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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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jetzt hinsetzen.«
    Ich ging auf einen Stuhl zu.
    »Nein! Auf die Türschwelle!«
    Ich verstand sie nicht,
     setzte mich aber mit dem Rücken gegen ihre Vordertür auf den Fußboden.
     Und begann, über meine Geschichte nachzudenken. Aber sie lächelte
     plötzlich. »Sie wissen, daß ich Sie jetzt töten könnte,
     wenn ich wollte?«
    Ich war überrascht,
     schockiert. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.
    »In mein Apartment
     eingebrochen«, sagte sie. »Ein großer, starker Mann
     gegen eine arme, schutzlose Frau.«
    »Warum um alles in der
     Welt sollten Sie mich erschießen wollen?« sagte ich.
    »Ich habe nicht gesagt,
     daß ich das will«, sagte Marcia Merom pedantisch. »Ich
     sagte, ich könnte es tun, wenn ich es wollte. Sie sind mir auf Gedeih
     und Verderb ausgeliefert.« Ein diebisches Vergnügen spiegelte
     sich in ihren Augen, verblaßte dann wieder.
    Ich folgte dem Impuls, einen
     Gegenangriff zu starten. »Ist es das, was Sie mit Lee vorhatten,
     wenn er es gewesen wäre und nicht ich?«
    Aber sie schien mir nicht
     zuzuhören. »Gibt es irgendeinen Grund, warum ich nicht die
     Polizei rufen und Sie verhaften lassen sollte?«
    »Jawohl«, sagte
     ich.
    »Und der wäre?«
     fragte sie neugierig und senkte den Revolver.
    »Wollen Sie so tun, als
     wüßten Sie das nicht genauso gut wie ich?« Ein
     Gegengegenangriff.
    Plötzlich erinnerte sie
     sich an mich. Die Szene in der Loftus-Klinik. Mit und wegen John Pighee.
     Sie ging nicht zum Telefon.
    Ich täuschte
     Sorglosigkeit vor. »Sie haben das Telefon fünfundzwanzigmal
     klingeln hören. Sie haben die Klingel von unten gehört. Die
     Klingel hier oben. Warum haben Sie nicht reagiert?« 
    »Warum sollte ich?«
    »Ich bin nur
     hergekommen, um mit Ihnen zu reden. Das Klingeln zeigte, daß ich
     diesen Wunsch hatte.«
    »Und das, was ich getan
     habe«, sagte sie nachdrücklich, »zeigt, daß ich
     nicht mit Ihnen reden wollte. Noch mit sonst jemand. Warum sind Sie nicht
     einfach weggegangen und haben es ein andermal wieder versucht?«
    »Nun, ich wohne auf der
     anderen Seite der Stadt. Ich war gerade in der Gegend und dachte, ich könnte
     Ihnen eine Nachricht hinterlassen.«
    »Eine Nachricht?«
     Sie schien nicht übermäßig schnell von Begriff zu sein. 
    »Ja«, sagte ich.
     »Also sagte ich zu mir, eine vielbeschäftigte Wissenschaftlerin
     wie Dr. Merom hat vielleicht keine Zeit, in ihrem Briefkasten nachzusehen.
     Also wäre es besser, meine Nachricht irgendwo hinzulegen, wo sie sie
     nicht übersehen kann. Deshalb wollte ich Ihnen einen Zettel auf den Küchentisch
     legen, damit Sie ihn auch ganz bestimmt finden würden, wenn Sie
     morgens Ihre Matschi-Pops essen.«       
    Sie hielt inne, um
     nachzudenken. Und sagte dann: »Ich kann solche Witzchen überhaupt
     nicht komisch finden.«
    Wenigstens reagierte sie nun
     auf das, was ich sagte. Statt umgekehrt. »Sie hatten den Revolver in
     der Hand, weil Sie dachten, ich sei Lee. Was ist los, verstehen Sie sich
     nicht mit ihm?«
    »So könnte man es
     ausdrücken.«
    »Sie rechnen damit, daß
     er mit Gewalt hier eindringt?«
    »Wenn er sich etwas in
     den Kopf setzt - irgend etwas -ist es sehr schwer, ihn dazu zu bewegen, zu…«
     Sie verstummte. Dann fuhr sie fort: »Ich möchte nicht über
     Lee reden.«
    »Muß eine
     ziemliche Belastung für Ihre Geschäftsbeziehungen sein, wenn Sie
     solche Probleme miteinander haben«, sagte ich. »Mitglieder
     einer Gang sollten sich gut verstehen. Sie sollten Zusammenarbeiten wie
     eine gut geölte Maschine.«
    »Was wissen Sie denn
     schon vom Geschäft?« fragte sie.
    Ich versuchte mich an einem
     unergründlichen Gesichtsausdruck. »Ist es nicht schon genug, daß
     ich weiß, daß es ein Geschäft gibt? Und eine Gang?«
    »Eine Gang?«
     sagte sie. So, als wäre es ein merkwürdiges Wort für das,
     was vorging, was immer es auch sein mochte.
    »Die Belastung wegen
     der Pighee-Sache macht den Leuten langsam zu schaffen? Für Sie muß
     es am schwersten sein.« Ich hielt inne, aber sie sagte nichts.
     »Wenn man Ihre Beziehung zu Pighee in Betracht zieht.« Keine
     Reaktion. »Wußten Sie, daß er Ihnen eine ganze Menge
     Geld hinterlassen hat? Für den Fall, daß er stirbt, meine ich.
     Vielleicht hätte ich Ihnen nichts davon sagen sollen, wo es Ihnen
     doch so viel Spaß macht, Leute umzubringen. Sie könnten einfach
     seinen Stecker rausziehen, um an das Geld zu kommen.«
    »Nein… so etwas
     würde ich für Geld nicht tun…

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