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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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räusperte sich. »Einige hier im Saal habe ich ja gestern Abend in Weißensee schon gesehen. Dolle Sache: ein Leichenfund zur Begrüßung - naja, darauf kommen wir gleich noch zu sprechen. Ich werde mich so schnell wie möglich auch in die übrigen laufenden Mordfälle einarbeiten. Oberkommissar Böhm, tun Sie einfach so, als sei ich gar nicht da.«
    »Gar nicht so einfach, Herr Kriminalrat.«
    Der wirklich nicht zu übersehende Buddha schien die freundlichen Lacher, die Böhms Worte zur Folge hatten, ebensowenig übel zu nehmen wie die Worte selbst. Mit unbewegtem Gesicht hörte er zu, wie der Oberkommissar den Wunsch seines Chefs denn auch komplett ignorierte und Gennat zuliebe noch einmal alles zusammenfasste, was sich in der vergangenen Woche angesammelt hatte, die Fälle Winter und Franck, bis hin zu Krempins spektakulärem Tod. Dabei wurde klar, dass Böhm den Sturz auch wegen der Außenwirkung als Suizid behandelte: Bei Selbstmorden hielt sich die Presse zurück. Wenigstens solange sie nicht wusste, wer da zu Tode gekommen war. Interessant jedenfalls, dass auch der Oberkommissar Fremdeinwirkung durchaus für denkbar hielt. Böhm präsentierte ihnen das Werk des Polizeizeichners. Ein finster dreinblickendes Gesicht.
    »Dieser Mann wurde am Funkturm gesehen«, erläuterte die Bulldogge, »er war einer der Ersten bei der Leiche, neben diesem Journalisten ... « Böhm schaute in sein Notizbuch. » ... Berthold Weinert. Und das Seltsame ist, dass mehrere Zeugen ihn danach auf den Funkturm haben fahren sehen. Ein seltsames Verhalten jedenfalls, vielleicht gibt es dafür auch eine ganz einfache Erklärung. Leider haben wir den Mann bislang nicht identifizieren können. Dieser Weinert kannte ihn auch nicht.«
    »Der sieht ja aus wie Kommissar Rath«, sagte jemand und alles lachte. Einige drehten sich zu Rath um, und der versuchte mitzulachen.
    »Ich finde das nicht so komisch!« Lange hatte sich gemeldet. Der Neue sprach mit lauter, fester Stimme, und alle hörten zu. »Entschuldigen Sie, wenn ich dazu etwas sagen muss«, meinte der Kriminalassistent, »aber ich finde es nicht komisch, sondern eher traurig, wenn alle Porträts, die dieser Zeichner anfertigt, irgendeinem Kollegen ähneln! Im Fall Franck haben wir den Mann auch bemüht, um den Steckbrief eines Unbekannten anzufertigen - und herausgekommen ist ein Bild, das sich meine Mutter in ihre gute Stube hängen könnte, so ähnlich sieht es ihrem Sohn. Mit Verlaub, ich glaube, der Nutzwert dieser Zeichnungen hält sich in Grenzen. Wir sollten den Mann als Gerichtszeichner arbeiten lassen und nicht weiter zurate ziehen. Die Alternative wäre, dass Sie den Kollegen Rath und mich verhaften als dringend tatverdächtig in den beiden Mordfällen. «
    »Hm«, machte Gennat. »Vielleicht haben Sie in diesem Fall ja recht, aber dann liegt es am Zeichner und nicht an der Methode. Grundsätzlich glaube ich, dass ein gezeichneter Steckbrief mehr Resonanz bringt als eine einfache Personenbeschreibung. Aber im vorliegenden Fall ist der Streit auch müßig. Wenn wir die Sache vorerst klein halten wollen, können wir keinen Steckbrief veröffentlichen, weder einen gezeichneten noch einen beschreibenden. Fahren Sie doch bitte fort, Böhm.«
    »Wenn der Kollege Lange ohnehin schon das Wort ergriffen hat«, meinte Böhm, »dann kann er auch gleich vortragen, was er zusammen mit dem Kollegen Rath über Jeanette Fastré herausgefunden hat, als die Dame noch ein Vermisstenfall war.« Rath und Lange standen auf. Der Kriminalassistent wusste, was sich gehörte und ließ dem Kommissar den Vortritt. Rath schilderte kurz, was sie - inklusive Hund - in der Wohnung gefunden hatten und referierte das magere Ergebnis der Telefonate am Samstagnachmittag. »Sie hatte wenig bis gar keine Freunde in der Stadt«, schloss er. »Derjenige, der sie zuletzt lebend gesehen hat, scheint ihr Hauswart zu sein, ein Zeitgenosse, der sich ansonsten nicht allzu viel um seine Umwelt kümmert. Das war am Dienstagabend. Und gestern haben wir sie tot im Kosmos, einem leerstehenden Kino in Lichtenberg, gefunden, im Rahmen einer Fahndungsaktion, die ich ... «
    Böhm unterbrach ihn. »Das tut jetzt nichts zur Sache, Herr Kollege«, sagte er. »Vielen Dank für Ihre Ausführungen.« Rath nickte kurz und setzte sich.
    »Kommen wir nun zu diesem Leichenfund«, fuhr Böhm fort. »Alles scheint darauf hinzudeuten, dass wir es mit demselben Täter zu tun haben wie bei Vivian Franck. Oder aber der erste Mord hat dank der

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