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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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aufhörte. Wo war ihr verfluchtes Handy?
    Handtasche? Seitentasche im Koffer? Im Koffer selbst?
    Das Heulen des Martinshorns.
    Unaufhörlich schrillte es in ihren Ohren.
    Und dann brach es ab.
    Debbie wühlte in ihren Kleidern.
    Nichts.
    Der Kosmetikkoffer?
    Sie riss den Reißverschluss auf. Tampons fielen auf den Fußboden und rollten unter den Schrank.
    Das Heulen setzte wieder ein und wurde immer lauter.
    Doch in der Handtasche?
    Sie klappte sie auf und kippte den gesamten Inhalt auf den Fußboden. Das Handy schob sich, von der Vibration bewegt, vorwärts wie ein Roboter.
    Nein, eher wie ein Insekt, eine unbekannte Spezies, die die Fähigkeit besaß, in regelmäßigen Abständen aufzuleuchten.
    Debbie griff danach. Das Tier vibrierte in ihrer Hand. Es funktionierte auf Tastendruck.
    Eine SMS.
    Nimm dich in Acht. Du bist die Nächste!
    Sie starrte auf die Buchstaben, die vor ihren Augen verschwammen. Und dann überfiel Debbie unbeschreibliches Entsetzen. Weg! Weglaufen! Hier konnte sie doch nicht bleiben, oder?
    Lauf nicht immer weg, wenn es Probleme gibt, Deborah.
    Nr. 7 der Vorwürfe ihres Stiefvaters. Debbies Gehirn arbeitete nun auf Hochtouren. Sie musste etwas machen. Irgendetwas tun! Debbie riss die Tür auf und lief davon. Wie immer, wenn es Probleme gab.

14. Kapitel
    U nten im Erdgeschoss lag das Foyer völlig verlassen da. Zwar hatte das Heulen des Sturms nicht nachgelassen, schien eher noch heftiger geworden zu sein. Und doch lag über dem College eine seltsame Stille, wie es nur in Gebäuden der Fall ist, in denen es zuvor von Menschen gewimmelt hatte.
    Chris lief hinüber zum Büro der Security. Im Gegensatz zum sonstigen Collegealltag war die Tür nicht verschlossen, sondern stand weit offen. Aber weder von Steve noch von seinem Kollegen Ted war etwas zu sehen. Chris blickte nur auf leere Schreibtische – und eine Reihe flimmernder Monitore, die durchgehend Bilder von verlassenen Fluren und Zimmern zeigten.
    Lediglich auf einem Bildschirm war Bewegung. Chris beobachtete Rose, wie sie auf den offenen Kamin in der Empfangshalle zuging und ein Scheit Holz in das prasselnde Feuer warf. Im rötlichen Schimmer des Feuers sah sie noch schöner aus als sonst. Wie schnell man sich an eine Glatze gewöhnen kann, dachte Chris. Irgendwann fällt sie einem gar nicht mehr auf.
    Er verließ das leere Büro und ging zu ihr hinüber.
    »Wie nett, einer von den Wachmännern muss Feuer gemacht haben«, sagte sie betont überschwänglich. »Vielleicht sollten wir unten in der Halle bleiben. Hier ist es wenigstens warm.«
    »Wo ist Julia?«, fragte Chris anstelle einer Antwort.
    Rose machte eine Kopfbewegung Richtung Eingang, wo Julia dicht vor der Glasfront stand und auf das Chaos starrte, das der Sturm draußen anrichtete. Chris ging zu ihr hinüber und pfiff leise durch die Zähne, als er die umgestürzten Bäume am Ufer des Sees sah. Sie zeigten wie schwarze Pfeile in Richtung des Ghost, von woher der Schneesturm sich auf das Tal zu stürzen schien.
    »Wahnsinn, welche Kraft so ein Sturm hat«, murmelte er. »Mann, er hat die Bäume am Ufer einfach umgeknickt, als seien es dünne Streichhölzer.«
    Julia schüttelte den Kopf. »So etwas habe ich noch nie erlebt.«
    Er trat dicht hinter sie, umfasste sie mit beiden Armen und schmiegte sich an sie. »Keine Sorge, das College steht hier schon einige Jahre. So schnell werden wir nicht weggeweht.«
    »Gruselig, oder?«, flüsterte Julia nun. »Wir ganz allein in diesem riesigen Gebäude.«
    Er vergrub seinen Mund in ihrem Haar. »Mmmh«, murmelte er. »Ich hätte nichts dagegen, tatsächlich ganz alleine zu sein. Mit dir.«
    »Meinst du, Robert ist gut angekommen?« Julia drehte sich zu ihm und schob ihn gleichzeitig ein bisschen zurück.
    Chris versuchte, ein Seufzen zu unterdrücken. Er hatte schon die ganze Zeit darauf gewartet, dass die Sprache auf Robert kam.
    Diese enge Verbundenheit zwischen den Geschwistern war in Chris’ Augen nicht normal. Wie sollte er an Julia herankommen, wenn sie nicht endlich aufhörte, ihren Bruder ihm vorzuziehen? »Schlechte Nachrichten sprechen sich schnell herum«, erwiderte Chris.
    »Aber dieser Wagen vom Grace, der einen Unfall hatte. Es könnte Davids gewesen sein, oder?«
    »Sie sind früh genug weggefahren«, erwiderte Chris leicht gereizt. »Außerdem hat David, der Glückspilz, einen Landrover ergattert. Allrad und jede Menge Extras fürs Gelände. Der hatte bestimmt keine Probleme.« Er lachte bitter auf.
    »War ja klar, dass

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