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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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angelaufene Oberfläche wieder schimmerte.
    Die Idee traf mich wie ein Blitzschlag. Auf einmal wusste ich, wie ich die verschollene magische Schale für den Rat finden konnte. Es war eine ziemlich schräge Idee, aber vielleicht würde sie funktionieren! Ich ließ meinen halb vollen Becher stehen, warf eine Münze auf den Tisch und eilte nach draußen.
    Ich hatte kaum die Schwelle erreicht, da packte mich eine Hand und riss mich herum. »He – was willst du denn hier?« Es war Jallak, unser neuer Lehrmeister. O je!
    Aber Moment mal – wenn Jallak sich umhören wollte, würde er damit in einer menschenleeren Schänke nicht viel Erfolg haben. Wetten, der Kerl war ein heimlicher Säufer und hier, um sich ein paar Polliak zu genehmigen? »Was ich hier wollte? Das Gleiche wie Ihr, vermute ich«, gab ich zurück und sah ihm dabei direkt in die Augen.
    Jallaks Gesicht wurde dunkel wie eine Gewitterwolke. Ich hatte richtig geraten. Angewidert ließ er mich los. »Marsch, Marsch, zurück zum Flussufer! Du hast noch viel Arbeit vor dir – lass dich bloß nicht vor Aufgang des ersten Mondes in meiner Hütte sehen!«
    Den Gefallen tat ich ihm gerne. Ich brauchte sowieso den Rest des Tages dazu, den Weg zum Tal der Zwei Flüsse auszukundschaften und Kräuter für mein Silberputzmittel zu suchen.
    Außerdem wollte ich meine Suche nach Joelles Schwester beginnen. Ich organisierte mir Wühler und schickte drei Nachrichten ab – eine an den Hohen Rat meiner Gilde, in der ich Dagua bat, mir alles zu schicken, war über die damalige Fehde bekannt war. Eine ähnliche Botschaft an einen Händler im Grenzgebiet der Wasser-Gilde, der mir noch einen Gefallen schuldete. Und eine dritte an die Eltern von Joelle, in der ich sie bat, mir jede Einzelheit der Katastrophe damals mitzuteilen. Als ich diese Nachricht schrieb, hatte ich kein gutes Gefühl. Würden mir ihre Eltern überhaupt antworten, würden sie bei der Suche helfen? Oder war es ihnen ganz und gar gelungen, Ynea zu vergessen?
    Drei Sonnenumläufe später lagen Merwyn, Joelle und ich im Schilfgestrüpp eines Flusses und wussten, dass wir gefunden hatten, wonach wir gesucht hatten. Es war nicht ganz das, womit wir gerechnet hatten. Wahrscheinlich hätte man die Zuchtstation, auf der ein paar Dutzend der schwerfälligen Reptilien in Pferchen herumstapften, für eine normale Dhatla-Farm halten können – wären da nicht die im Gebüsch versteckten Weidenkäfige in der Nähe des Flusses gewesen. Hohe Zäune sicherten sie ab. Außerdem patrouillierten bewaffnete Wachen der Luft-Gilde in regelmäßigen Abständen über das mit dichten grünen Bäumen, Büschen und Ranken zugewucherte Gelände.
    »Zarbas Rache, wisst ihr, wonach das hier aussieht?«, flüsterte Merwyn. »Die züchten die Biester!«
    »Ja, und wenn ich mich nicht irre, dann hängen Leute von Erd- und Luft-Gilde in der Sache mit drin.« Ich ließ die Wachen bei ihrer Runde über das Gelände nicht aus den Augen.
    »Vielleicht wollen sie die Miramaos als Waffe gegen das Seenland einsetzen«, meinte Joelle. »Das ist ein ganz übler Plan, und ich fürchte, er könnte sogar aufgehen.«
    Ich ahnte, dass sie Recht hatte. Wir mussten diese Zucht mit allen Mitteln beenden.
    »Es kommt mir komisch vor, tagsüber hier zu sein.« Merwyn wirkte nervös. »Wie sollen wir jemals ungesehen an diese Käfige herankommen? Besser, wir kommen nachts wieder.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nachts patrouillieren bestimmt Leute der Erd-Gilde – und die sehen im Dunkeln angeblich zehnmal besser als wir. Aber jetzt, bei Tageslicht, vermutet uns niemand hier, da fühlen sie sich sicher.«
    Wir warteten die Morgenfütterung ab, dann, als niemand mehr in Sicht war, schwammen wir durch den Fluss, hangelten uns über den Zaun und schlichen auf das Gelände. Ein strenger Geruch nach Panzerechsen, Reptilienkot, halb verdorbenem Fisch und Verwesung stieg mir in die Nase. Puh! Ja, ich konnte mir denken, warum die Iltismenschen die Zuchtstation einen schlechten Ort nannten.
    Angewidert sah ich mich um, und meine Abscheu wandelte sich in Entsetzen. Wir standen keine zwei Menschenlängen neben einer Grube, aus welcher der ärgste Gestank drang. Eine dünne Schicht Erde und Laub bedeckte das, was sie enthielt, aber nachdem ich mit einem Stock nachgestochert hatte, wusste ich trotzdem, was darin lag – Kadaver. Kadaver von Wesen, die weder ganz Dhatla noch ganz Miramao waren, missgebildete Embryos und Jungtiere, die verkrüppelt geboren worden waren. Sie

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