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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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Frau ein Baby
     bekommen?« fragte sie.
    »Wenn ja, hat es nichts
     mit mir zu tun.«
    Von da an ging es mit unserer
     Beziehung abwärts. Am Ende war alles, was ich von ihr bekommen hatte,
     ein Zischen und ein vervielfältigtes Blatt, auf dem die Besuchszeiten
     für die verschiedenen Stationen aufgelistet waren. Die Loftus-Klinik
     selbst war nicht aufgeführt, aber ich fand einen Loftus-Pavillon.
    Ich hatte nicht nach der
     Richtung gefragt und hatte -nachdem die Empfangsschwester siegreich aus
     einer Auseinandersetzung mit einer fetten Frau und einem kleinen Jungen
     hervorgegangen war - auch keine Lust mehr, mir ein weiteres Zischen einzuhandeln.
     Also ging ich einfach auf die nächstgelegenen Türen zu, die so
     aussahen, als führten sie eher in das Gebäude hinein als heraus.
    Zwei Türen rechts und
     eine links später fand ich mich einem freundlichen Mann in einer Art
     Uniform gegenüber. »Sie gehen in die falsche Richtung, mein
     Sohn«, sagte er.
    Genau das hatte meine Mutter
     auch gesagt, als ich in den fünfziger Jahren an die Ostküste
     ging. Und beide hatten sie recht.
    *
    Nach ihrem Spender benannte
     Stationen der großen Krankenhäuser spiegeln für gewöhnlich
     eher dessen Brieftasche als dessen Persönlichkeit wider. Der Prunk
     des Loftus-Pavillons schien das Wenige, was ich über Jeffrey Loftus
     wußte, den großen, alten Mann, der die Gesellschaft gegründet
     hatte, zu bestätigen. Er entsprach ganz dem Bild eines britischen
     Adligen und war vor langer Zeit einmal nach Indianapolis gekommen, um hier
     sein Glück zu machen. Mittlerweile war er Ende Achtzig, aber immer
     noch gut in Form. Im Fernsehen wurde er nie anders als Sir Jeff genannt,
     und anders als aus dem Fernsehen kannte ich ihn nicht. In den letzten
     zwanzig Jahren hatte er zu denen gehört, die die Modernisierung von
     Indianapolis vorantrieben. Einer der Burschen, die mich heimatlos machten.
     Er war sehr großzügig, wenn es um Bauprojekte ging, die man
     grob gesagt als »Hilfe fürs Volk« bezeichnen konnte -
     welche steuerlichen oder sonstigen Vorteile sie auch für den Spender
     selbst mit sich bringen mochten.
    Nicht, daß Loftus etwas
     anderes gewesen wäre als eine relativ armselige Ausgabe von
     Carnegie; Loftus war nicht einmal der größte Pharmahersteller
     in der Stadt - diese Ehre gebührte ganz entschieden Eli Lilly &
     Company.
    Aber aus welchem Grund auch
     immer, der Loftus-Pavillon unterschied sich in puncto Stil jedenfalls
     deutlich von dem altmodischen, eher nüchternen Charakter des übrigen
     Entropist-Hospital. Natürlich war es ein Neubau, aber er fiel vor
     allem durch seine so zweckmäßige Anlage auf. Im Erdgeschoß
     kam man, ohne Umwege direkt in die Aufnahme und zu einer kleinen Nische,
     in der man, wenn nötig, ungestört warten konnte. Der Pavillon
     machte mit seinen dicken Teppichen vor allem einen sehr wohlhabenden
     Eindruck, so, als wäre die väterliche Hand von Sir Jeff mit ein
     paar Extramünzen aus der Tasche gekommen, damit die Architekten
     wirklich ganze Arbeit leisten konnten.
    Die Krankenschwester im
     Loftus-Pavilion war nicht dumm. Sie hatte scharfe Augen und erkannte in
     mir auf den ersten Blick den Feind. »Was wollen Sie?« fragte
     sie. 
    »Ich möchte
     wissen, wann ich John Austin Pighee besuchen kann, bitte.« Ich
     glaube, ich habe wirklich bitte gesagt.    
    »Mr. Pighee darf keine
     Besucher empfangen«, erwiderte sie, ohne zu zögern.   
    »Warum nicht?«
    Sie schien beleidigt darüber
     zu sein, daß man ihr eine andere als eine Wann- und Wo-Frage
     stellte. »Weil es eben so ist«, sagte sie. »Ansteckungsrisiko:
     Anordnung des Arztes.«
    »Könnte ich dann
     bitte einmal mit seinem Arzt sprechen?«
    »Was glauben Sie
     eigentlich, wer Sie sind?«
    »Ich repräsentiere
     ein Mitglied von Mr. Pighees Familie, das ihn besuchen möchte und
     sich nicht damit zufriedengibt, von irgend jemandem am Empfangstisch
     abgespeist zu werden. Das reicht einfach nicht. Wenn es einen echten Grund
     gibt, warum er keinen Besuch haben darf, schön. Aber wir wollen mehr
     darüber wissen, und zwar von dem Arzt, der für seinen Fall zuständig
     ist.«
    »Dr. Merom ist im
     Augenblick nicht im Haus.«
    »Nun gut, dann möchte
     ich eben mit jemandem sprechen, der da ist«, sagte ich.
    Sie drehte sich zu einem Mann
     in einem Büro um, das durch eine Wand und ein Fenster von dem
     Empfangstisch abgetrennt war. »Evan«, sagte sie.
    Der Mann stand auf, und ich
    

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