Der stumme Handlungsreisende
etwas Zeit, Cowboy.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Weil
wir warten müssen, bis es spät genug für die Dame ist, ins
Bett gegangen zu sein.«
Und sie setzten auch alles
dran, damit das Bett so aussah, als hätte jemand es benutzt. Seafield
beschloß, Marcia Merom dabei zu helfen, aber nicht ohne vorher
meinen Beinen wieder ihre Beweglichkeit genommen zu haben. Er fesselte sie
und zog eine Schlinge von ihnen bis zur Schlafzimmertür. Die Theorie
dahinter war, daß ich, falls es mir gelingen sollte freizukommen,
das nicht würde tun können, ohne die Tür zuzuschlagen und
ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
Ich habe einmal ein Buch
über Houdini gelesen, in dem stand, daß er, wenn man ihn
fesselte, die Muskeln anspannte. Auf diese Weise hatte er nachher bei
seinem Befreiungsversuch etwas Spielraum. Also spannte ich meine Muskeln
an, als Seafield mir die Füße fesselte. Unglücklicherweise
bin ich nicht Floudini.
Das einzige, was bei meinen
Anstrengungen herauskam, war, daß ich mir den Kopf am Fußboden
aufschlug und der Tür einen Stoß versetzte. Und meine Fesseln
so sehr anspannte, daß sie Abdrücke auf den Teilen meines Körpers
hinterlassen würden, die sie in ihrer Beweglichkeit hemmten.
Aber kein Nachbar beschwerte
sich. Und ich war nicht übermäßig erpicht darauf, Abdrücke
zu hinterlassen, die später den Blick
des Coroners auf sich ziehen konnten. Nach einer Weile ruhte ich mich
einfach nur aus. Irgendwann würde er meine Fesseln schon lösen müssen.
Und ich bekam mehr Ruhe als
er.
Es war beinahe Mitternacht,
als er seine Aufmerksamkeit wieder mir zuwandte. Er löste die Fesseln
an meinen Füßen und steckte das Seil in die Tasche. Dann
stellte er mich brutal auf die Füße. Einen Augenblick lang
befand sich kein einziger Tropfen Blut mehr in meinem Kopf. Ich stöhnte.
Er hatte kein Mitleid.
Er stellte mich gegen die
Wand und schlug mir zweimal in den Magen, einmal mit jeder Hand. Die Fäuste
fühlten sich an wie Fleischklopfer. Dabei war ich doch bereits ganz
zart.
Dann brachte er mich in die Küche
und schnitt die Fesseln an meinen Händen auf.
Während ich benommen
dastand und mir die Handgelenke rieb, öffnete er bereits die Hintertür.
Dann zog er mich am rechten
Arm mit sich. »Machen Sie eine Faust«, sagte er.
Ich wollte nicht. Also drückte
er die Rückseite meiner offenen Hand durch die unterste
Fensterscheibe. Dann brachte er mich wieder herein und schloß die Tür.
Er warf einen Blick auf meine Hand. Sie war nicht zerschnitten genug, um
ihn zufriedenzustellen. Also rieb er sie in dem Glas auf dem Fußboden.
Das stellte ihn zufrieden.
»Und jetzt weiter«,
sagte er und führte mich zurück ins Wohnzimmer.
Schließlich zerrte ich
an dem Klebeband über meinem Mund und riß es ab.
»Das ist lächerlich«,
sagte ich.
Er schob mich durch die Tür
in das andere Zimmer hinein.
»Damit kommen Sie nie
durch«, sagte ich, immer schnell bei der Hand mit einer gelungenen
Platitüde.
»Dann wird das Ihr
Trost sein«, sagte Seafield zu mir.
Ich sah einen Schatten hinter
mir und drehte mich zu Marcia Merom um, die ihre leere Weinflasche
schwang. Ihrem Blick entnahm ich, daß sie den Dingen erwartungsvoll
entgegensah.
Was schlecht war. Ich hatte
gehofft, ihr anfängliches Zögern wäre ein echter Widerwille
dagegen, einen Mord zu begehen. Aber sie tat, was man ihr sagte. Sie nahm
Befehle entgegen. Und das war schlecht für mich. »Willst du das
jetzt haben, Lee?« fragte sie.
»Gut«, sagte er.
Er nahm die Flasche. Und er nahm zur Kenntnis, daß sie jetzt
vollkommen bei der Sache war. »Geh und zieh dir ein Nachthemd über«,
fuhr er sie an.
Sie drehte sich um, zögerte
jedoch. »Tu nichts, bis ich wieder da bin.«
»Dann mach schnell.«
Sie hüpfte ins
Schlafzimmer. Das war die Frau, die panische Angst vor Seafield gehabt
hatte, als sie mich bei meinem Einbruch ertappte. Sie hatte ihn gefürchtet.
Aber das alles war nur Teil einer größeren Realität, die
darin bestand, daß sie sich immer zu der Seite hingezogen fühlte,
die die größte Gewalt ausübte. Das verriet mir mehr über
John Pighee, als ich bei meinen ganzen Nachforschungen über ihn in
Erfahrung gebracht hatte.
Und es verriet mir auch, wie
ich die Sache angehen mußte. Wenn es
Macht und Angst waren, die sie faszinierten, und wenn Seafield das eine
davon ausübte, das andere
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