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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Johansson
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weiß es nicht«, sagte sie nach ein paar Sekunden. »Um sie herum ist nur Wald. Sie sieht ein Elchschild, sagt sie. Sie hat Angst … Ronny, was machen wir jetzt, wir müssen sie finden!«
    »Und sie weiß nicht, wie sie da hingekommen ist. Ungefähr? Die Richtung?«
    »Nein.«
    Ronny atmete nun ruhiger. Er dachte nach. Dann holte er sein Mobiltelefon aus der Tasche. »Frag sie mal, ob sie die App ›Meine Freunde suchen‹ hat.« – »Gut, das dachte ich mir.« – »Gib mir mal ihre Nummer.« Benigna wusste sie auswendig. »Sag ihr, sie soll jetzt bestätigen.« Ronny fingerte an seinem Telefon herum.
    »Sie müsste nördlich von Hallaryd sein, irgendwo auf halbem Wege nach Delary«, sagte er schließlich.
    »Katarina, wir kommen! Ronny hat dich gefunden! Ronny, du bist ein Genie! Ronny, wo ist das?«
    »Zwanzig Kilometer von hier, nach Nordosten. Da ist wirklich nur Wald.« Ronny ließ den Motor an, fuhr mit quietschenden Reifen aus der Stadt, die sich längst vor dem abendlichen Fernsehprogramm niedergelassen hatte, und raste mit halsbrecherischer Geschwindigkeit ein kleines Stück über Västerleden und bog dann rechts ab, in Richtung Hallaryd.
    »Katarina«, rief Benigna ins Telefon, »ist alles in Ordnung? Wir sind bald bei dir.«
    »Sagst du mir kurz, was passiert ist?« Ronny fuhr immer noch viel zu schnell, ja er beschleunigte auf der geraden Straße noch und schoss mit hundertsechzig Kilometern in der Stunde nach Norden. Mehr war aus seinem alten Toyota nicht herauszuholen.
    »Zwei Männer haben sie auf der Straße von hinten gepackt und in ein Auto gezerrt. Sie haben ihr die Augen zugehalten und sind mit ihr herumgefahren. Sie wollten das Notebook. Sie sollte sich nicht dumm stellen, morgen würden sie wiederkommen, sie finden sie überall, haben sie gesagt. Wenn sie dann nicht das Ding dabei hat, dann geht es ihr ganz schlecht. Wie weit ist es noch?«
    »Nicht mehr weit. Sag ihr, wir sind fast da, sie soll sich aber noch versteckt halten. Haben sie ihr etwas getan?«
    »Katarina, wir sind fast da, halte dich noch versteckt! Nein, ich glaube nicht, dass sie ihr etwas getan haben. Oder haben sie, Katarina? Nein? Sie haben ihr auch nichts weggenommen. Dann haben sie plötzlich angehalten, noch einmal gedroht und sie aus dem Auto geschubst, mitten im Wald.«
    »Seltsam. Was waren das für Männer?«
    »Keine Schweden, sagt sie. Männer mit einem harten slawischen Akzent, sagt sie, wie Serben oder Albaner oder so.«
    Hier draußen gab es nur noch vereinzelte Gehöfte, und niemand nahm wahr, wie Ronny durch die schwarze Nacht preschte, mit über hundert Kilometern in der Stunde durch die kleine Ortschaft fuhr, unterhalb der Kirche rechts abbog, mit quietschenden Reifen, und dann wieder in den Wald eintauchte. Als sie das Gebiet erreichten, in dem Katarina sein musste, waren seit ihrem Anruf höchstens zwanzig Minuten vergangen.
    »Katarina, siehst du uns?« Benigna hatte die ganze Zeit über das Mobiltelefon am Ohr gehabt. Ronny löschte die Scheinwerfer und machte sie wieder an, mehrmals hintereinander. »Ja, wir sind es, die da blinken.« Ronny sah ein Elchschild, bremste und hielt unmittelbar davor an. Benigna riss die Tür auf, sprang heraus und rief »Katarina« in die schwarze Nacht. Aus dem Dunkel der Bäume löste sich eine Gestalt und warf sich Benigna in die Arme.
    »Komm, bloß weg hier. Schnell.«
    Benigna setzte sich mit ihrer Tochter auf den Rücksitz und hielt sie im Arm. Ronny gab Gas, drehte, fing das schlingernde Auto ab und fuhr zurück in Richtung Osby. Mit Katarina war nicht zu reden. Nur langsam, in Stößen und unter Weinkrämpfen, berichtete sie die Geschichte noch einmal. Aber es kam nichts wesentlich Neues dabei heraus. Nicht einmal die Gesichter der Entführer konnte sie beschreiben, sie hatte sie wohl auch kaum gesehen, im Dunkeln. Es war ein großes Auto gewesen, ein älteres, es war nur um den Computer gegangen, um Magnus’ Notebook, und sie waren in Gefahr.
    »Bleibt es bei dem Plan?« Ronny drehte sich zu Benigna um. »Jetzt für uns drei?«
    »Ja. Wir haben keinen anderen.«

Einundfünfzig
    Zwei Stunden später standen Benigna Klint, Katarina und Ronny Gustavsson in der Rezeption des Savoy, eines großen, alten Grand Hotels gegenüber dem Hauptbahnhof in Malmö. Benigna hatte von unterwegs ein Doppel- und ein Einzelzimmer gebucht, nebeneinander, auf die Namen Gunnar, Lisa und Margareta Andersson. Sie musste nicht einmal die Nummer einer Kreditkarte angeben. Am Empfang

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