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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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hastig ein. Er brauchte nicht zu wissen, dass ich den Zweiten Regenten kannte!
    Wir kamen gut voran an diesem Tag. Wahrscheinlich waren wir deshalb alle guter Laune, als wir abends lagerten. Merwyn gab sich am Lagerfeuer etwas mehr Mühe als sonst, und der Lohn für seine gefüllten Juliknospen war ein »He, schmeckt richtig gut!« von Joelle.
    Vielleicht ist es ein Fehler gewesen, um die Kocherei zu wetten, dachte ich säuerlich.
    Die Stimmung zwischen uns war so entspannt, dass ich nach dem Essen meiner Neugier freien Lauf ließ. »Sag mal, Merwyn ... was ist eigentlich dein Ziel im Leben? Was interessiert dich wirklich?«
    Er zögerte keinen Atemzug lang. »Ich will der beste Sucher Dareshs werden.«
    Im ersten Moment war ich geschockt. Dann wurde mir klar, dass er das absolut ernst meinte. »Der Posten ist leider schon vergeben«, sagte ich kühl. »An den Großen Udiko.«
    Merwyn grinste, aber seine Augen blieben kalt. »Blödsinn. Dein Meister ist viel zu alt und gebrechlich, um noch größere Suchen zu übernehmen.«
    Ich bebte vor Wut. »Du wirst noch verdammt lange brauchen, bis du auch nur halb so gut bist wie er!«
    »Ja, und? Was meinst du, warum ich hier bin? Ich sammle Erfahrungen.« Betont gelassen lutschte Merwyn die letzte Juliknospe aus. »Um den Titel zu bekommen, muss man ein paar große, spektakuläre Aufgaben lösen. Dazu muss man sich in ganz Daresh auskennen.«
    »Was ist mit dir, Tjeri? Was hast du für Ziele?«, mischte sich Joelle hastig ein. Sie wurde langsam richtig gut in der Rolle als Friedensstifterin zwischen uns.
    Ich atmete ein paar Mal tief durch, um mich zu beruhigen. »Ich will ein guter Sucher werden.«
    Joelle runzelte die Stirn. »Ist das nicht das Gleiche wie das, was Merwyn will?«
    »Nein, ist es nicht. Ich will mein Bestes geben, nicht der Beste sein. Außerdem habe ich noch ein Ziel, das mir genauso wichtig ist. Ich will glücklich werden.«
    Merwyn beobachtete mich schweigend, und ich ärgerte mich, dass ich so viel von mir offenbart hatte.
    »Und du, Joelle?«, fragte Merwyn. Er wirkte völlig locker und selbstbewusst. Vielleicht freute er sich, dass er es geschafft hatte, mich aus dem Gleichgewicht zu bringen.
    »Jetzt gerade habe ich das dringende Ziel, endlich aus diesem grässlichen Tassos raus und nach Alaak zu kommen«, seufzte Joelle. »Was meint ihr, wie lange brauchen wir noch bis zur Provinz der Erd-Gilde? Ich halte diese Hitze einfach nicht mehr aus!«
    Merwyn und ich verstrickten uns in eine komplizierte Diskussion um Entfernungen, Sonnenpeilungen und die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Routen, die den Rest des Abends bestimmte und nach der wir uns halbwegs einig waren, dass wir noch etwa drei Tage brauchen würden. Wir planten, einen kleinen Umweg in Kauf zu nehmen und dafür an einer Stelle nach Alaak durchzustoßen, an der es nur wenige der gefährlichen Phönixbäume gab.
    Erst, als wir uns alle eine gute Nacht gewünscht hatten und ich mich bereits in meine Decke gewickelt hatte, wurde mir klar, dass Joelle vorhin ein geschicktes Ablenkungsmanöver durchgezogen hatte. Jetzt wussten wir immer noch nicht, was sie vom Leben wollte.
    Am nächsten Tag war ich so in Gedanken versunken, dass ich meine schmerzenden Füße eine Weile fast vergaß. Ich musste mir eingestehen, dass Merwyn wahrscheinlich Recht hatte mit dem, was er über meinen Lehrmeister gesagt hatte. Manche Suchen – wie die zum Herrn der Quallen – hatte Udiko tatsächlich mir überlassen, weil er sie körperlich nicht mehr schaffte. Mich auszubilden, hatte ihn noch einmal ins aktive Leben eines Suchers gezogen, aber wer wusste, was er inzwischen tat, seit ich selbst Meister war und Vanamee verlassen hatte! Auf einmal bekam ich Angst, dass er sterben könnte, während ich weg war.
    Ich dachte auch viel über Merwyn nach. Mir machte sein Ehrgeiz Sorgen. Die geheimnisvolle silberne Schale zu finden, war genau einer dieser großen, spektakulären Aufträge, auf die er aus war. Wenn er irgendwie schaffte herauszufinden, an was für einer Suche ich dran war, dann würde er nicht zögern, sie selbst in die Hand zu nehmen und den Ruhm einzuheimsen, wenn er Erfolg hatte. Im Gegensatz zu mir hatte er dem Rat keine Geheimhaltung geschworen.
    Auch über Joelle und mich machte ich mir Gedanken. Im Moment beschäftigte sie sich mal mit Merwyn, mal mit mir. Interessierte sie sich überhaupt noch für mich? Bisher sah es nicht so aus. Eigentlich kannst du die Hoffnung auch aufgeben, dachte ich, und es

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