Der Sucher (German Edition)
Reisekasse machte Fortschritte. Trotzdem würde es noch eine ganze Weile dauern, bis wir genug Geld zusammen hätten für den weiten Weg nach Nerada und zurück. Dabei wäre ich am liebsten schon am nächsten Tag losgereist ... Sonst war die Spur zur silbernen Schale schon wieder kalt, bis ich in Kowanda eintraf!
Manchmal kommt alles anders, als man denkt. Als ich eine Pause machte und durch eins der anderen Stadtviertel schlenderte, sah ich, dass sich dort gerade eine große Gruppe der Luft-Gilde formierte. Anscheinend eine Handelskarawane, denn sie hatte eine beeindruckende Menge Gepäck dabei, Vorräte und Waren, die auf etwa dreißig geduldig wartende Dhatlas geladen wurden. Ich blieb stehen, um den letzten Vorbereitungen zuzusehen, und fragte eine kleine, vertrocknet wirkende Händlerin, die bestimmt mehr als sechzig Winter zählte: »Wohin reist ihr?«
»Über Nehiri und die Hauptroute nach Eolus«, meinte sie und balancierte auf zwei Holzklötzen, damit sie hoch genug reichen und die Gepäckgurte eines Dhatlas festzurren konnte. Scherzhaft fügte sie hinzu, ohne mich richtig anzusehen: »Was ist – willst du mit, Junge?«
Nehiri! Soweit ich mich erinnerte, lag das ganz in der Nähe von Kowanda, unserem vorläufigen Ziel. »Ja, gerne«, sagte ich aufgeregt. Mit der Karawane zu reisen, würde uns Wochen an Reisezeit sparen. »Äh, was würde das kosten?«
Sie nannte einen Betrag, den wir uns nie und nimmer leisten konnten. Pech gehabt! Ich wollte schon enttäuscht umkehren, doch dann erinnerte ich mich an die Tausammlerin Fyona Nell und die Rolle, die sie in Tassos spielte. »Wie sieht‘s eigentlich mit Trinkwasser aus? Gibt‘s genug davon in Nerada?«
»Nein, Wasser ist dort immer knapp – warum fragst du?«, wollte sie wissen und versuchte mit ihren dürren Krallenfingern, den Bauchgurt des Dhatlas anzuziehen. Ich konnte nicht mit ansehen, wie sie sich mit der Schnalle abmühte, und packte mit an. Dabei sah sie mein Gildenamulett und zuckte zusammen.
Ich ließ ihr keine Zeit, feindselig zu werden. »Ich frage deshalb, weil Menschen wie ich Wasser aus der Luft rufen können. Vielleicht könnt ihr ja so einen Helfer gebrauchen.«
»Hm – ich weiß nicht«, sagte sie spitz und musterte mich von oben bis unten. »Ich habe ja nichts gegen euch, im Gegenteil, ein paar meiner besten Freunde gehören zur Wasser-Gilde, jawohl, aber die anderen Händler könnten etwas dagegen haben, dass ein Fischkopf dabei ist.«
Ich hatte längst gelernt, mich über den Spitznamen der Wasser-Leute nicht mehr aufzuregen. Also wartete ich einfach ab und ließ ihr Zeit, nachzudenken. Sie brauchte nur zwei Atemzüge, um einzuknicken und »Geht klar, Junge« zu sagen.
Jetzt musste ich ihr nur noch klarmachen, dass es um drei Fischköpfe ging. Also kratzte ich mich gespielt nachdenklich am Kopf. »Nur ... alleine eine ganze Karawane zu versorgen, hm, das wird schwierig, da bräuchte man mindestens drei Leute für ... aber Ihr habt Glück, ich kenne zufällig jemanden ...«
Ich konnte fast hören, wie sie mit den Zähnen knirschte. »Na gut. Aber wir brechen sehr bald auf. Beeilt euch, wenn ihr mitkommen wollt – warten können wir nicht auf euch.«
Ich rannte zurück zu Merwyn und Joelle und erklärte ihnen atemlos, welche Chance sich uns bot. Wir rasten zu den Seen in der Innenstadt, packten in Rekordzeit unsere Sachen und verabschiedeten uns hastig von unserer Gastfamilie. Doch so sehr wir uns auch beeilt hatten, die Karawane war schon weg. Enttäuscht blickten sich Joelle und Merwyn auf dem verlassenen Platz um, auf dem nur noch ein Haufen Dhatla-Kot und ein paar Körner Getreide lagen. »Vielleicht können wir sie noch einholen!«, keuchte ich, und so war es.
Bei der ersten Rast stellte die Alte uns dem Karawanenführer vor, wir zeigten unser Können, und er gab uns gnädig die Erlaubnis zu bleiben. Diesen Abend verbrachten wir mit den anderen Händlern rund um das große Feuer und schaufelten frisch geröstetes Fladenbrot mit körnigem, scharf gewürztem Käse aus Dhatla-Milch in uns hinein. Dazu gab es einen Aufguss aus getrockneten Fruchtschalen, der säuerlich-aromatisch schmeckte.
»Da könnte ich mich dran gewöhnen«, grunzte Merwyn und leckte sich ein paar Käsebrocken von den Fingern, ohne sich daran zu stören, dass ein halbes Dutzend Händler ihn und seine Salisar-Klaue halb fasziniert, halb angewidert beobachtete.
Nach dem Essen holten einige der Luft-Leute Musikinstrumente heraus, und wir lauschten noch
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