Der stumme Ruf der Nacht
war nicht einmal pünktlich. Das mit dem Abholen war sowieso nicht ihre, sondern seine Idee gewesen. Sie öffnete ihre Bluse noch einen Knopf mehr, nur um ihn zu ärgern.
»Da kommt er«, sagte Jasmin.
Durchs Fenster sah Courtney, wie Wills klobiger Wagen sich näherte. Schon der Anblick dieser Kiste zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht. Doch als sie durch die Glastür des Studios ging, ließ sie sich nichts davon anmerken. Will kam ihr auf halbem Weg entgegen und begrüßte sie mit einem tadelnden Blick, der besagte, dass sie besser drinnen auf ihn gewartet hätte.
Als er für sie die laut quietschende Beifahrertür aufriss, fragte sie: »Wie alt ist diese Karre eigentlich?«
»Achtzehn Jahre.«
»Mein Gott, und noch an einem Stück.« Sie sah sich im Innenraum um. Insgeheim fand sie die Rostflecken auf dem Boden des Fußraums sogar charmant.
»Aber dafür ist er doch wirklich rüstig!«
Sie lächelte ihn an. »Nur mit der Uhr kommt er wohl nicht mehr so ganz mit?«
Die Tür protestierte mit empörtem Quietschen gegen das Zuschlagen. Sie musterte ihn, als er ums Auto herumging. Heute trug er dunkle Cargo-Pants, ein schwarzes T-Shirt und Stiefel. Courtney konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie mit einem Überfallkommando verabredet war.
»Wo fahren wir denn hin?«, erkundigte sie sich, als er den Motor anließ.
»Wie kommst du darauf, dass wir irgendwohin fahren?«
»Du bist heute nicht in deinem Detective-Outfit. Wo hast du denn deine Pistole versteckt?«
»Da kommst du nie drauf.« Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, und Courtney war davon seltsam gerührt. Er neckte sie. Dafür hätte sie ihn am liebsten geküsst.
»Also, wohin geht’s?«
»Zu einem Baseball-Spiel.«
»Ein Baseball-Spiel?«
Er räusperte sich. »Ich habe Karten für das Spiel von Round Rock Express. Das ist ein gutes Team, Triple A -«
»Das Team kenne ich. Du lädst mich also zu einem Spiel ein? Ist das sozusagen ein Date?« Sie konnte sich das Lächeln nicht verkneifen, vor allem als sie bemerkte, dass ihm das Wort »Date« sichtlich unbehaglich war.
»Ich hatte das Gefühl, du möchtest nicht dauernd bei deiner Schwester hocken und vielleicht mal ausgehen.« Er zuckte die Achseln. »Mir täte es jedenfalls ganz gut.«
Nun strahlte sie über das ganze Gesicht. Ein Baseball-Spiel. Das erste Mal seit Wochen hätte sie wieder etwas Spaß am Abend. Und das erste Mal seit Monaten hätte der Spaß auch etwas mit einem Mann zu tun.
Sie besah ihn sich erneut von Kopf bis Fuß. Das gerippte T-Shirt brachte seinen sportlichen Körper perfekt zur Geltung. Sie wusste, dass er ihren Blick bemerkte, obwohl seine Augen auf die Straße gerichtet waren.
»Mir gefällt dein Look«, lobte sie. »Das steht dir viel besser als diese Business-Klamotten. Wär’s möglich, dass wir kurz bei mir vorbeifahren und ich mir eine Jeans anziehe?«
Er warf ihr einen Blick zu. »Du hast doch eine an.«
»Das ist doch eine Modejeans.«
»Modejeans?« Jetzt sah er aus, als fürchtete er sich davor.
»Die ist viel zu eng und unbequem und außerdem ganz schön teuer. Und die Satin-Bluse, die ich anhabe, ist auch nicht ideal für ein Baseball-Spiel.«
»Das Spiel beginnt in zwanzig Minuten. Das erste Inning verpassen wir sowieso schon.«
Courtney seufzte und sah auf die Straße. Es würde natürlich auch so gehen. Und auf alle Fälle würde sie einmal rauskommen. Sie lehnte den Kopf gegen die Kopfstütze und machte es sich auf den billigen Sitzbezügen bequem. Dabei merkte sie, wie sich die Verspannung zwischen ihren Schultern langsam löste. Sie war auf dem Weg zu einem Baseball-Spiel. Sie hatte ein Date.
Und was das Überraschendste daran war: Ihr Date war ein Cop.
Kapitel 11
Im Stadion duftete es nach Süßem und Hotdogs. Überall wimmelte es von Familien und Pärchen, aber Will sah keine andere Frau, die ähnlich chic gekleidet war wie Courtney.
»Möchtest du was trinken?« Will legte ihr die Hand auf den Rücken und lotste sie an Essensbuden, Getränkeautomaten und unzähligen Bierständen vorbei durch die Menge.
»Lass uns lieber erst Plätze besetzen. Wo sitzen wir denn? Auf der Gegentribüne?«
»Nein, nein, direkt hinter der Home Plate.«
Ihr blieb der Mund offen stehen. »Hinter dem Ausgangspunkt, von dem die Spieler weglaufen? Das ist nicht dein Ernst?«
»Ein Arbeitskollege hat mich da untergebracht.«
»Das ist ja Wahnsinn!« Sie packte seinen Arm. »Von da aus sehen wir ja praktisch alles.«
Er lächelte,
Weitere Kostenlose Bücher