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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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zeigen! … Die Kontrolle übernehmen, herrschen … Man kann auf Erden nicht anders leben. …
    Das waren die einzigen Worte gewesen, in die er sein Vorhaben in Gedanken fasste. Alles Übrige erschien ihm klar – klar in Form eines ungezähmten Gefühls, das sich gegen die Notwendigkeit jeder weiteren Klärung auflehnte. Er würde die Kontrolle über Projekt X ergreifen und über einen Teil des Landes als seinen privaten Feudalbesitz herrschen. Wie? Sein Gefühl hatte geantwortet: irgendwie. Warum? Sein Verstand hatte beharrlich wiederholt, sein Motiv sei entsetzliche Angst vor Mr. Thompsons Clique, er sei unter ihnen nicht mehr sicher, sein Vorhaben sei eine praktische Notwendigkeit. Doch in den Tiefen seines aufgelösten Verstandes barg sein Gefühl noch eine weitere Angst, die zusammen mit den Verbindungen zwischen den bruchstückhaften Wörtern ertränkt wurde.
    Diese Bruchstücke waren seit vier Tagen und Nächten seine einzigen Wegweiser gewesen – während er auf verlassenen Schnellstraßen durch ein in Chaos verfallendes Land fuhr, während er ein monomanisches Geschick für die illegale Beschaffung von Benzin entwickelte, während er dann und wann einige Stunden lang unter falschen Namen in einsamen Motels unruhig schlief. … Ich bin Robert Stadler, hatte er gedacht und sich in Gedanken immer wieder wie eine allmächtige Formel vorgebetet. … Die Kontrolle übernehmen, hatte er gedacht, als er über die sinnlos gewordenen Ampeln in halbverlassenen Städten raste; als er auf dem vibrierenden Stahl der Taggart Bridge über den Mississippi raste; als er in der Einöde von Iowa hin und wieder an einer verfallenen Farm vorbeiraste. … Ich werde es ihnen zeigen, hatte er gedacht, sollen sie mich ruhig verfolgen, diesmal werden sie mich nicht aufhalten. … Das hatte er gedacht, obwohl er nicht verfolgt worden war – und auch jetzt wurde er von niemandem außer den Rücklichtern seines eigenen Autos und dem in seinem Verstand ertränkten Motiv verfolgt.
    Er blickte auf sein stummes Radiogerät und kicherte; dieses Kichern hatte die emotionale Qualität einer Drohung mit der Faust gegen den leeren Raum. Ich bin derjenige, der praktisch vorgeht, dachte er, ich habe keine Wahl … Mir bleibt keine andere Möglichkeit … Ich werde es all diesen unverschämten Gangstern zeigen, die vergessen, dass ich Robert Stadler bin … Sie werden allesamt scheitern, aber ohne mich! … Ich werde überleben! … Ich werde gewinnen! … Ich werde es ihnen zeigen!
    Die Worte in seinem Kopf waren wie Brocken von festem Boden inmitten eines grausamen, schweigsamen Morastes; das, was sie miteinander verband, lag versenkt auf dem Grund. Zusammen hätten die Worte den Satz ergeben: Ich werde ihm zeigen, dass man auf Erden nicht anders leben kann! …
    Die verstreuten Lichter in der Ferne vor ihm kamen aus den Kasernen, die man auf dem Gelände von Projekt X – jetzt als Harmony City bekannt – errichtet hatte. Als er näher kam, bemerkte er, dass etwas Ungewöhnliches dort vor sich ging. Der Stacheldrahtzaun war zerrissen, und am Tor wurde er nicht von Wachposten empfangen. Aber in den dunklen Ecken und im hellen Licht einiger flackernder Scheinwerfer tat sich Seltsames: Es gab Panzerwagen und umherrennende Gestalten, Kommandos wurden gebrüllt, und Bajonette blitzten auf. Niemand hielt sein Auto an. An der Ecke einer Baracke sah er den reglosen Körper eines Soldaten auf dem Boden hingestreckt. Betrunken, vermutete er, oder zumindest redete er es sich ein, denn er fragte sich, weshalb er daran zweifelte.
    Das pilzförmige Gebäude duckte sich vor ihm auf einem Hügel. In den schmalen Fensterschlitzen brannte Licht, und die formlosen Luftschächte, die unter der Kuppel hervortraten, ragten in die Dunkelheit des Landes hinaus. Ein Soldat versperrte ihm den Weg, als er am Eingang aus seinem Wagen stieg. Der Soldat war ordnungsgemäß bewaffnet, trug aber keine Mütze, und seine Uniform schien nicht richtig zu sitzen. „Wohin willst du, Kumpel?“, fragte er.
    „Lassen Sie mich hinein!“, befahl Dr. Stadler verächtlich.
    „Was hast du hier zu suchen?“
    „Ich bin Dr. Robert Stadler.“
    „Und ich bin der Kaiser von China. Ich habe dich gefragt, was du hier zu suchen hast. Gehörst du zu den Neuen oder zu den Alten?“
    „Lassen Sie mich hinein, Sie Idiot! Ich bin Dr. Robert Stadler!“
    Es war nicht der Name, sondern der Ton seiner Stimme und die Art, wie er mit ihm sprach, was den Soldaten offenbar überzeugte. „Einer

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