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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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selten in die Bibliothek, um Schriftrollen zu holen. Auch Jini war in der Burg inzwischen bekannt, seit ihr die Regentin ihre Gunst schenkte. Aber würde Büchermann sie verraten?
    Es gab nur zwei Wege, es herauszufinden. Entweder sie wartete ab und zitterte – oder sie fragte ihn selbst, was er tun wollte. Mi‘raela entschied sich für den zweiten Weg und machte sich auf zur Bibliothek.
    Es wunderte sie, dass sie überhaupt Angst hatte, und sie freute sich darüber. Du willst nicht mehr sterben, dachte sie. Du hast wieder so etwas wie ein Leben. Und ausgerechnet jetzt bist du in größerer Gefahr denn je!
    Sie fand Büchermann in einem Nebenraum. Er war gerade dabei, Schriftrollen zu reparieren. Mit unendlicher Geduld flickte er Löcher im Pergament, zog verblasste Linien nach, ersetzte zerschlissene Verschlussbänder. Die ruhigen, sicheren Bewegungen seiner Hände gefielen ihr, aber nach ein paar Atemzügen musste sie gähnen.
    »Ist das nicht schrecklich langweilig, ist es das?«, fragte sie, sprach absichtlich Daresi. Es hatte keinen Sinn, sich dumm zu stellen, wenn sie ohnehin mit ihm reden musste.
    »Wie man‘s nimmt, Katzenfrau«, meinte er, ohne sich herumzudrehen. »Ich mag die Stille.«
    Es gefiel ihr, dass er sie nicht Staubflocke nannte, und dass er ganz normal mit ihr sprach. »Du trägst die Stille in dir«, sagte Mi‘raela. »Sie würde dich auch begleiten in vielgroßem Lärm.«
    Jetzt drehte er sich herum und blickte sie an. Was war das für ein Lächeln? Triumphierend? Oder einfach nur wissend? »Ich glaube, ich weiß, warum du hier bist.«
    »Ich wollte dich etwas fragen«, gestand Mi‘raela demütig.
    »Du bekommst eine Antwort«, sagte Büchermann. »Aber vielleicht ist es nicht die, die du erwartet hast.«
    Langsam schob er den Ärmel seiner Tunika hoch. Sie sah ein schwaches Querstreifenmuster auf seinem Unterarm, flaumweiche Haare. Es hatte einen Katzenmenschen unter seinen Vorfahren gegeben! »Wieso haben sie dich nicht getötet, als du geboren worden bist, wieso?«, fragte Mi´raela.
    »Meine Mutter hat mich versteckt, bis das Fell von selbst ausgefallen ist – man sieht es nur noch an einigen Stellen«, erklärte er. »Kaum jemand weiß davon. Obwohl ich mich nicht schäme, es zuzugeben.«
    »Mutig bist du, mutig!«
    »Mag sein. Außerdem habe ich ein fürchterlich schlechtes Gedächtnis«, sagte er und zwinkerte ihr zu. Da wusste Mi‘raela, dass er sie nicht verraten würde.
    Nicht nur um ihrer selbst willen war sie froh, fürs Erste davongekommen zu sein. Jini brauchte sie. Denn Spinnenfinger und Steinherz würden es schon sehr bald erneut versuchen – und das nächste Mal würden sie es geschickter anstellen.
    * * *
     
    Fyona weckte uns lange vor dem Morgengrauen. »Ihr könnt euch euer Frühstück verdienen«, sagte sie und schubste das Deckenbündel mit Merwyn darin mit dem Fuß. »Und dann solltet ihr verschwinden, damit euch nicht gleich die nächste Patrouille wieder aufgreift.«
    Schläfrig setzte ich mich auf und entdeckte, dass mein Messer im Boden neben meinem Kopf steckte. Ich musste schlucken. Schnell packte ich es weg.
    »Ganz schön früh ...«, gähnte Joelle.
    Fyona grinste. »Nur für euch verweichlichte Kaulquappen aus Vanamee.«
    Wir halfen ihr, indem wir gemeinsam mit ihr Tau riefen, indem wir die Formel unserer Gilde sprachen, die unsichtbar in der Luft gelöstes Wasser zu Tropfen formt. An diesem Tag würde Fyona eine Rekordernte einbringen können.
    Schlecht, dass gestern keine Zeit mehr gewesen war, Joelle nach ihrem seltsamen Verhalten zu fragen. Dafür nutzte ich fast ohne nachzudenken die Chance, mehr über Merwyn herauszufinden.
    Als er kurz nach draußen ging, um die Landschaft zu bewässern – begleitet von Fyonas geharnischten Warnungen, wo er es besser nicht tat –, nahm ich mir sein Gepäck vor.
    Ich hob seine Wandertasche an, um festzustellen, wie schwer sie war – und ließ sie sofort wieder fallen. Beim Brackwasser, was hatte er da drin, Steine?!
    Neugierig machte ich mich daran, die Tasche aufzuschnüren. Ich wollte nicht noch mehr böse Überraschungen mit meinen Reisegefährten erleben, wenn es sich vermeiden ließ.
    Von draußen näherten sich Stimmen. »Nein, ich kenne Tjeri schon länger, aber im Seenland hatten wir ...«
    Schnell schnürte ich die Tasche wieder zu und widmete mich mit unschuldigem Blick meinem eigenen Gepäck.
    Merwyn hielt Joelle die Stoffbahn zur Seite, damit sie ins Zeltinnere schlüpfen konnte. Zum Dank schenkte

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