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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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nicht mitkam, und lehnte sich zur Seite, sodass die auf ihn gerichtete Waffe einen Augenblick lang vor aller Welt sichtbar wurde. Aufrecht stehend blickte er dann in die Kameras, schaute all seinen unsichtbaren Zuschauern ins Gesicht und sagte: „Geht mir verdammt noch mal aus dem Weg!“

IX. Der Generator
    G eht mir verdammt noch mal aus dem Weg!“
    Dr. Robert Stadler hörte es in seinem Autoradio. Er wusste nicht, ob das Geräusch, das dann folgte – teils Keuchen, teils Schrei, teils Lachen –, aus ihm selbst aufstieg oder aus dem Radio kam, aber er hörte das Klicken, das beide abwürgte. Das Radio war tot. Aus dem Hotel Wayne-Falkland wurde nichts mehr gesendet.
    Er drückte nervös einen Knopf nach dem anderen unter der beleuchteten Senderskala. Es kam nichts, keine Erklärungen, keine Hinweise auf technische Probleme, keine Überbrückungsmusik. Sämtliche Radiofunkanstalten hatten den Sendebetrieb eingestellt.
    Ihn schauderte. Er packte das Lenkrad, lehnte sich darüber wie ein Jockey beim Endspurt, und sein Fuß drückte das Gaspedal durch. Seine Scheinwerfer hüpften auf und ab und mit ihnen das schmale Stück Schnellstraße, das vor ihm lag. Jenseits des Lichtkegels gab es nichts außer der Einöde der Prärie von Iowa.
    Er wusste nicht, weshalb er sich die Sendung angehört hatte; er wusste nicht, aus welchem Grund er jetzt zitterte. Er musste plötzlich lachen – über das Radio, über die Menschen in der Stadt, über den Himmel –, es hörte sich an wie ein boshaftes Knurren.
    Er achtete auf die wenigen Schilder, auf denen die Nummern der Schnellstraßen angegeben waren. Er brauchte keine Straßenkarte: Seit vier Tagen war sie in sein Gehirn eingebrannt wie ein mit Säure eingeätztes Liniennetz. Sie konnten sie ihm nicht wegnehmen, dachte er; sie konnten ihn nicht aufhalten. Ihm war, als würde er verfolgt, aber meilenweit war nichts hinter ihm als die beiden roten Rücklichter seines eigenen Autos – wie zwei kleine Gefahrenlämpchen, die durch die Dunkelheit der Steppen von Iowa flohen.
    Das, was seine Hände und Füße lenkte, lag vier Tage zurück – das Gesicht des auf dem Fensterbrett sitzenden Mannes und die Gesichter derer, denen er begegnete, nachdem er dem Zimmer entronnen war. Er hatte sie angeschrien, dass weder er selbst noch sie mit Galt fertig werden würden, dass Galt sie alle zerstören würde, wenn sie ihm nicht zuvorkämen, indem sie ihn zerstörten. „Nur nicht so vorlaut, Professor“, hatte Mr. Thompson ihm kalt entgegnet. „Sie lärmen zwar fortwährend, dass Sie ihn hassen wie die Pest, aber wenn es um Taten geht, haben Sie uns bisher keinen Schritt weitergeholfen. Ich weiß nicht, auf wessen Seite Sie stehen. Wenn er sich uns nicht friedlich ergibt, werden wir möglicherweise Druck auf ihn ausüben müssen, beispielsweise indem wir Geiseln nehmen, an deren Unversehrtheit ihm gelegen ist – und Sie sind der Erste auf der Liste, Professor.“ „Ich?“ , hatte er geschrien und dabei vor Angst gebebt und verzweifelt gelacht. „Ich? Aber er verwünscht mich mehr als jeden anderen auf Erden!“ „Weiß ich das?“, hatte Mr. Thompson geantwortet. „Man sagt, Sie seien sein Lehrer gewesen. Und vergessen Sie nicht, Sie sind der Einzige, den er treffen wollte.“
    Sein Verstand hatte sich in Entsetzen aufgelöst, und er hatte sich gefühlt, als würde er zwischen zwei näher rückenden Wände zerquetscht: Wenn Galt es ablehnte aufzugeben, gab es für ihn kein Entkommen – wenn Galt sich diesen Leuten anschloss, erst recht nicht. Dann war ein entferntes Gebilde in seinem Kopf aufgetaucht: die Erinnerung an ein pilzförmiges Gebäude inmitten der Prärie von Iowa.
    Danach hatte alles begonnen, in seiner Vorstellung ineinanderzufließen. Projekt X, hatte er gedacht, ohne sich darüber im Klaren zu sein, ob es die Vorstellung jenes Gebäudes oder eines über die Landbevölkerung gebietenden fürstlichen Schlosses war, das ihm das Bild einer Zeit und einer Welt vermittelte, in die er gehörte. … Ich bin Robert Stadler, hatte er gedacht, es ist mein Eigentum, es basiert auf meinen Entdeckungen, sie sagten, ich hätte es erfunden. … Ich werde es ihnen zeigen!, hatte er gedacht, ohne sich darüber im Klaren zu sein, ob er den Mann auf dem Fensterbrett, die anderen oder die gesamte Menschheit im Sinn hatte. Seine Gedanken waren in einzelne Bruchstücke zerfallen, die ohne Beziehung zueinander in einer Flüssigkeit schwammen: Die Kontrolle übernehmen … Ich werde es ihnen

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