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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Johansson
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geworden, vor elf Uhr würde es nicht richtig dunkel werden. Auf der anderen Seite der Stadt, nach Jönköping hin, leuchtete der Himmel durchdringend blau. Es war so kalt geworden, dass Ronny Eiskristalle auf der Straße zu sehen meinte, während die Schatten schwarzer Fichten vorbeihuschten. Er musste langsamer fahren. Die Gedanken wanderten wild in seinem Kopf herum: War da, als er mit Benigna auf dem Kahlschlag war, nicht dieser Anruf gewesen, nicht dieses Gerede von einem Jungen, der nicht mehr zu bändigen war? Hatte er ihr nicht diesen Anruf verschwiegen, weil er das Gefühl hatte, ein Eindringling zu sein, sich ohne richtigen Grund, ohne Rechtfertigung in dieser Gesellschaft zu befinden? Und diese Stimme, war das nicht dieselbe überdeutlich artikulierende, herrische Stimme gewesen, die er heute Nachmittag im Radio gehört hatte, eben Wilhelm af Sthen, wie er, mehr oder weniger unverhohlen, zur Revolte aufgerufen hatte? Aber er wusste es nicht mehr genau, und heute Abend würde er sicher nicht mehr erfahren.
    Als Ronny die Allee zu Benignas Herrenhof hinauffuhr, sah er auf der rechten Seite die noch hell erleuchtete Scheune liegen, den langen Tisch mit den Gedecken, die Papiergirlanden und die Kisten mit den Getränken. Ein leichter Wind fuhr durch den papiernen Schmuck und ließ ihn rascheln. Er hatte die Servietten auf den Boden geweht. Ein Warmhaltebehälter dampfte. Das rote Mini-Cabriolet, von dem er annahm, dass es Katarina gehörte, stand quer vor dem Tor.
    Er fand Benigna in einem Sessel im fast dunklen Salon. Sie sah bleich und müde aus, ließ die Arme über die Lehne hängen und starrte in die Luft.
    »Benigna?«
    »Ronny?«
    »Wo ist Katarina?«
    »In ihrem Zimmer. Sie hat drei Freundinnen bei sich. Wir können jetzt nichts tun. Es ist besser, wir lassen sie allein. Sie wird kommen, wenn sie etwas braucht.«
    Ronny zog einen Schemel herbei und setzte sich neben Benigna. »Manchmal bringen sich junge Leute einfach so um, habe ich irgendwo gelesen, vor allem Jungen, aus dem Augenblick heraus. Sie wollen dann einfach nicht mehr leben.«
    »Ich weiß. Aber nicht Magnus.«
    »Kanntest du ihn gut?«
    »Nicht wirklich. Ich weiß auch nicht, ob und wie Katarina tatsächlich mit ihm zusammen war. Aber er war ein kluger Kopf. Und er hatte Angst.«
    »Wegen der Schule?«
    »Nein. Er war ein guter Schüler. Und, soweit ich das wissen kann, ein guter Freund. Seine Eltern haben angerufen.«
    »Weil er Angst hatte?«
    »Ja. Sie haben das auch bemerkt. Sie wollten wissen, ob Katarina etwas gesagt hatte. Ich war so dumm und habe Katarina gefragt. Sie hat mich nur entsetzt angesehen.«
    »Du kannst jetzt nicht weiterfragen. Das führt zu nichts.«
    »Nein.« Eine Viertelstunde verging, ohne dass einer von beiden etwas sagte. Es war jetzt dunkel geworden. Das Licht aus der Scheune drang durch den Flur herein. Ronny sah Benignas Hand auf der Lehne liegen und wagte nicht, sie zu nehmen.
    »Komm«, sagte er schließlich, »die Scheune kann nicht so bleiben. Oder willst du die Elche zum Nachtessen einladen?«
    »Nein«, sagte Benigna und erhob sich. Zusammen gingen sie hinüber zur Scheune, stellten den vergessenen Warmhaltebehälter ab, löschten das Licht und schlossen die Tore.
    »Das lassen wir jetzt so liegen«, sagte Benigna, »morgen rufe ich den Mann vom Catering an. Er soll seine Sachen wieder mitnehmen. Er soll alles mitnehmen. Ich möchte das nicht mehr sehen.«
    Als sie in den Salon zurückkehrten, saß Katarina auf dem niedrigen Tisch vor dem Sofa, mit wirren Haaren, die weiße Bluse halb offen, das Gesicht verweint, die Schminke verlaufen. Sie starrte ihre Mutter an.
    »Es ist nicht wahr«, sagte Katarina, »er hat sich nicht umgebracht. Es kann nicht sein. Er hätte es mir gesagt.«
    »Ja«, sagte Benigna und versuchte, ihre Tochter in den Arm zu nehmen. Aber Katarina stieß sie von sich: »Er hätte es mir gesagt«, schrie sie. »Er hätte es mir gesagt.« Die Tochter begann, mit geballten Fäusten auf ihre Mutter einzuschlagen. Ronny sprang auf, um Benigna zu schützen, aber da stürzte Katarina schon schluchzend davon, die Treppe hinauf, zurück in ihr Zimmer.
    »Du kannst nichts tun«, sagte Benigna. Zusammen saßen sie noch eine Stunde im dunklen Salon, schauten hinaus in die Nacht, bis Benigna wiederholte: »Du kannst nichts tun. Ich auch nicht.«
    Ronny nahm jetzt doch Benignas Hand, hielt sie, drückte sie und ging dann schweigend.
    Als er in seinem Toyota auf die Landstraße einbog, kam ihm ein

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