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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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ohne Pause aus ihrem Mund.
    »Zum Beispiel, wie man Landkarten liest. Wie man eine offizielle Order abfasst. Wie man plant, was man in schwierigen Situationen als Nächstes tut. Wie man Konflikte zwischen den Gilden löst.«
    Mi‘raela war verblüfft. »Das will sie dir beibringen? Wozu?«
    »Keine Ahnung. Aber das ist doch egal, oder? Endlich brauche ich keine Eimer voller Grütze mehr zu schleppen, Berge von Kartoffeln zu schälen oder Torquils abzuhäuten! Ach, das Leben ist so wunderbar!«
    » Ich häute gerne Torquils ab«, meinte Mi‘raela. »Wenn ich mal schaffe, eines zu fangen.« Sie war gespannt, wie es mit ihrer menschlichen Freundin weitergehen würde. Sie ahnte, wozu die Regentin Jini all das beibringen wollte, und wusste auch, dass dies ihren Herren Spinnenfinger und Steinherz ganz und gar nicht gefallen würde. Aber sie wollte der Menschenwelpin nicht die Freude verderben. Also sagte sie nur: »Sei vielgroß vorsichtig, ja?«
    Es war ein eigenartiges Gefühl. Angst zu haben, einem Menschen könnte etwas passieren. Mi‘raela schämte sich dafür. Aber nur ganz kurz.
    * * *
     
    »Nichts wie weg«, sagte ich zu Janor, und er stolperte mir nach zum Wasser. »Tief atmen, ein paar Mal!«, befahl ich ihm. »Und dann schwimm mir hinterher, schwimm, so schnell du kannst ...«
    Wir tauchten in das kühle Wasser des Höhlensystems. Ich schloss die Augen, damit ich ähnliche Sinneseindrücke bekam wie vorhin, und legte einfach los. Udikos monatelanger Drill zahlte sich aus – fast ohne nachdenken zu müssen, mit instinktiver Sicherheit, schwamm ich die Route nach, die Ri‘naldus vorhin genommen hatte. Mit ein paar Zwischenstopps für Janor an Stellen, wo sich unter der Höhlendecke Luft gesammelt hatte.
    Wenn wir es nicht mit dem Herrn der Quallen zu tun gehabt hätten, hätten wir es vielleicht nach draußen geschafft. Doch der »Chef« hatte vorgesorgt – eine schleimige Armee blockierte uns den Weg. Ich bemerkte es gerade noch rechtzeitig und stoppte, bevor wir uns in den Tentakeln verfingen.
    Die Biester trieben uns vor sich her, bis wir in eine weitere Höhle gelangten. Sie hatte sogar einen richtigen Kieselstrand. Janor schlotterte, als wir an Land wateten – das Wasser der Höhlen war kristallklar, aber arg kühl, ohne Schwimmhaut hielt man es nicht lange darin aus. Wahrscheinlich hatte der Zweite Regent aber auch gehörige Angst. Mir ging es nicht anders. Die Haupthöhle der Quallenleute war ein Anblick, der vielleicht sogar den Großen Udiko beeindruckt hätte.
    Roh und unbehauen erstreckte sich der feuchte Stein in die Tiefe der Erde. Wie in dem kleinen natürlichen Verlies waren auch in der riesigen Höhle im Laufe von Tausenden von Wintern Tropfsteine vom Boden hoch- und von der Decke heruntergewachsen, einige doppelt so hoch wie ein Mensch. Ich erstarrte, als ich sah, was auf ihren Spitzen steckte: Köpfe. Manche schon skelettiert, andere erst halb verwest. Kleine Krabben machten sich an ihnen zu schaffen. Das also war aus den Reisenden geworden, die am Schwarzen Fluss verschwunden waren! Doch wo steckten die Menschen, die das hier getan hatten? Es war niemand in Sicht.
    »Ist hier wer?« Meine Stimme echote durch den riesigen natürlichen Saal.
    Erst dann bemerkte ich den bärtigen Mann, der an einer der Säulen lehnte. Er war groß und mager und trug eine zerlumpte, dunkelgrüne Schwimmhaut, an der ein Messer befestigt war. In seinen Augen stand eine furchtbare Wut, als er mich und Janor fixierte. »Wieso könnt ihr uns nicht einfach in Ruhe lassen? Was wollt ihr hier? Das ist mein Fluss, die Schächte, die Höhlen gehören mir!«
    »Und die Quallen, gehören die auch Euch?«, fragte ich und sah mich unauffällig um. Wo waren die anderen, seine Gefährten, die er um sich geschart hatte?
    »Du weißt also, wie man mich nennt«, stellte er zufrieden fest, beinah stolz. »Seit ich den Kniff entdeckt habe, wie man sie anlockt und vertreibt, kann ich bestimmen, wohin sie sich bewegen. Damit sind sie mein. Meine Armee!«
    Das steckte also dahinter. Ich war gleichzeitig enttäuscht und fasziniert. Ob ich ihn irgendwie dazu kriegen konnte, mir den Trick zu verraten?
    Doch was mich im Moment viel mehr interessierte, war, wo seine Gefährten abgeblieben waren. Obwohl ich mich inzwischen gründlich umgesehen hatte, hatte ich kein Anzeichen für menschliches Leben in der Höhle entdeckt. »Habt Ihr nur glibbrige Verbündete?«, rutschte es mir heraus. »Wo sind Eure Leute?«
    Der Mann stieß sich von

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