Der Sturm
umgedreht und den Riegel eingehängt, als sein Mobiltelefon klingelte.
»Wille ist tot«, sagte Benigna.
»Jetzt ist doch alles gleichgültig«, antwortete Ronny, »oder?«
»Ja.«
Vierundfünfzig
Am Nachmittag des folgenden Tages, eines Samstags, gab die Reichskriminalpolizei im kleinen Konferenzraum des Präsidiums in Malmö eine Pressekonferenz. Man habe einige Informationen zum Tod des deutschen Journalisten Christian Meier an die Öffentlichkeit weiterzugeben, dessen Leiche man im April bei Visseltofta in Nordschonen gefunden habe, hatte es in einer Mitteilung an die Medien geheißen, die am Vormittag herausgegeben worden war.
Von Wilhelm af Sthen war nicht die Rede gewesen, so dass sich nur etwa ein Dutzend Journalisten eingefunden hatte, als Åsa Lindvall, die stellvertretende Polizeichefin der Region Skåne, die Konferenz eröffnete. Sie trug Uniform. Neben ihr saß Petter Linde von der Reichskriminalpolizei, ein noch junger Mann in Zivil und offenem Hemd. Auch Pelle Larsson war anwesend, der Kommissar aus Kristianstad, in dessen Händen die Ermittlungen gelegen hatten, solange man die Tat nicht dem organisierten Verbrechen zugeordnet hatte.
»Gestern am frühen Abend erlag, wie wir alle wissen, der Politiker und Landwirt Wilhelm af Sthen den Verletzungen, die er sich bei einem Unglück an der Reichsstraße 23 nördlich von Älmhult in Småland zugezogen hatte«, so begann Åsa Lindvall die Konferenz. »Bevor er starb, legte er, in Anwesenheit von Petter Linde, Oberintendent bei der Reichskriminalpolizei, und Per Larsson, Kommissar der Regionalpolizei in Schonen, ein Geständnis ab. Dieses Geständnis ist auf Band festgehalten worden. Wilhelm af Sthen gab an, im April dieses Jahres den deutschen Staatsbürger Christian Meier getötet, die Leiche fortgeschafft und das Fahrzeug seines Opfers in einem Wald in der Nähe seiner Besitzungen beseitigt zu haben. Eine weitere Befragung konnte nicht stattfinden, weil Wilhelm af Sthen unmittelbar nach dem Geständnis das Bewusstsein verlor und wenig später starb.«
Alle Journalisten schauten die Polizistin fassunglos an. Einige hoben die Hand vor ihren Mund, so als gebe es gar keinen Ausdruck für den Schrecken, den die Mitteilung in dieser kleinen Runde ausgelöst hatte. Es vergingen ein paar Sekunden, vielleicht zehn, vielleicht zwanzig: Dann zogen die ersten Journalisten ihre Smartphones aus den Taschen und begannen, in äußerster Hast Mitteilungen hineinzutippen. Vermutlich dauerte es jetzt nur noch ein paar Minuten, bevor auf den Internet-Seiten der großen Zeitungen die ersten Eilmeldungen auftauchten.
»Gibt es Fragen?«, rief Åsa Lindvall in den Raum, und es war ihr anzusehen, dass sie die Überraschung genoss.
Ein älterer Kollege von »Sydvenska Dagbladet«, ein langer, freundlicher Mann mit der Figur eines Langstreckenläufers, fand seine Fassung zuerst wieder.
»Aber … aber, warum sollte er das getan haben?«, stotterte er.
»Er gab an, von Christian Meier genötigt worden zu sein. Seinen Aussagen zufolge habe Christian Meier über Informationen verfügt, die seine Tätigkeit für die Partei ›Die Freibeuter‹ in einem äußerst schlechten Licht hätten erscheinen lassen und die möglicherweise strafrechtlich von Belang gewesen wären.«
»Was sollen das für Informationen gewesen sein?«
»Darüber wissen wir noch zu wenig. Aber es gibt Indizien, die Grund für die Annahme bieten, dass diese Vermutungen nicht aus der Luft gegriffen waren. Im Fahrzeug des Deutschen wurden Schriftstücke gefunden, die in diese Richtung weisen. Die Ermittlungen in dieser Hinsicht sind jedoch noch nicht abgeschlossen.«
»Was sind das für Schriftstücke?«
»Wir können sagen, dass es sich dabei vermutlich um Aktivitäten handelte, die nicht nur urheberrechtlich und personenrechtlich von Belang sind, sondern auch andere strafrechtliche Bereiche vor allem wirtschaftlicher Art betreffen. Näheres aber werden wir erst mitteilen können, sobald die Prüfung abgeschlossen ist.«
»Hat die Polizei eine Vermutung, warum Wilhelm af Sthen dieses Geständnis abgelegt hat?« Die Frage einer jungen Journalistin war so naiv, dass die älteren Kollegen laut loslachten. Die Polizisten aber verzogen keine Miene.
»Es mag ein Verhältnis zwischen ihm und dem Tod geben, über das wir nicht zu richten haben.« Die Journalisten, alle, schauten beeindruckt. Das war ein Satz, der zitiert werden musste. Selten hatte eine Polizistin so gewählt formuliert. »In den
Weitere Kostenlose Bücher