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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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Versager? Hierher hat dein Weg dich gebracht! Da bist du nun, gefangen, hilflos, bewacht, in den Händen von Unmenschen, die drauf und dran sind, dich zu töten – und du wagst es, mir vorzuwerfen, ich sei nicht praktisch vorgegangen! Oh ja, sie werden dich töten! Du wirst nicht gewinnen! Du darfst nicht gewinnen! Du bist derjenige, der zerstört werden muss!“
    Dr. Stadler keuchte, als unterdrückte er einen Schrei, als habe die reglose Gestalt auf dem Fensterbrett ihm schweigend einen Spiegel vorgehalten, sodass ihm plötzlich die volle Bedeutung seiner eigenen Worte vor Augen geführt wurde.
    „Nein!“, stöhnte Dr. Stadler und wog den Kopf von Seite zu Seite, um den unbeweglichen grünen Augen auszuweichen. „Nein! … Nein! … Nein!“
    Galts Stimme hatte dieselbe unbeugsame Nüchternheit wie sein Blick: „Sie haben alles gesagt, was ich von Ihnen hören wollte.“
    Dr. Stadler schlug mit den Fäusten gegen die Tür und rannte hinaus, sobald sie sich geöffnet hatte.
    *
    Drei Tage lang wurde Galts Suite nur noch von den Wachposten betreten, die ihm seine Mahlzeiten brachten. Am frühen Abend des vierten Tages öffnete sich die Tür, und Chick Morrison kam mit zwei Begleitern herein. Chick Morrison trug Abendgarderobe, und sein Lächeln war nervös, aber eine Spur selbstsicherer als sonst. Einer seiner Begleiter war ein Kammerdiener. Der andere war ein muskulöser Mann, dessen Gesicht nicht zu seinem Smoking passte: Es war ein starres Gesicht mit schläfrigen Lidern, hellen, nervösen Augen und der gebrochenen Nase eines Boxers. Sein Schädel war geschoren, abgesehen von einem Büschel ausgebleichter blonder Locken oben auf dem Kopf; er behielt seine rechte Hand in der Hosentasche.
    „Sie werden sich jetzt bitte ankleiden, Mr. Galt“, sagte Chick Morrison überredend und wies dabei auf die Schlafzimmertür, wo ein Kleiderschrank mit kostspieligen Anzügen gefüllt worden war, die Galt bisher nicht angezogen hatte. „Sie werden Ihre Abendgarderobe anziehen.“ Dann fügte er hinzu: „Das ist ein Befehl, Mr. Galt.“
    Galt ging wortlos ins Schlafzimmer. Die drei Männer folgten ihm. Chick Morrison saß auf einer Stuhlkante, zündete eine Zigarette nach der anderen an und drückte sie wieder aus. Der Kammerdiener erging sich allzu sehr in allzu höflichen Bewegungen, als er Galt beim Ankleiden behilflich war, indem er ihm seine Manschettenknöpfe reichte und ihm in den Mantel half. Der Muskelmann stand in einer Ecke, die Hand in der Hosentasche. Niemand sagte etwas.
    „Wenn Sie bitte mitkommen würden, Mr. Galt“, sagte Chick Morrison, als Galt fertig war, und wies dabei mit einer höflichen Geste zur Tür, um ihm den Vortritt zu lassen.
    Blitzschnell, sodass niemand die Bewegung seiner Hand bemerkte, hatte der Muskelmann Galt am Arm gepackt und drückte ihm eine unsichtbare Pistole in die Rippen. „Machen Sie keine falsche Bewegung“, sagte er mit ausdrucksloser Stimme.
    „Das tue ich nie“, sagte Galt.
    Chick Morrison öffnete die Tür. Der Kammerdiener blieb zurück. Die drei Männer in Abendgarderobe gingen wortlos den Flur entlang zum Aufzug.
    Auch im Aufzug sprach niemand; nur das Klicken der über der Tür aufleuchtenden Zahlen zeigte an, dass sie nach unten fuhren.
    Der Aufzug hielt im Hochparterre an. Zwei bewaffnete Soldaten gingen ihnen voraus, und zwei weitere folgten ihnen, während sie die langen, schwach beleuchteten Korridore entlangliefen. Abgesehen von den bewaffneten Wächtern, die an jeder Ecke postiert waren, waren die Korridore menschenleer. Der Muskelmann hielt seinen rechten Arm eng an Galts linken Arm gedrückt, sodass die Pistole keinem zufälligen Beobachter auffallen konnte. Galt spürte den leichten Druck des Pistolenlaufs in seiner Seite, der gekonnt so beibehalten wurde, dass er nicht hinderlich war, aber doch unentwegt spürbar.
    Der Korridor führte zu einer breiten, geschlossenen Tür. Als Chick Morrison nach dem Türknopf griff, tauchten die Soldaten in den Schatten ab. Es war seine Hand, die die Tür geöffnet hatte, aber durch das plötzliche Licht und den Lärm schien es, als wäre die Tür aufgesprengt worden: Das Licht kam von den dreihundert Glühbirnen der hell strahlenden Kronleuchter im großen Ballsaal des Wayne-Falkland-Hotels; der Lärm war der Applaus von fünfhundert Besuchern.
    Chick Morrison führte Galt zum Rednertisch, der auf einem Podest über dem mit Tischen gefüllten Saal stand. Die Zuschauer schienen ohne besondere Ankündigung zu wissen,

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