. Plappert ihr etwas von einem Selbsterhaltungsinstinkt? Ein Selbsterhaltungs instinkt ist gerade das, was der Mensch nicht besitzt. Ein ‚Instinkt‘ ist eine untrügliche und automatische Form von Wissen. Ein Wunsch ist kein Instinkt. Ein Wunsch zu leben vermittelt euch nicht das zum Leben nötige Wissen. Und nicht einmal der Wunsch zu leben ist dem Menschen automatisch gegeben: Euer heimliches Übel heutzutage ist, dass ihr diesen Wunsch nicht hegt. Eure Angst vor dem Tod ist keine Liebe zum Leben und wird euch auch nicht das zur Lebenserhaltung erforderliche Wissen vermitteln. Der Mensch muss mittels eines Denkprozesses Wissen erlangen und seine Handlungen wählen, seine Natur wird ihn nicht dazu zwingen. Es steht in seiner Macht, selbstzerstörerisch zu handeln – und genau das hat er beinahe im gesamten Verlauf seiner Geschichte getan.
    Ein Lebewesen, das seine Überlebensgrundlage als

Weitere Kostenlose Bücher