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Der Stundenzaehler

Der Stundenzaehler

Titel: Der Stundenzaehler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitch Albom
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Uhr und murmelte »los, los«. Es war ihm zuwider, an diese Maschine gebunden zu sein, die sein Blut reinigen sollte. Was war das für ein Zustand für einen Mann wie ihn?
    Er nahm das alles in Kauf – so lange, bis er nicht mehr länger dazu bereit war. Ein Mann wie Victor war erfolgsorientiert, und nach einem Jahr zog er die Bilanz:
    Er konnte nicht gewinnen.
    Nicht mit den üblichen Methoden. Das hatten schon zu viele Leute probiert. Auf ein Wunder zu warten wiederum war ineffektiv.
    Und Ineffektivität duldete Victor nicht.
    Deshalb beschäftigte er sich nicht mehr mit der Krankheit, sondern konzentrierte sich stattdessen auf die Zeit – die verrinnende Zeit –, die das eigentliche Thema war.
    Wie andere mächtige Männer konnte auch Victor sich die Welt ohne seine Person nicht vorstellen. Er fühlte sich verpflichtet , am Leben zu bleiben. Die Krebserkrankung stellte ein Hindernis dar. Die wahre Hürde aber war die menschliche Sterblichkeit.
    Wie konnte er die bezwingen?
    Schließlich fand Victor einen Ansatzpunkt durch Infomaterial über Kryonik, das ihm ein Mitarbeiter seines Unternehmens an der Westküste zum Stichwort »Unsterblichkeit« per Fax zuschickte.
    Kryonik.
    Die Konservierung von Menschen zum Zweck der späteren Wiederbelebung.
    Man konnte sich einfrieren lassen.
    Victor las das Material und atmete zum ersten Mal seit Monaten zufrieden aus.
    Er konnte dem Tod nicht entkommen.
    Aber er konnte ihn überdauern.

23
    Der Stimmenteich war durch Dors Tränen entstanden …
    â€¦ doch sie waren nur der Anfang. Als die Menschen den Verlust von Zeit zu bemerken begannen, wurde er zum ständigen Quell des Kummers. Man klagte über versäumte Chancen und erfolglose Tage und ängstigte sich um seine Lebensdauer, da man verstand, dass die Zeit bemessen war.
    Bald wurde Zeit überall auf der Welt das höchste Gut. Und das Verlangen nach mehr wurde zu einem nicht enden wollenden Stimmenchor in Dors Höhle.
    Mehr Zeit . Eine Tochter am Bett der schwerkranken Mutter. Ein Reiter, der vor Einbruch der Nacht sein Ziel erreichen will. Ein Bauer, der um die verspätete Ernte ringt. Ein Student über Bergen von Büchern.
    Mehr Zeit . Ein verkaterter Mann, der morgens auf seinen Wecker schlägt. Ein erschöpfter Arbeiter mit einer Flut von Aufträgen. Ein Automechaniker unter der Motorhaube, bedrängt von ungeduldigen Kunden.
    Mehr Zeit . Dieser Wunsch war die Geißel von Dors Dasein, das Einzige, was er dort, in seiner einsamen Höhle, zu hören bekam. Millionen von Stimmen, die ihn umschwirrten wie Stechmücken. Obwohl er zu einer Zeit gelebt hatte, als es nur eine Sprache gab, war ihm nun die Gabe verliehen, alle Sprachen zu verstehen. Und aus ihrer Vielfalt schloss er, dass die Erde inzwischen stark bevölkert war und die Menschheit nicht mehr nur jagte oder Behausungen baute; sie schuftete, reiste und bekriegte sich, sie haderte und verzweifelte.
    Und niemand hatte genug Zeit. Jeder flehte zum Himmel, dass ihm die Stunden verlängert würden. Die Menschheit war unersättlich. Die Bitten nahmen kein Ende.
    Und irgendwann begann Dor das zu verfluchen, was ihn einst so fasziniert hatte.
    Er verstand den Zweck dieser Folter nicht, und er verwünschte den Tag, an dem er seine Finger gezählt hatte. Verfluchte seine Schalen und Sonnenstäbe, verfluchte all die Augenblicke, die er getrennt von Alli verbracht hatte, anstatt ihrer Stimme zu lauschen und sich an sie zu schmiegen.
    Doch am meisten verfluchte er, dass andere Menschen ihrem Schicksal begegnen und sterben würden, während er offenbar für immer und ewig zum Leben verdammt war.

Dazwischen

24
    Als Sarah Ethan am nächsten Morgen wiedersah, gab sie sich entspannt.
    Sie bemühte sich jedenfalls, locker zu wirken. Ethan – in Sweatshirt mit Kapuze, Ripped Jeans und Nike-Sneakers – stellte Kartons mit Nudeln und Apfelsaft auf den Tresen.
    Â»Alles klar, Lemonade?«
    Â»Na, sicher«, antwortete sie und verteilte den Haferbrei in Schüsseln.
    Als Ethan die Kartons aufriss, beäugte sie ihn verstohlen, um einen Hinweis für seine Absage zu entdecken. Sie hoffte, dass er von sich aus darauf zu sprechen kommen würde – sie würde es gewiss nicht tun –, aber er packte so gelassen wie immer die Kartons aus und pfiff dabei einen Rocksong vor sich hin.
    Â»Den Song mag ich auch«, sagte Sarah.
    Er nickte und pfiff

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