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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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ich.
    »Ich weiß nicht, ob das geheim ist ...«, meinte er unsicher – und flüsterte zehn Atemzüge später: »Ganz im Vertrauen, ja, können wir! Und was sind eure Talente?«
    »Ganz im Vertrauen – wir können uns sogar unsichtbar machen!«, behauptete ich munter.
    »Ach, du machst ja nur Spaß!«, rief Olibas. Merwyn glotzte mich an, und Joelle zog mich beiseite: »Was soll das, Tjeri? Bist du völlig übergeschnappt?«
    »Keineswegs«, beruhigte ich sie, erschrocken über ihren schroffen Ton. »Wart einfach ab und vertrau mir. Schließlich willst du doch auch, dass wir deine Schwester finden, oder?«
    Wortlos nickte sie und mied meinen Blick.
    Denkst du, Joelle wird dich lieben, wenn du ihre Schwester wiederfindest? schalt meine innere Stimme. Mach dir doch nichts vor. So naiv bist du nicht!
    Bin ich wirklich nicht , dachte ich trotzig. Aber ich habe ihr was versprochen, und das halte ich, koste es, was es wolle!
    Am nächsten Tag, als der nette Luft-Lehrling vor Neugier auf unsere geheimnisvolle Fähigkeit beinahe starb und wir uns dem Grasmeer näherten, bot ich Olibas eine kleine Wette an. »Wenn wir dir beweisen, dass wir uns tatsächlich unsichtbar machen können ... stellst du deinem Vater dann drei Fragen von mir?«
    »Geht klar!«, sagte er eifrig.
    Das Grasmeer bestand, so hatte Udiko mir erzählt, im Wesentlichen aus sehr klebrigem Matsch, auf dem das Gras wuchs. Am Rand des Grasmeeres konnte man sich noch mit Dhatlas bewegen, weiter drinnen gab es nur noch schmale Fußpfade. Kam man davon ab, war es um einen geschehen. Der Matsch sog alles in die Tiefe. Aber Menschen der Wasser-Gilde können mit einer Formel Wasser gefrieren lassen. Damit konnte ich – so hoffte ich jedenfalls – den Matsch verfestigen, gefahrlos darüber hinweggehen und mich zwischen den dichten, hohen Halmen verstecken.
    Am Abend, als die Karawane mitten im Gras rastete, gingen Joelle, Merwyn und ich mit Olibas auf einem der Fußpfade ein Stück vom Lager weg. Wie abgesprochen ließen sie mich auf einem Pfad zurück, der in einer Sackgasse endete.
    Das Gefühl, allein im Grasmeer zu sein, war überwältigend. Um mich rauschte und toste es, die eineinhalb Menschenlängen langen, blassblauen Halme bogen sich im kräftigen Wind. Feiner, heller Staub wurde von den Pfaden aufgewirbelt und wehte mir in die Augen, ließ mich blinzeln. Die Luft roch nach Sand, trockenem Gras und muffigem Matsch. Es fiel mir nicht leicht, mich zu konzentrieren und die Formel zu sprechen. Trotzdem beeilte ich mich. Gleich würden Olibas und die anderen zurückkommen, dann musste ich verschwunden sein.
    Wie ich gehofft hatte, gefror der Matschboden. Aber er wurde nicht völlig hart, sondern fühlte sich immer noch wabbelig an. Brackwasser! Mit klopfendem Herzen verließ ich den Pfad und wagte mich Schritt für Schritt vor in das dichte Gras. Zum Glück sah man meine Fußspuren nicht, der elastische Boden nahm sofort wieder seine ursprüngliche Glätte an.
    Schon nach einer Menschenlänge war der Pfad außer Sicht. Jetzt war ich von dort aus unsichtbar. Ich schloss die Augen, konzentrierte mich weiterhin. Keinen Atemzug lang durfte ich darin nachlassen, sonst taute der Boden auf und verschluckte mich.
    Zwischen den Halmen herrschte eine dumpfe Wärme. Sofort fiel ein Schwarm stechender Insekten über mich her. Im ersten Schreck schlug ich um mich, dann sammelte ich schleunigst meine Gedanken wieder, weil der Boden unter mir gefährlich weich wurde. Vor mir wuchsen die Halme zu dicht, ich musste schräg zur Seite schwenken, um mir einen Weg zu bahnen. Schließlich fand ich einen guten Platz zum Warten. Nach einer kleinen Ewigkeit hatte ich, wie mit Joelle vereinbart, zehnmal zehn Atemzüge abgezählt und wollte mich auf den Rückweg machen.
    Doch als ich mich umblickte, wurde mir ganz kalt. Wo ging es zum Pfad zurück? Ich hatte nicht genug darauf geachtet! Das Gras sah in alle Richtungen gleich aus. Meine Fußspuren hatte der Boden längst aufgesaugt. Selbst wenn ich brüllte, würden mich meine Freunde nicht hören. Ich hatte nichts, woran ich mich orientieren konnte. Und ich konnte meine Konzentration nicht mehr sehr lange halten. Wenn ich den Pfad nicht bald fand, war es um mich geschehen. Was für ein elender Tod, besonders für einen Sucher!
    Instinktiv ließ ich meinen Körper erstarren. Ganz ruhig . Nicht bewegen. Erst nachdenken, dann handeln!
    Mein Herz klopfte heftig. Vor meinem inneren Auge versuchte ich, die Bewegungen zu rekonstruieren, mit

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