Der stumme Handlungsreisende
war der Freitag, obwohl seine Spätauftritte
im Labor insgesamt gleichmäßiger als die der anderen über
die ganze Woche verteilt waren.
Auch Henry Rushs Name tauchte
auf, aber nur siebenmal im Laufe des Jahres.
Aufgeregt verdaute ich diese
Informationen. Nicht, weil ich wußte, was das Muster zu bedeuten
hatte, sondern weil es bedeutete, daß es ein Muster gab. Etwas, was
nach einem regelmäßigen Zeitplan ablief.
»Du lächelst ja,
Daddy.«
»Du bist sehr
aufmerksam«, sagte ich.
»Du freust dich, nicht
wahr? Habe ich gute Arbeit geleistet?«
»Sehr gute«,
sagte ich. »Du wirst einmal eine hervorragende Detektivin abgeben.
Nur gut, daß ich nicht heute meine Lizenz verloren habe.«
»Wie meinst du das?«
»Ich bin in ein
Apartment eingebrochen und habe mich dabei erwischen lassen. Wegen solcher
Dinge verlieren Detektive für gewöhnlich ihre Lizenz.«
Ich holte meine Notizen und
erzählte ihr, was ich Marcia Merom über die Gang und ihre Geschäfte
gesagt hatte.
»Aber du weißt
doch gar nichts über ihre Geschäfte«, sagte sie.
»Aber sie wissen etwas.
Das Problem ist also, sie dazu zu bringen, mir etwas davon zu erzählen,
statt es direkt herauszufinden. Verstehst du, was ich meine?«
»Mehr oder weniger.«
»Manchmal zahlt es sich
aus, die Leute glauben zu machen, man wüßte etwas, was man gar
nicht weiß. Es ändert das Bild, das sie von dir haben. Es
ändert ihr Verhalten dir gegenüber, und diese Veränderungen
hängen davon ab, was du ihrer Meinung nach weißt. Wenn man dann
genau beobachtet, inwiefern sich ihr Verhalten gegenüber früher
verändert hat - als sie noch dachten, du wüßtest nichts -,
dann erfährt man eine ganze Menge.«
»Okay.«
»Ich habe also Marcia
Merom erzählt, daß ich wüßte, sie und die anderen
Leute bei Loftus wären in irgendwelche Geschäfte verstrickt. Und
ich habe ihr gedroht, zur Polizei zu gehen. Statt mich zu behandeln, als
sei ich total übergeschnappt, nahm sie mich ernst. Jetzt weiß
ich also etwas.«
»Wirst du zur Polizei
gehen?«
»Wozu? Um zu gestehen,
daß ich in ihr Apartment eingebrochen bin?«
*
Später kam Ray, um Sam
abzuholen. Damit ich nicht von Einsamkeit übermannt wurde, machte ich
mich auf den Weg zu einem Besuch bei Linn Pighee.
Ich stellte fest, daß
man sie in den Flügel des Loftus-Pavillons gelegt hatte. Aber nach
oben, in den Krankenhausteil. Nicht in die Klinik.
»Es hat etwas mit der
Versicherung zu tun«, sagte sie mit dem zerbrechlichen Echo einer
Stimme. »Weil John ein Loftus-Angestellter ist.«
»Wie geht es Ihnen?«
»Wie sehe ich aus?«
»Fabelhaft«,
sagte ich. Schauderhaft, dachte ich.
»Nun, ich fühle
mich so gut, wie ich aussehe.«
»Essen Sie wenigstens
gut?« fragte ich.
»Zur Abwechslung mal.«
»Sam ist sehr unglücklich
darüber, daß Sie bei uns nichts gegessen haben. Sie macht sich
Vorwürfe, daß sie Ihnen das hat durchgehen lassen.«
»Das hat sie mir
gesagt. Sie sollte sich keine Gedanken machen deswegen. Ich war einfach
nicht hungrig. Es ist schwer für mich zu essen, wenn ich keinen
Hunger habe. Mir wird übel davon.«
»Sie sind wirklich
schlimm dran«, sagte ich. »Übelkeit, wenn Sie essen, und
Übelkeit, wenn Sie nicht essen.«
Sie nickte schweigend.
»Wann kommen Sie wieder
raus?« fragte ich. »Hat man Ihnen das schon gesagt?«
»Es heißt, sie müßten
noch einige Untersuchungen machen.«
»Ich hoffe, es geht
alles gut«, sagte ich. Aber es ging an ihr vorbei. Ihre Augen
flackerten.
»Ich werde jetzt
einschlafen«, sagte sie.
Ich saß da und sah ihr
dabei zu.
27
Als ich nach Hause kam, waren
Sam und Ray noch nicht wieder zurück.
Ich verwandte fünf
Minuten darauf, eine Liste von Dingen zu erstellen, die ich wissen wollte.
Dann wartete ich, bis meine Zugehfrau ihre wöchentliche Dosis Spiel
und Spaß mit meiner Wohnung gehabt hatte.
Gegen Viertel nach elf kamen
die beiden dann hereinspaziert.
»He, komischer Mann,
wie geht’s?«
»Hallo, Daddy. Wir
hatten einen Mordsspaß.«
»Ihr kleines Mädchen
ist eine spitzenmäßige Athletin.«
»Wir haben Großmutter
besucht«, sagte Sam, »und dann haben wir noch Minigolf
gespielt.«
»Sie hat den Ball beim
ersten Schlag eingelocht, und das, obwohl sie noch nie gespielt hat«,
sagte Ray.
»Ich habe noch nie
zuvor einen Golfschläger in der Hand gehabt, Daddy!« Sam
Weitere Kostenlose Bücher