Der Streik
Art Radiowellen, aber auf einer Frequenz, die noch nie zuvor erzeugt, nirgendwo beobachtet und von niemandem entdeckt worden ist.“
Niemand antwortete ihm. Nach einer kurzen Pause fuhr er mit seltsam feierlicher Stimme fort: „Es sieht aus, als würde eine Wand von Radiowellen den Sendebetrieb blockieren, und wir kommen nicht durch, wir kommen nicht an sie heran und können sie nicht durchbrechen. … Schlimmer noch: Wir können mit unseren herkömmlichen Mitteln nicht einmal ihre Quelle orten. … Es scheint, als würden diese Wellen von einem Sender ausgestrahlt, der … der alles bisher Dagewesene wie Spielzeug aussehen lässt.“
„Aber das ist unmöglich!“, rief jemand hinter Mr. Thompson, und bestürzt über den eigentümlichen Ausdruck von Entsetzen wanden sich alle um. Es war Dr. Stadler, der den Schrei ausgestoßen hatte. „So etwas gibt es nicht! Kein Mensch auf der Welt ist in der Lage, so etwas zu bewerkstelligen!“
Der Chefingenieur streckte die Hände aus. „Das ist es ja gerade, Dr. Stadler“, sagte er verzagt. „Es kann nicht sein. Es darf nicht sein. Und doch ist es so.“
„Aber so tun Sie doch etwas!“, rief Mr. Thompson in die Menge.
Niemand antwortete oder regte sich.
„Das lasse ich nicht zu!“, tobte Mr. Thompson. „Ich lasse es nicht zu! Ausgerechnet heute Abend! Ich muss diese Rede halten! Tun Sie etwas! Lösen Sie das Problem, was es auch sein mag! Ich befehle Ihnen, es zu lösen!“
Der Chefingenieur schaute ihn ratlos an.
„Dafür bekommen Sie allesamt die Kündigung! Ich werde sämtliche Elektroingenieure im Land entlassen! Ich werde die ganze Zunft gerichtlich wegen Sabotage, Fahnenflucht und Verrat belangen! Verstehen Sie mich? Nun tun Sie gefälligst etwas, Sie Gottverfluchter! Tun Sie etwas!“
Der Chefingenieur blickte ihn unverwandt an, als hätten alle Worte ihre Bedeutung verloren.
„Gibt es hier niemanden, der noch einen Befehl auszuführen weiß?“, rief Mr. Thompson. „Gibt es denn keinen einzigen intelligenten Menschen mehr in diesem Land?“
Der Minutenzeiger rückte auf 20 Uhr vor.
„Meine Damen und Herren“, erschallte eine Stimme aus dem Radio – es war eine klare, ruhige und unnachgiebige Männerstimme, wie man sie schon seit Jahren nicht mehr im Rundfunk gehört hatte – „Mr. Thompson wird sich heute Abend nicht an Sie wenden. Seine Zeit ist abgelaufen. Jetzt bin ich an der Reihe. Sie sollten einen Bericht zur globalen Krise hören. Genau das werden Sie hören.“
Drei Personen im Raum erkannten die Stimme und raunten, doch niemand bemerkte sie, denn sie wurden vom Aufschrei der Menge übertönt. Das Raunen drückte im einen Fall Triumph, im anderen Fall Entsetzen und im dritten Fall Verwirrung aus. Es waren Dagny, Dr. Stadler und Eddie Willers, die den Sprecher erkannt hatten. Niemand blickte auf Eddie Willers, aber Dagny und Dr. Stadler schauten sich gegenseitig an. Sie sah, dass sein Gesicht von furchtbarem, unerträglichem Entsetzen verzerrt war; er sah, dass sie Bescheid wusste und ihn anschaute, als hätte der Sprecher ihn geohrfeigt.
„Seit zwölf Jahren stellen Sie sich die Frage: Wer ist John Galt? Hier spricht John Galt. Ich bin der Mensch, der sein Leben liebt. Ich bin der Mensch, der weder seine Liebe noch seine Werte opfert. Ich bin der Mensch, der euch eurer Opfer beraubt und dadurch eure Welt zerstört hat, und falls ihr wissen wollt, weshalb ihr zugrunde geht – ihr, die ihr euch vor Erkenntnis fürchtet –, ich bin der Mensch, der es euch jetzt sagen wird.“
Der Chefingenieur war der Einzige, der noch in der Lage war, sich zu rühren. Er eilte an einen Fernsehapparat und hantierte aufgeregt an den Schaltern herum. Doch der Bildschirm blieb dunkel; der Sprecher war nicht gewillt, sich zu zeigen. Nur seine Stimme flutete die Ätherwellen im ganzen Land – und auf der ganzen Welt, dachte der Chefingenieur. Sie klang, als spräche er hier, in diesem Raum, nicht zu einer Gruppe, sondern zu einem Einzelnen. Es war nicht der Tonfall, in dem man eine Versammlung anspricht, sondern der Tonfall, in dem man einen Verstand anspricht.
„Ihr habt davon reden hören, dies sei ein Zeitalter der moralischen Krise. Ihr habt es selbst gesagt, teils ängstlich, teils in der Hoffnung, die Worte hätten keine Bedeutung. Ihr habt gejammert, die Sünden der Menschheit zerstörten die Welt, und ihr habt die menschliche Natur für ihren Widerstand gegen die von euch eingeforderten Tugenden verflucht. Da für euch Tugendhaftigkeit
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