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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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geholt.
    »Beim Brackwasser, wer war das denn?«, fragte ich ein Mädchen, das neben mir ging.
    »Merwyn, der Lehrling von Xalia«, flüsterte es zurück. »Ich hab gehört, dass seine Eltern ihr eine hohe Belohnung versprochen haben, wenn er eine gute Prüfung schafft.«
    Wider Willen musste ich auf dem Weg zur Prüfkammer über das nachdenken, was Merwyn gesagt hatte. Mir wurde klar, dass ich tatsächlich Glück gehabt hatte. Ich war gar nicht auf die Idee gekommen, dass so etwas vorkommen konnte. Doch wenn Udiko aus diesem Grund so lange schon allein lebte, dann war das seine Sache. Schließlich hatte er nie versucht, mich anzufassen.
    In der Residenz des Rates erwartete mich eine Überraschung. Die Wachen, die hier ihren Dienst versahen und uns zu unserem Ziel eskortierten, waren keine Männer – sondern Krötenmenschen! Sie hatten gedrungene, kräftige Körper und sahen stark aus. Aber sie waren genauso schüchtern wie ihre Artgenossen in den anderen Seen.
    Als ich sie freundlich begrüßte und mich erkundigte, wie lange sie dem Rat schon dienten, gaben sie keine Antwort und blickten nur erschrocken zu Boden.
    »Du verschwendest deine Zeit – sie sind ziemlich dumm und verstehen nur einfache Befehle«, sagte ein Junge, der hinter mir ging.
    »Das stimmt nicht, sie sind nicht dumm«, widersprach ich. Uu‘war hatte weit mehr verstanden als ein paar Worte. Außerdem musste jemand, der wenig Daresi beherrschte, noch lange kein Idiot sein.
    »Vielleicht hat er dann einfach keine Lust, sich mit dir zu unterhalten«, mischte Merwyn sich feixend ein.
    Keiner der Krötenmenschen ließ sich anmerken, ob er etwas von dem Gespräch verstanden hatte; wortlos gingen sie weiter. Doch als uns die Wachen in der Prüfkammer ablieferten, fing ich einen freundlichen Blick von einem der Wächter auf. Plötzlich war ich sicher, dass ihnen kein Wort entgangen war.
    Der schriftliche Teil der Prüfung war nicht einfach; ein Sucher muss ein breiteres Wissen über seine Provinz besitzen als jeder andere Bewohner Dareshs. Zum Glück hatte ich mich mit Tier- und Pflanzenarten schon vor der Lehre ausgekannt, das Kartenzeichnen in der Sandschale hatte ich bei Udiko bis zur Perfektion geübt, und durch seine vielen Geschichten in den Schneemonaten hatte ich Wissen aufgesaugt, fast ohne es zu merken. Mein Gedächtnis ließ mich nicht im Stich.
    Als noch schwieriger erwies sich die erste praktische Aufgabe. Wir sollten zeigen, dass wir die Formeln unserer Gilde beherrschten. Ich bekam ausgerechnet die Anweisung, einen Wasserdiamanten zu bearbeiten. Mehrere Atemzüge lang starrte ich auf den kleinen glänzenden Gegenstand in meiner Hand, bis es mir überhaupt gelang, das Wasser in ihm zum Leben zu erwecken und in eine andere Form zu biegen. Als ich es schließlich geschafft hatte und der Diamant nicht mehr wie ein vieleckiger Quader, sondern wie eine Träne geformt war, lief mir der Schweiß über die Stirn und den Nacken hinunter. Matt griff ich nach dem stärkenden Coruba-Saft, den ein Helfer mir reichte, und stürzte das Zeug in einem Zug hinunter. »Gut gemacht«, sagte der Prüfer. »Kannst den Diamanten behalten.«
    Aus dem Augenwinkel suchte ich nach Merwyn, konnte ihn aber nirgends entdecken. Wie ich später erfuhr, hatte er seine Anweisung, einen Teil des Sees zufrieren zu lassen, mit Bravur bewältigt.
    Doch den Höhepunkt der Prüfung bildete die zweite praktische Aufgabe. Kurz nach Sonnenaufgang des nächsten Tages wurden uns kleine Schriftrollen mit unserem zweiten Auftrag ausgeteilt. »Ihr habt drei Tage – ab jetzt!«, kündigte der Prüfer mir und den anderen Sucher-Lehrlingen an. »Je früher ihr erfolgreich zurückkehrt, desto höher ist die Ehre für euch und euren Meister. Es ist euch verboten, bei eurer Suche Wasser-Gilden-Meister um Rat zu fragen oder euch mit anderen Lehrlingen zusammenzuschließen.«
    Überall raschelte es, als die Lehrlinge ihre Rolle öffneten. Ich las in meiner:
Einem Meister ist vor zwei Tagen im Kivaan-Fluss querab der Topas-Felsen ein wertvoller Ring aus einer Telvarium-Jaronis-Legierung verloren gegangen. Bring ihn zurück.
    Rings um mich sprangen Lehrlinge auf, hasteten nach draußen, um ihre Suche zu beginnen. Ich blieb ruhig sitzen und las mir die wenigen Zeilen noch ein paar Mal durch. Das Mädchen, das vorhin neben mir gegangen war, sah mich fragend an: »Willst du nicht auch los? Die Zeit läuft!«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Viel Glück – wir sehen uns dann in drei Tagen.«
    Ich rief

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