Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Johansson
Vom Netzwerk:
eine gute Idee, dass ich ausgerechnet heute hergekommen bin. Ist Katarina auch da?«
    »Sie hat vorhin angerufen. Sie ist in Älmhult, bei Freunden, die sie aus der Schule kennt. Sie will abwarten, wie das mit dem Wetter wird.«
    Benigna hatte nicht in der Küche, sondern im Esszimmer gedeckt, mit einem weißen Tuch, mit Kerzen, einem Blumengesteck, und die beiden Gedecke waren an den kurzen Seiten des langen Tisches ausgelegt, einander gegenüber.
    »Ich habe ein neues italienisches Kochbuch«, sagte Benigna, »wir beginnen mit Jakobsmuscheln und Rucola.«
    »Wille sagt ja immer, dass wir einem großen Sturm entgegengehen. Bis jetzt lebt es sich aber ganz komfortabel. Erinnerst du dich daran, wie wir am Trasimenischen See waren? Eigentlich war es ja ein geheimer Kongress. Aber ich erinnere mich nur noch an die Pizzeria. Das Essen war so gut, und der Wein. Das muss Anfang der achtziger Jahre gewesen sein.«
    »Ich musste auch daran denken. Auch weil nachher alles so schiefging.«
    »Ich denke in jüngster Zeit häufig zurück«, sagte Ronny. »Irgendwie kehren die alten Zeiten wieder. Ich bin froh, dass Lorenz wieder da ist. Ich hatte ihn vermisst.«
    »Das geht mir auch so«, antwortete Benigna, »aber er war immer mehr dein Freund als meiner. Eigentlich wollte ich euch etwas vorschlagen: dass ihr euch das kleine Haus unten am See zurechtmacht. Von der Substanz her ist das völlig in Ordnung. Man muss nur aufräumen und putzen. Und vielleicht neu streichen. Aber das wäre doch gut, wenn wir wieder ein bisschen mehr zusammen wären. Es ist manchmal sehr einsam hier draußen, und Katarina wird auch nicht mehr lange bleiben.«
    Ronny musste lachen: »Eine Alterswohngemeinschaft, ist es das, was du vorschlagen willst? Und was machst du mit Wille? Er würde doch nie bei so etwas mitmachen.«
    »Wille ist wirklich ein guter, alter Freund.«
    »Wie gut kennst du ihn eigentlich«, fragte Ronny.
    »Das frage ich mich manchmal auch. Immer ist da etwas, was ich nicht verstehe, diese Sachen, die er ganz allein macht. Manchmal ist er total fanatisch. Er hat ja Geld genug. Er kann sich ja jeden Unsinn erlauben. Aber das wird immer schlimmer. Irgendetwas will er jetzt, etwas Großes, und er will es unbedingt, so als wäre gar keine Zeit mehr da.«
    »Ihr hattet einmal ein Verhältnis.«
    »Ja, aber das ist lange her«, sagte Benigna wie nebenher. Dann ging sie in die Küche und kam mit einer Flasche Rotwein und neuen Gläsern zurück. Ein wenig später holte sie zwei Teller mit Tagliolini, Parmesan und Steinpilzen.
    »Sind die Pilze aus deinem Wald?« Benigna nickte. »Selbstgepflückt. Und der Käse ist aus dem ›Pecorino‹ in Osby. Ich bin froh, dass es diesen Laden jetzt gibt.« Draußen war längst finstere Nacht. Aber man hörte den Sturm, wie er pfiff und gegen das Haus schlug, und man hörte das Rauschen und Ächzen der großen Bäume, die den Hof umgaben. Ein großes Dröhnen schien in der Luft zu sein. Die beiden lauschten.
    »Das klingt nicht gut«, sagte Ronny.
    »Ziemlich unheimlich.«
    »Wie hat Wille eigentlich auf Magnus’ Tod reagiert? Er hat doch für ihn gearbeitet?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe ihn danach gefragt. Ist ja klar. Er hat etwas von ›juveniler Depression‹ gesagt. Und dass sich jedes Jahr fast zweihundert junge Menschen umbringen in Schweden. Die meisten sagen nichts, bevor sie es tun. Er klang wie ein Arzt oder ein Statistiker. Er hat das bestimmt nachgelesen.«
    »Und Katarina?«
    »Ich mache mir Sorgen. Sie ist so weit weg. Ich meine, sie ist sehr selbständig, und sie hat nie viel gesagt. Aber seit Magnus’ Tod komme ich überhaupt nicht mehr an sie heran. Sie macht das vielleicht mit ihren Freundinnen aus. Oder mit niemandem. Ich weiß es nicht.« Benigna schwieg lange.
    »Komm«, sagte sie schließlich, »du musst jetzt ein paar Minuten allein bleiben. Ich mache uns etwas Musik. Ich muss nur kurz in die Küche.«
    »Kann ich dir nicht helfen?«, rief ihr Ronny nach. Aber da sangen schon die »Fleet Foxes«.
    »Nicht nötig, es ist alles vorbereitet. Kennst du die Musik?«
    »Nein, ist sie neu? Sie erinnert mich an ›Crosby, Stills and Nash‹. Ist nur nicht so frisch.«
    »Du hast recht, manchmal klingen die Jungen furchtbar alt. Aber deine Ohren sind auch alt geworden. Ziemlich mürbe, würde ich sagen.«
    »›Almost cut my hair‹, kennst du das, von Crosby, Stills, Nash and Young, von der ganz alten Platte?«
    »Nein, kannst du es singen?«
    »Später, vielleicht.«
    Benigna trug

Weitere Kostenlose Bücher