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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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Felsenburg zurück. Nur für alle Fälle.«
    Verzweifelt nickte er. »Ja. Das muss ich wohl. Aber die Perle ...«
    »Weißt du was? Nimm doch einfach die hier.« Ich griff unter den Kragen meiner Schwimmhaut und nahm den Silberfaden mit der Schwarzen Perle ab, den ich um den Hals trug. Vorsichtig legte ich das schimmernde kleine Ding in Janors Hand. »Vielleicht hilft sie ja tatsächlich.« Lautlos bat ich Gilia, unsere Göttin des Wachstums und der Heilung, um ihre Gnade.
    Sprachlos blickte Janor erst die Perle an, dann mich. Schließlich sagte er: »Das werde ich dir nie vergessen, Tjeri. Nie.«
    Unglücklicherweise tat er das tatsächlich nicht.
    Udiko bestand darauf, dass ich ihm in allen Einzelheiten berichtete, was passiert war. Ich musste ihm gestehen, was für eine schwache Figur ich im Nahkampf gegen den Herrn der Quallen abgegeben hatte. »Erzähl bloß niemandem, dass du einfach rücklings umgekippt bist – damit blamierst du uns beide«, stöhnte Udiko und verdoppelte die Zahl der Kampflektionen auf meinem Lehrplan.
    »Ich bin ausgerutscht, das hätte jedem passieren können«, protestierte ich schwach.
    »Ja, und? Tot wärst du trotzdem gewesen, wenn der Krake dir nicht geholfen hätte. Glaub mir, Kleiner: So ein Glück hast du nicht noch mal.«
    Ja, der Krake. Ich dachte oft an Ri‘naldus. Irgendwie ahnte ich, dass es wichtig für mich war, mehr Erfahrungen mit Halbmenschen zu sammeln. Doch so einfach, wie das klang, war es nicht. In Colaris hatte ich ab und zu mit Storchenmenschen geplaudert, die für Händler Nachrichten überbrachten. Aber sie waren mit der Luft-Gilde verbündet und ließen Wasser-Menschen wie mich genauso oft links liegen, wie sie über uns Witze rissen. Und die mit uns verbündeten Krötenmenschen waren sehr scheu – es gab kaum eine Chance, an sie heranzukommen. Im Moment schon gar nicht – bei den Krötenmenschen herrschte Paarungszeit, und jeder Mensch im Seenland wusste, dass man sich dann besser von ihnen fernhielt.
    Es war Zufall, dass ich zwei Tage darauf bei einem Botengang für Udiko auf die Spur eines Trecks stieß. Ein Treck besteht aus Tausenden von Krötenmenschen, die auf der Suche nach Partnern durch das Land ziehen und dabei alles zertrampeln, was sich ihnen in den Weg stellt. Sie hatten dabei eine unbewohnte Insel überquert und die Fruchtplantage darauf förmlich niedergewalzt. Neugierig stieg ich aus dem Wasser und untersuchte die breite Spur der Verwüstung.
    Wo einst kleine Obstbüsche gestanden hatten, sah ich nur noch geknickte Zweige, aufgewühlten Matsch, die Leiche eines Skagarok und die Fußspuren des Besitzers, der die Reste seiner Plantage in Augenschein genommen hatte. Und die Leichen von zwei Krötenmenschen, die anscheinend gestürzt und von ihren Artgenossen totgetrampelt worden waren. Da ich kaum jemals einem Krötenmenschen so nahe gekommen war, sah ich mir einen der Körper fasziniert an; seine grünbraune, noppige Haut, die nicht mehr feucht glänzte, sondern schon fast ausgetrocknet war; die Spuren von dunkelbraunem Blut; die Flossenpfoten mit durchscheinenden Schwimmhäuten. Jarco hätte sofort vorgeschlagen, ihm die Haut abzuziehen und sie auf dem Markt zu verkaufen. Das war zu dieser Zeit völlig rechtmäßig und üblich.
    Mit einem der Äste versuchte ich, die Leiche herumzudrehen, um mir auch die Vorderseite anzuschauen. Dabei fiel mir sofort auf, dass der Körper nicht steif war. He, Moment mal, war er etwa gar nicht tot? Ich warf den Stock weg und versuchte, den Halbmenschen mit den Händen vorsichtig auf den Rücken zu drehen. Er gab einen leisen Laut von sich, und sein Bein zuckte. Ja, er lebte noch. Aber nun sah ich, dass ein Skagarok ihn an Kopf und Schultern erwischt hatte. Außerdem war eine seiner Flossen gebrochen, und vielleicht hatte er durch das Niedertrampeln innere Verletzungen erlitten. Voller Mitleid kniete ich mich neben ihn und überlegte, ob ich noch etwas für ihn tun könnte. Seine Artgenossen hatten ihn aufgegeben, soviel stand fest. Bei Trecks starben immer eine ganze Menge Krötenmenschen.
    Als erstes musste ich etwas tun, um ihn vor dem Austrocknen zu bewahren! Vorsichtig trug ich ihn zum Ufer hinunter. Ich schiente seine Brüche mit Ästen und Baststreifen, wie ich es schon zahllose Male bei verletzten Vögeln getan hatte. Dann brachte ich ihn ins Flachwasser und wusch den Dreck aus seinen Verletzungen. Irgendwann schlug er dabei die Augen auf. Groß und golden und voller Todesangst blickten sie mich

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