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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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irgendjemand mich so sah, und ganz besonders kein Mädchen. Als der Kerkermeister fragte »Jetzt gesteh endlich, was wolltest du mit der Quelle ?« grinste ich und sagte: »Schauen, ob sie Goldstücke ausspuckt.«
    Mit gerunzelter Stirn blickte er mich an. »Wieso Goldstücke?«
    »Na, irgendeinen Grund musste es doch haben, warum zwei Leute einen blöden Kiesel bewachen.«
    Natürlich ließen sie mich dafür büßen. Ich biss mir die Lippe blutig, als ich versuchte, es ohne einen Laut zu ertragen. War keine gute Idee gewesen, das mit den Sprüchen. Und außerdem sinnlos – als ich das nächste Mal hinsah, war Hetta wieder verschwunden.
    Vielleicht hatte Cyprio darauf gewartet, dass alle, die ich in der Burg kannte, sich von mir lossagten. Seine Stunde schien gekommen. Er wandte sich direkt an den Kerkermeister. Auf seinem Gesicht stand wieder das schmallippige Lächeln, das ich schon kannte.
    »Seht Ihr nicht, dass er Euch noch etwas verschweigt? Auf die Art werdet Ihr nie alles aus ihm rauskriegen. Bei wem habt Ihr eigentlich Euer Handwerk gelernt, Mann?«
    Der Kerkermeister kniff die Lippen zusammen. »Ich habe Befehl, ihn zu schonen, Meister Cyprio. Damit seine Gilde nicht protestiert.«
    Verzweifelt hörte ich zu. Wenn das bisher »schonen« gewesen war, wie schlimm konnte es dann noch werden? Und wie viel Macht besaß Cyprio in der Felsenburg?
    »Erstens wird seine Gilde nie erfahren, dass er hier ist«, sagte Cyprio und fingerte mit seinen dünnen Händen an dem Amulett der Regentin herum, das er um den Hals trug. »Zweitens kommt der Befehl, ihn zu schonen, nicht von ganz oben. Besser Ihr stellt Euch gut mit denjenigen, die wirklich etwas zu sagen haben.«
    Mit undurchdringlichem Gesichtsausdruck musterte ihn der Kerkermeister. Dann nickte er und wandte sich mir zu.
    Wahrscheinlich ist es besser, dass ich mich nicht mehr an alles erinnern kann, was sie mit mir machten.
    Irgendwann, als sie sich meine linke Hand vornahmen und mich fragten, wie viele Finger ich entbehren könnte, sagte ich ihnen auch, dass ich als Agent für meine Gilde arbeitete.
    Ich rückte ein bisschen zu spät damit heraus. Zum Glück verlor ich ziemlich bald das Bewusstsein, und als ich aufwachte, lag ich wieder in meiner Zelle.
    Nur eine Sache sagte ich ihnen nicht: dass mein Auftrag nichts mit der Quelle zu tun gehabt hatte, sondern mit der geheimnisvollen Schale. Ich konnte es ihnen verschweigen, weil sie nicht auf die Idee kamen, danach zu fragen. Die Schale hatte ich unter dem Stroh in meiner Zelle verborgen.
    Ich hatte nicht gewusst, wie tief Verzweiflung sein kann. Es gab nur zwei Dinge in dieser dunklen Zeit, die mir Kraft gaben: Zum einen Gedanken an Joelle – an ihr verschmitztes Lächeln und ihre sommerhellen Augen – und an Vanamee. Ganz klar sah ich die Seen vor mir, endlos und glitzernd, und ich versprach mir immer wieder, dass ich sie wieder sehen würde, irgendwann. Jeden Tag sprach ich die rituellen Formeln für Ebbe und Flut, so wie daheim, und außerdem die Schutzformeln meiner Lieblingsgötter Erin und Gilia, aber keiner von beiden schien daran interessiert, mir zu helfen. Auch Udikos Band aus schwarz-gelb-grünem Seegras schien immer noch nicht der Meinung zu sein, dass ich es wirklich brauchte. Wenn nicht jetzt, wann dann? Vielleicht war es doch nur ein nutzloses altes Ding.
    Das Zweite, was mir half, war, dass irgendjemand in dieser feindlichen Burg zu mir hielt. Immer wieder kam er, sagte, ich solle durchhalten. Nannte mich Bruder.
    Wer konnte es sein? Auch wenn Ynea sicher an mich dachte, ihre Stimme war es nicht. Jemand aus meiner Gilde, der in der Burg arbeitete? Nein, der hätte mich tanu , Gildenbruder, genannt. Einer der Diener, mit denen ich geplaudert hatte? Unwahrscheinlich, es war viel zu wenig Zeit geblieben, jemanden hier so gut kennenzulernen, dass er dermaßen viel für mich riskierte. War es dann vielleicht eine hohe Persönlichkeit, der Vermittler der Regentin womöglich, Ennobar? Er schien ein Mann mit Rückgrat zu sein. Aber ich hätte seine Stimme erkannt, und wir standen uns nicht nahe.
    Der Gedanke, herauszufinden, wer der Unbekannte war, wurde zur Besessenheit. Einmal brachte ich die Frage »Wer bist du?«, raus, aber er sagte nur » Caristani « und huschte davon. Der Name sagte mir nichts.
    Ich hatte Glück im Unglück. Kurze Zeit nach seinem Befehl musste Cyprio eine Inspektionsreise durch die Provinz antreten, er kam vorerst nicht mehr in den Kerker. In dieser Zeit waren die Befragungen

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