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Der Stundenzaehler

Der Stundenzaehler

Titel: Der Stundenzaehler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitch Albom
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war kurz vor Weihnachten, und sie hatte plötzlich den Impuls, ein Geschenk für Ethan zu kaufen. Er hatte erwähnt, dass die Schauspieler in Men in Black diese besonders coolen Spezialuhren trugen. Vielleicht konnte sie so eine für ihn auftreiben. Das würde ihm sicher gefallen. Auf so eine Idee kam bestimmt niemand außer ihr.
    Sarah redete sich ein, dass sie nur nett sein wollte. So etwas gehörte schließlich zu Weihnachten. Aber insgeheim gab es eine simple Gleichung in ihrem Herzen:
    Sie würde dem Jungen, in den sie verliebt war, ein Geschenk machen.
    Und er würde sie dafür lieben.

36
    Ist es vorstellbar, unbegrenzt Zeit zu haben, um etwas zu lernen?
    Ein Auto in der Bewegung erstarren zu lassen, um es stundenlang zu erforschen? Durch ein Museum zu streifen und jedes Kunstwerk zu berühren, ohne dass die Aufseher etwas davon mitbekamen?
    So erkundete Dor unsere Welt. Mit dem Stundenglas verlangsamte er die Zeit, wie es ihm gefiel. Er konnte sie zwar nicht komplett anhalten – ein Zug bewegte sich circa fünf Zentimeter vorwärts in den Stunden, die Dor mit seinen Studien zubrachte. Doch wenn er Menschen erstarren ließ, konnte er sie in Ruhe und eingehend betrachten. Er ging um sie herum, berührte ihre Mäntel oder Schuhe, setzte ihre Brillen auf, strich über die glattrasierten Gesichter der Männer, die ihm fremd waren, weil man zu seiner Zeit lange Bärte trug. Die Menschen nahmen ihn nicht wahr, sondern hatten später nur ein etwas verwirrtes Gefühl.
    So zog Dor durch Spanien, erlebte ganze Tage in einem Augenblick, erkundete Straßen, Cafés, Geschäfte. Er entdeckte Kleidungsstücke, die ihm passten und die sich einfach überstreifen ließen, denn mit Knöpfen oder Reißverschlüssen konnte er nicht umgehen.
    Eines Tages trat er in ein flaches Ziegelhaus. PELUQUERÍA stand auf einem Schild. Ein Friseursalon. Als Dor in einen Spiegel blickte, schrie er entsetzt auf.
    Dann wurde ihm bewusst, dass er sich selbst sah.
    Was vor sechstausend Jahren zum letzten Mal geschehen war.
    Er trat näher zum Spiegel, neben einen Geschäftsmann auf einem Drehstuhl und eine Friseurin, die gerade in eine Schublade griff. Dor betrachtete das Spiegelbild des Mannes – blauer Anzug, braune Krawatte, kurze dunkle Haare, nass vom Waschen – und verglich es mit sich selbst. Trotz seines langen Bartes und der wallenden Haare schien Dor jünger zu sein als der Geschäftsmann.
    In dieser Höhle wirst du nicht altern, keinen einzigen Augenblick.
    Solch ein Geschenk habe ich nicht verdient.
    Es ist kein Geschenk.
    Dor trat zurück, duckte sich hinter die Ladentheke und richtete das Stundenglas auf.
    Alles geriet wieder in Bewegung. Die Friseurin nahm eine Schere aus der Schublade und sagte etwas, das den Geschäftsmann zum Lachen brachte. Dann machte sich die Frau ans Werk.
    Dor beobachtete fasziniert, wie geschickt sie ihre Schere hielt, wie die Haare zu Boden fielen. Jemand schaltete eine Anlage ein, und dröhnende Musik erfüllte den Raum. Dor hielt sich entsetzt die Ohren zu. Noch nie hatte er etwas gehört, das so laut war.
    Als er aufblickte, sah er eine dicke ältere Frau mit Lockenwicklern im Haar, die auf ihn herunterstarrte.
    Â» ¿Qué quiere?« , schrie sie.
    Dor hielt das Stundenglas rasch schräg, und die Frau erstarrte ebenso wie alle anderen Menschen im Raum.
    Dann richtete Dor sich auf, ging um die Frau mit den Lockenwicklern herum und zu der Friseurin. Er nahm ihr die Schereaus der Hand, hielt sie an seine Bartspitze und begann Haare zu schneiden, die sechstausend Jahre alt waren.

37
    Â»Ich habe Sie hergebeten, weil ich die Regeln verändern möchte.«
    Victor goss Jed ein Glas Eiswasser ein. Sie saßen an einem langen Tisch. Da Victor inzwischen zu schwach war, um an Krücken zu gehen, benutzte er den Rollstuhl. Sein Studierzimmer war umgeräumt worden, um ihm die Wege zu erleichtern.
    Â»Laut Gesetz muss ich offiziell für tot erklärt worden sein, bevor man mit dem Einfrieren beginnen kann, nicht wahr?«, fragte Victor.
    Â»So ist es«, antwortete Jed.
    Â»Aber Sie sind doch – ebenso wie die Wissenschaftler – der Meinung, dass die Chancen zur Erhaltung erheblich besser wären, wenn das Einfrieren bereits stattfinden könnte, bevor Herz und Hirn aufgeben.«
    Â»Theoretisch ja«, sagte Jed vorsichtig.
    Â»Ich möchte diese Theorie testen«, erklärte

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