Der stumme Tod
ist?«
»Keine Vorverurteilung bitte. Wir suchen einen wichtigen Zeugen. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Der Tod von Betty Winter war kein Unfall, soviel steht fest. Alles Weitere wäre reine Spekulation. Und die überlasse ich lieber Ihnen.«
»Fakten wären mir lieber.«
»Da gibt's zur Zeit leider keine weiteren.«
»Hat Bettys Tod etwas mit dem Drehbuch zu tun?« Fink zeigte auf das Skript. »Liebesgewitter. So heißt doch ihr letzter Film, oder? Liegt da der Schlüssel für den Mord?«
»Reine Routine.« Eine andere Floskel fiel ihm gerade nicht ein. Fink schaute Rath einen Moment zu lang und eine Idee zu scharf in die Augen, dann zuckte er die Achseln und stand auf. »Sie haben meine Karte«, sagte er. »Wenn Sie mehr wissen, rufen Sie mich an. Es soll Ihr Schaden nicht sein.«
Rath nickte. Diesen Satz hörte er in jüngster Zeit verdächtig oft.
Und immer hatte er das Gefühl, dass die Dinge sich gerade dann durchaus zu seinem Schaden entwickeln könnten.
Er steckte die Karte ein, obwohl er jetzt schon wusste, dass er Stefan Fink nicht anrufen würde.
Die Uhr in der dunklen, verräucherten Gaststube zeigte kurz vor eins. Rath steckte sich eine Zigarette an und bestellte einen Kaffee. Nun brauchte er nur noch eine Schreibmaschine.
Bei Aschinger war es ihm zu laut, deshalb kramte er ein paar Groschen zusammen, als er seinen Kaffee ausgetrunken hatte, und suchte einen öffentlichen Fernsprecher. Am Dönhoffplatz, gleich neben Tietz, fand er einen. Die Nummer kannte er auswendig. Das Fräulein vom Amt stellte die Verbindung her, und es dauerte nicht lange, bis jemand abnahm.
»Behnke«, meldete sich eine Frauenstimme.
»Herrn Weinert bitte«, sagte Rath, ohne seinen Namen zu nennen.
»Wer ist da bitte?«
»Ein Freund von Herrn Weinert.«
Es klackte, als der Hörer auf den Tisch gelegt wurde. Rath konnte das Telefontischchen förmlich vor sich sehen. Er frage sich, ob Elisabeth Behnke seine Stimme erkannt hatte. Auch egal. Hauptsache, sie holte Weinert an den Apparat.
Der Journalist meldete sich mit einem vorsichtigen »Ja?« »Gereon hier.«
»Ach, du tust so geheimnisvoll. Hätt ich mir ja denken können.
Die Behnke platzt vor Neugier. Ich habe ihr irgendwas von anonymen Informanten erzählt.«
»Stimmt ja auch. Manchmal wenigstens.«
»Hast du denn was? Ich könnte einen Reißer gebrauchen, am liebsten einen exklusiven. Die Miete ist schon wieder fällig.«
»Mal sehen, was sich machen lässt.«
»Bist du nicht an dieser Winter-Geschichte dran? Das wär doch was.«
»Interessiert dich das?«
»Mich interessiert alles, worüber die Leute reden.«
»Viel habe ich da nicht. Eigentlich rufe ich auch wegen etwas anderem an.«
»Möchtest du wieder hier einziehen?« »Nit för Kooche.«
»Wie?«
»Das war Kölsch.« Bevor Rath weitersprechen konnte, ließ ihn ein hartes, heftiges KLACK KLACK direkt an seinem Ohr zusammenzucken, und er drehte den Kopf. Jemand pochte an die Scheibe, kein Böhm, kein Brenner, eine Frau. Eine grimmig dreinblickende Furie, die, wenn überhaupt jemals, vielleicht zu Kaisers Zeiten einmal jung und schön gewesen sein mochte, schlug mit dem Knauf ihres Regenschirms an die Glasscheibe der Telefonzelle und zeigte auf das Schild über dem Apparat, das unmissverständlich mahnte: Fasse Dich kurz, nimm Rücksicht auf Wartende.
Rath nickte dem Drachen zu und machte eine beschwichtigende Handbewegung.
»Gereon?«
»Lass es mich kurz machen: Ich brauche deine Schreibmaschine.«
»Machst du Witze? Was willst du denn noch alles von mir? Die Schreibmaschine ist mein Arbeitsgerät, ohne verhungere ich!« »Ich will sie ja nicht kaufen. Nur für einen Tag.«
»Wann?«
»Heute.«
»Habt ihr am Alex keine Schreibmaschinen mehr? Oder hast du Hausverbot im Präsidium?«
»So was Ähnliches.«
Weinert überlegte einen Moment. »Ich mache dir einen Vorschlag«, sagte er schließlich. »Tausche Schreibmaschine gegen Auto.«
Rath musste nicht lang nachdenken, auf den Buick konnte er für den Rest des Tages verzichten. Er hatte zwar noch zum Westhafen rausfahren und sich dort die Fordproduktion einmal anschauen wollen, aber das konnte warten, solange sie ihm nicht einmal die Namensliste aus Köln geschickt hatten. Draußen klopfte die Frau wieder gegen die Scheibe. »Gut«, sagte er, »aber morgen früh brauche ich es wieder.«
»Wunderbar! Dann habe ich wenigstens ein Pfand für die Schreibmaschine! «
»Ich hol dich am Wittenbergplatz ab.«
»Und die Schreibmaschine
Weitere Kostenlose Bücher