Der stumme Handlungsreisende
sah, daß er eine polizeiähnliche Uniform trug. Er war eindeutig
ein Sicherheitsmann.
»Also, hören Sie
doch…«, sagte ich.
Aber Evan kam, ohne zu zögern,
auf mich zu, bis er neben mir vor dem Empfangstisch stand. »Sie
wollen einen Mann besuchen, der nicht besucht werden darf«, begann
er. Offensichtlich hatte er unseren Wortwechsel von Anfang an verfolgt.
»Ich habe jedes Verständnis für Ihre Situation, glauben
Sie mir. Aber ich denke, wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde
ich die ganze Sache einfach fallenlassen, denn wenn Sie weiterhin
versuchen, diesen Mann zu sehen, kann niemand sagen, was geschehen wird.
Sie könnten ihn infizieren oder schuld daran sein, daß er einen Rückfall erleidet. Nun,
ich zeichne das schwärzest-mögliche Bild, wirklich das schwärzeste,
aber wenn Sie diesen Mann infizieren, könnte er möglicherweise
sogar sterben, nur weil Sie darauf bestanden haben, ihn zu sehen. Man könnte
Sie vor Gericht stellen wegen Totschlags oder sogar wegen Mordes.«
Evan hatte keine Waffe, aber
er hatte seine Zunge.
»Ich entnehme daraus,
daß Sie mich nicht zu John Austin Pighee lassen wollen und daß
Sie mich auch nicht mit dem diensthabenden Arzt sprechen lassen wollen.
Ist das korrekt?«
»Er darf keinen Besuch
empfangen«, sagte Evan nachdrücklich.
»Ich komme wieder«,
sagte ich. Und ging.
Aber ich ging nicht so weit,
wie sie es von mir erwarteten. Nur bis zu den Verwaltungsbüros des
Krankenhauses.
»Ja?« sagte der
Mann, der in dem Raum, an dem »Verwaltungschef« stand, am
Schreibtisch saß. »Kann ich etwas für Sie tun?«
»Der Verwaltungschef möchte
mich sprechen«, sage ich.
»Haben Sie eine
Verabredung?« Er spähte in einen offenen Terminkalender.
»Besser, er spricht
jetzt mit mir, als daß er wartet, bis mein Klient das Krankenhaus
verklagt.«
»Ei… einen
Augenblick«, sagte er und verschwand in einem weiteren Zimmer.
Es dauerte tatsächlich
nur einen Augenblick.
Der Verwaltungschef war eine
kleine, müde Frau mit sorgfältig frisierten, schon ein wenig spärlich
gewordenen weißen Haaren. Ihre Stimme
war fest in den Tiefen Indianas verwurzelt und ohne überflüssige
Schnörkel. »Ich höre, daß Sie mich dringend sprechen
wollen.«
Ich zeigte ihr meinen
Ausweis, der bewies, daß ich ordnungsgemäß als Detektiv
des Staates Indiana zugelassen war, und zwar gemäß der Indiana
Acts von 1961, Kapitel 163.
»So, so, ein
Privatdetektiv«, sagte sie nüchtern. Die Frau hatte also schon
früher mit solchen wie mir zu tun gehabt. »Und in welcher
Angelegenheit wollen Sie mich sprechen?«
»Ich habe eine
Klientin, die ihren Bruder besuchen möchte und das nicht darf. Die Gründe,
die man ihr dafür nennt, genügen ihr nicht.«
»Hmm«, sagte sie.
»Ein Patient von uns?«
Ich nickte.
»Und der Name des
Patienten?«
Ich nannte ihn ihr.
»Und wo liegt er?
Welche Station?«
»Meine Klientin sagt,
er liege in der ›Loftus-Klinik‹, aber ich habe nur etwas
finden können, was ›Loftus-Pavillon‹ heißt.«
»Aaah«, sagte die
Verwaltungschefin und entspannte sich.
»Und was genau soll
dieses ›Aaah‹ heißen?«
»Nun, die Loftus-Klinik
ist ein Teil des Loftus-Pavillons. Sie ist eine Versuchsstation, und ein
Patient von dort kann durchaus unter anderen Auflagen stehen als die
Patienten im übrigen Teil des Pavillons.«
»Versuchsstation?«
fragte ich.
Sie gab mir keine Antwort.
»Die Verwaltung der Loftus-Klinik ist nicht meine Sache.«
»Ich dachte, Sie wären
die oberste Verwaltungschefin des Krankenhauses.«
»Die bin ich auch«,
sagte sie.
Ich wartete einen Augenblick
auf eine Erklärung, aber es kam keine. »In der Klage, die meine
Klientin erhebt, wird Ihr Name stehen«, sagte ich.
»Wenn Sie irgend etwas
unternehmen, das mich involviert, werden Sie damit ins Leere laufen. Im
Gegenzug für die Errichtung eines zweiundfünfzig Betten
umfassenden Anbaus, genannt Loftus-Pavillon, behält Loftus
Pharmazeutika die Kontrolle und die legale Verfügungsgewalt über
eine zehn Betten umfassende Forschungseinheit, genannt Loftus-Klinik. Das
Erdgeschoß des neuen Flügels umfaßt die Klinik sowie
technische Einrichtungen und die Aufnahme. Die oberen Stockwerke, genannt
Loftus-Pavillon, stehen unter meiner Aufsicht, aber wenn der Verwandte
Ihrer Klientin in der Loftus-Klinik liegt, müßten Sie sich an
die Gesellschaft
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