Der Sucher (German Edition)
über große Entfernungen hinweg! Und es schien auch, als hätten sie mich im Auge behalten ...
Ich blickte mich um. Alle anderen Lehrlinge waren schon verschwunden und auf dem Weg, ihren Prüftag zu feiern. Was wollte der Rat von mir?
Es gab nur einen Weg, es herauszufinden. Ich nickte und folgte dem Krötenmenschen durch das unterirdische Labyrinth.
* * *
Als Spinnenfinger zurück war, musste Mi‘raela wieder den Platz vor der Tür einnehmen. Gelangweilt wartete sie auf Befehle und döste vor sich hin. Nachdem er einen Strom von Besuchern aus der Burg empfangen hatte, um sich mit Neuigkeiten versorgen zu lassen, verließ ihr Herr gegen Mittag seine Kammer. »Los, komm mit, Katze!«, sagte er zu ihr und piekte sie mit einer spitzen Schreibfeder. Verdrossen folgte Mi‘raela ihm durch die Gänge.
Wie sich herausstellte, traf Spinnenfinger sich mit einem anderen Dörfling, der wie er selbst die Schwarze Kutte trug. Nachdem Mi‘raela für beide Polliak geholt hatte, spitzte sie wie gewohnt die Ohren. Diesmal gab es interessante Dinge zu hören. Mi‘raela reimte sich schnell zusammen, dass die beiden Dörflinge über Jini sprachen.
»Dieses Mädchen, das die Alte zurzeit unterrichtet ... Diese ganze Sache gefällt mir überhaupt nicht.«
»Mir auch nicht. Verdammt! Mir scheint fast, sie mag dieses dahergelaufene Findelkind lieber als Hetta.«
»Ach, warten wir erst einmal ab. Sie wird ihrer schnell überdrüssig werden. Von den Küchenmeistern habe ich gehört, dass die Kleine sich nicht gerade geschickt anstellt und zu unverschämten Antworten neigt. Es ist mir ein Rätsel, was die Alte an diesem Balg findet.«
»Aber was ist, wenn es weitergeht?«
»Dann müssen wir dafür sorgen, dass es aufhört. Bis dahin sagen wir Hetta, sie soll sich doppelt Mühe geben. Ich habe gerade einen Korb voll frischer Beeren vorbereiten lassen, den soll sie der Alten bringen. Selbst gepflückt natürlich, haha.«
»Vielleicht sollten wir zusätzlich einige Töchter von Meistern vierten Grades auswählen, die mögliche Kandidatinnen wären. Nur zur Sicherheit. «
»Darüber werden wir mit Nemur reden müssen. Gut. Kommen wir zu diesem Grenzkonflikt zwischen Alaak und Nerada ...«
Mi‘raela überlegte, ob sie Jini sagen sollte, was sie gehört hatte. Nein, nicht nötig. Aber sie würde in nächster Zeit die Ohren offen halten. Hoffentlich bekam sie rechtzeitig mit, wenn Spinnenfinger richtig wütend wurde. Sie wollte ihre menschliche Freundin nicht schon wieder verlieren.
* * *
Diesmal wurde ich in einen kleineren Saal gebracht. Neugierig sah ich mich um und erkannte die Hohen Meister Dagua und Ujuna. Die Frauen von Vanamee haben den Ruf, die attraktivsten von ganz Daresh zu sein, aber Ujuna war ein Schock. Sie war so schön wie die Nebelgöttin Isendre selbst. Gegen sie hätte Lourenca gewirkt wie ein unscheinbares Lehrlingsmädchen. So sah also eine Nachfahrin des Sturmläufers aus!
Außer den beiden Hohen Meistern waren noch zwei andere Menschen im Raum. Ein muskulöser Junge und ein Mädchen. Beide waren in meinem Alter. Neugierig schielte ich zu den beiden hinüber. Verblüfft stellte ich fest, dass ich das Mädchen kannte. Es war Joelle! Der Blondschopf, den ich kennen gelernt hatte, als ich vorübergehend blind und stumm gewesen war ...
Wir hatten keine Zeit, miteinander zu reden, aber wir blickten uns aus den Augenwinkeln an, als wir noch einmal vor dem Rat standen.
»Aus jedem Jahrgang von jungen Leuten suchen wir uns welche aus, denen wir ein Angebot unterbreiten«, erklärte Dagua. »Dazu zählt auch ihr drei. Ihr habt bewiesen, dass ihr eine schnelle Auffassungsgabe besitzt, zäh und einfallsreich seid. Außerdem – und das ist fast genauso wichtig – habt ihr schon Erfahrungen mit anderen Gilden gesammelt.«
Inzwischen ahnte ich, worauf das Ganze hinauslief, und mein Herz schlug einen Trommelwirbel.
»Was uns auf dich aufmerksam gemacht hat, Tjeri, war die Sache in Yanai«, fuhr Dagua fort. »Du hast es geschafft, dich in zwei Kinder einer fremden Gilde hineinzuversetzen – das ist keine Selbstverständlichkeit. Als du den Sohn der Regentin befreit und deine Prüfungsaufgabe mit Hilfe einer anderen Gilde gelöst hast, bist du auf unserer Liste ganz nach oben gerückt.«
So, so, wir sind also bei unser Prüfungssuche beschattet worden , dachte ich. Ich hatte keine Späher bemerkt. Sah aus, als hätte ich noch viel zu lernen.
Nun wandte sich Dagua an den anderen Jungen. Es stellte sich
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