Der stumme Handlungsreisende
gesehen. Ich würde auf
Brasilien tippen.«
»Tolles Land«,
sagte er. »Vor allem für einen Mann mit etwas Hirn, etwas
Wissen und etwas Kapital.«
Ich nickte.
»Nur daß Sie es für
mich notwendig gemacht haben, früher zu gehen - sechs Monate und
ungefähr fünfundzwanzigtausend früher -, als ich
beabsichtigt hatte.«
»Was ist mit ihr?«
fragte ich und wies mit dem Kopf auf das Schlafzimmer.
»Garantiert nicht.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie ist ziemlich bescheuert. Ich weiß
nicht, ob Ihnen das aufgefallen ist.«
Es fiel mir schwer, mich
davon abzuhalten, eine Menge Dinge, die mir aufgefallen waren,
aufzulisten. Aber ein schlechter Schuß konnte mein letzter sein.
»Wie konnte Pighee bei
ihr landen, wo Sie doch da waren?« fragte ich.
»Als sie dazukam, habe
ich noch keinen Gedanken an sie verschwendet. Ich war sozusagen
anderweitig beschäftigt. Aber dann kommt dieser Pighee-Bursche daher
und denkt, er ist ein ganz heißer Typ und bringt ’ne Menge
Zeit damit zu, mir zu erzählen, was für ein williges Stück
sie ist, wenn man sie richtig behandelt.«
»Aha«, sagte ich.
»Komisch, daß er
das gesagt hat, wo sie doch diejenige war, die ihn verpfiffen und uns erzählt
hat, daß er was im Schilde führte.«
»Was führte er
denn im Schilde?«
Er schüttelte den Kopf.
»In dieser Art von Organisation kann man nicht auf Einzelheiten
warten. Eins muß ich ihm allerdings lassen, er war kein schlechter
Talentsucher. Obwohl er bei ihr nicht einmal die Oberfläche
angekratzt hat.«
Marcia Merom klopfte leise an
die Tür. Augenblicklich straffte sich Seafield. Er hatte sich keinen
Augenblick von seinem Standpunkt zwischen mir und der Küche
wegbewegt. Ich hatte nie eine Chance, ihm zu entkommen. Mit einer Flasche
in der Hand und seiner Größe, Stärke und Jugend wäre
er in einem Kampf ein sicherer Tip gewesen.
»Sehen Sie mal«,
sagte ich, »ich bin ein wenig müde. Ist es in Ordnung, wenn ich
mich hinsetze?«
»Lee?« kam die
Stimme durch die Tür. »Du hast mich doch nicht vergessen, oder?
Kann ich jetzt wieder rauskommen?«
»Machen Sie sich keine
Sorgen wegen Ihrer Müdigkeit«, sagte er. »Darum kümmere
ich mich schon.«
»Sie werden es also
wirklich tun?«
»Ich werde es wirklich
tun.« Er klopfte auf die Flasche in seiner Hand. »Ich brauche
lediglich an das Geld zu denken, das Sie mich kosten, und ich werde es
genießen.«
»Lee?«
»Beinahe so sehr, wie
sie es genießen wird zuzusehen.«
Ich machte einen schnellen
Schritt nach vorn, um ihn zu einer Reaktion zu zwingen. Was mir gelang.
Ich wollte nicht, daß Marcia Merom zurück ins Zimmer kam.
»Sehen Sie«,
sagte ich, »wenn Sie es wirklich tun, darf ich dann nicht wenigstens
noch ein Gebet sprechen?«
Erstaunen huschte über
sein Gesicht. »Was?«
»Wenn ich sterben muß,
geben Sie mir vorher die Möglichkeit, mit Gott ins reine zu kommen.«
»Ich glaube es einfach
nicht.«
»Bitte.« Ich
faltete die Hände, Handfläche an Handfläche, um meinen
tiefen Glauben zu zeigen.
Er lächelte. »Na,
dann sprechen Sie Ihr Gebet«, sagte er. Eine letzte Großherzigkeit.
Ich fiel auf die Knie und
watschelte zur Couch hinüber. Er sah nur meinen Rücken, als ich
mich darüberbeugte.
Ich hörte, wie sich
hinter mir die Tür öffnete und Seafield sagte: »He, sieh
dir das mal an. Der Kerl will doch tatsächlich beten.« Ich hörte
Marcia Merom ins Zimmer schlurfen und brummend ihr Mißvergnügen
darüber kundtun, daß man sie eingesperrt hatte, während
sie doch so schön mit der Maus hätte spielen können.
Dann hörte ich, wie sie
aufhörte zu schlurfen, aufhörte zu brummen. Ich hörte sie
keuchen. Ich hörte sie sagen: »Nein, Lee! Nein!«
42
Mit einem Satz war ich bei
dem Kissen am anderen Ende der Couch. Ich tastete das Polster darunter auf
der Suche nach der Waffe ab, die Marcia Merom das letzte Mal, als ich bei
ihr in ihrem Apartment gewesen war, dort hingelegt hatte. Sie war nicht
da. Ich konnte sie nicht finden.
Aber ich konnte mich doch
nicht irren, oder? Ich hechtete nach dem Kissen am anderen Ende. Unter dem
konnte der Revolver nicht liegen. Ich erinnerte mich ganz klar. Aber dann
stießen meine Finger auf kaltes, hartes Metall.
Ich fingerte daran herum,
suchte den Griff. Fand ihn. Drückte auf den Abzug, während ich
gleichzeitig versuchte, den Revolver auf Seafield zu richten.
Der
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