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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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Revolver ging los, und
     zwar in die Armlehne der Couch.
    Ich drehte die Trommel, drückte
     ab. Er ging wieder los, und diesmal nahm er einen Lampenschirm und einen
     Bilderrahmen mit. Ich riß ihn hoch. Ich sah einen großen
     Schatten über mir, einen herabfallenden Arm. Ich versuchte noch
     einmal, auf den Abzug zu drücken. Mit aller Kraft.
    Es folgte ein Krachen,
     mehrere laute Geräusche. Der Schatten fiel hart auf die Waffe und
     meine Hände. Glas spritzte überall um mich herum. Alles tat weh,
     brannte. Licht glühte und verblaßte. Seafield - es mußte
     Seafield gewesen sein - balancierte über mir.
    Er schien sich zu erheben, zu
     taumeln, zu fallen.
    Dann ging er direkt neben mir
     zu Boden. Wieder grelles Licht. Ich sah Marcia Merom hinter der Stelle
     stehen, an der vorher Seafield gewesen war. Sie hatte zugesehen, halb
     neugierig, halb entsetzt, halb lächelnd. Sie war mit Blut beschmiert.
     Alles war mit Blut beschmiert. Die Wände, die Bilder. Ich blickte an
     mir selbst herab. Auch ich war blutverschmiert.
    Meine Beine waren eingeklemmt
     unter dem gewaltigen Klotz, der früher einmal Lee Seafield gewesen
     war. Ich wußte, daß er tot war. Aus seinem Rücken
     spritzte noch eine kleine, pulsierende Blutfontäne, aber ich wußte,
     daß er tot war. Dann erlosch die Fontäne. Explosionen hatten
     ihn zerrissen. Explosionen hatten ihm das Leben genommen, meins gerettet.
     Meins gerettet.
    Ich warf noch einen Blick auf
     Marcia Merom. Sie stand noch immer genau am selben Platz. Nichts
     passierte. Ich beobachtete sie, fragte mich, ob ich sie getroffen hatte.
     Ob etwas, was durch Seafield hindurchgegangen war, sie getroffen hatte.
    Dann wurde mir klar, daß
     ich die Waffe nicht mehr in der Fland hatte. Zumindest konnte ich sie
     nicht mehr in meiner Hand spüren. Ich betrachtete meine Hand. Es war
     keine Waffe darin. Ich wußte nicht, wo sie war. 
    Wieder hatte ich Angst.
     Knurrend schob ich mich vorwärts und versuchte, Seafields Leiche von
     mir wegzuschieben. Sie ließ sich nicht bewegen. Ich geriet in Panik.
    Die Waffe lag neben mir, auf
     dem Fußboden, in einer Wolke aus Glas. Dankbar griff ich danach. Es
     war schwer, sie in die Hand zu bekommen, zwischen all dem Glas und dem Blut. Ich benutzte beide Hände
     und drehte mich wieder zu Marcia Merom um.
    Sie hatte sich immer noch
     nicht von der Stelle gerührt.
    Ich hob die Waffe. Ich
     zielte. Tief in meinem Innern wußte ich, daß es mir freistand
     abzudrücken, wenn ich den Beschluß dazu faßte. Ich zielte
     auf ihr Herz.
    Dann entspannte ich mich und
     ließ die Arme sinken. Vor meinen Augen begann Marcia Merom zu
     fallen. Dann stürzte sie schwer und hart zu Boden.
    Es war so, als hätte ich
     abgedrückt, als ich den Wunsch dazu verspürte. Als wäre ich
     die Art Mensch gewesen, wie diese beiden es gewesen waren.
    Einen Augenblick fragte ich
     mich, ob ich nicht doch abgedrückt hatte.

 
    43
    »Hallo, Daddy.«
    »Na, wenn das nicht das
     Kind ist. Hallo, Kind.«
    »Lieutenant Miller ist
     draußen, aber er sagte, ich könnte vorher für eine Minute
     zu dir rein. Es geht dir doch heute besser, oder?«
    »Ich bin wach. Man hat
     mir gesagt, ich sei zwei Tage lang bewußtlos gewesen.«
    »Heute ist Sonntag. Man
     hat dich am Freitag gefunden, frühmorgens.«
    »Das habe ich schon gehört«,
     sagte ich.
    »Es tut mir so leid«,
     sagte Sam. Sie begann zu schniefen.
    »Leid? Weswegen?«
    »Großmutter sagt,
     du hast nach mir gesucht. Daß du gedacht hast, ich wäre
     gekidnappt worden oder so.«
    »Das ist mir durch den
     Kopf gegangen.«
    »Und das ist auch der
     Grund, warum du es mit diesen Leuten zu tun bekommen hast.«
    »Ich hatte bereits mit
     ihnen zu tun. Sie mochten mich nicht besonders.«
    »Nein«, sagte
     sie.
    Wir beide hörten für
     eine Weile zu reden auf. Ich mußte daran denken, daß ich, rein
     körperlich betrachtet, ziemlich heil aus der Sache rausgekommen war.
     Ein paar Schnitte und ein paar gebrochene Finger.
    »Ich muß jetzt
     gehen. Die Minute ist um.«
    »Okay, Schätzchen«,
     sagte ich. »Paß für mich auf deine Großmutter auf.«
    »Mach ich.« Sie küßte
     mich und ging. Miller kam herein, als Sam ging. Er küßte mich
     nicht, hielt nicht einmal meine Hand.
    »Nett, daß du mal
     vorbeischaust«, sagte ich. »Was gibt’s Neues bei der
     Polizei von Indianapolis? Schon Chief geworden? Oder halten sie diese
     Stelle für mich offen?« 
    »Sie engagieren für
     gewöhnlich keine Leute als

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