Der Suender und die Lady
dass Robin Goodfellow auch dort gewesen war.
Das trug nicht dazu bei, ihre Stimmung zu heben, die sich mehr und mehr in den Tiefen der Trostlosigkeit verlor.
Doch Mirandas Bruder hatte eine Einladung erhalten. Bestimmt hatten auch andere Männer, angebliche Gentlemen der vornehmen Gesellschaft, teilgenommen.
Waren alle Männer so schlecht?
Es war wirklich schade, dass sie kein Verlangen verspürte, ins Kloster zu gehen …
„Miss Regina? Wie können wir ohne Miss Miranda nach Hause kommen? Ihre Mama wird sich so aufregen, und seine Lordschaft geht in die Luft, und wie!“
Regina hob die Hände, band endlich ihre Maske ab und warf sie mit Schwung aus dem offenen Kutschenfenster. „Mein Onkel Seth hat jedes Recht, in die … ich meine, wütend zu werden. Angst zu haben. Aber wir müssen an Miss Miranda denken, Doris Ann. Wir werden an sie denken, und wir werden tapfer sein. Wenn auch nicht ganz ehrlich“, fügte sie hinzu und drückte der Zofe die Hand.
„Ja, Miss. Und wie wollen Sie Mr Goodfellow erklären?“
Regina öffnete den Mund zu einer Antwort und schloss ihn wieder, bevor sie eine Entscheidung traf. „Er hat gesagt, er wolle sich um die grobe Geschichte kümmern. Diese Erklärung überlassen wir ihm, ja? Und jetzt sei bitte still, ich höre Schritte. Ja, da kommt er.“
Regina beugte sich auf dem Polstersitz vor, spähte in die Dunkelheit und wartete darauf, dass er ins Mondlicht trat, sodass sie endlich sein Gesicht ohne diese außergewöhnliche Maske sehen konnte. Wahrscheinlich würde sie sich eines Tages einreden, dass es die Maske war, die ihr den Verstand benebelt hatte, dass das merkwürdige Muster sie irgendwie verführt hatte, etwas zu tun, woran sie sonst nicht einmal im Traum gedacht hätte. Dass ihre Willfährigkeit nichts zu tun hatte mit seiner angenehmen, kultivierten Stimme oder mit der Art, wie er ihr die Hände auf die Schultern gelegt und damit beinahe einen Herzstillstand bei ihr bewirkt hatte – oder mit dem Schalk in seinen klugen blaugrünen Augen.
Entweder war es so, oder sie musste annehmen, dass Großmutter Hackett sich auf Dauer in ihr eingenistet hatte.
„Oh …“, Regina blinzelte, sah noch einmal hin. „Ach, du meine Güte!“
Er war der schönste Mann, den sie je gesehen hatte. Jetzt, da sie ihn richtig sehen konnte. Er war immer noch vorwiegend schwarz gekleidet, doch sein Hemd und die einwandfrei gebundene Krawatte strahlten blütenweiß im Mondschein, und er hatte sein langes blondes Haar zurückgebunden. Er war Engländer, dessen war sie sich sicher, doch seine Erscheinung war beinahe fremdländisch, so überaus gepflegt, kultiviert, unwiderstehlich romantisch. Der golden gefütterte Umhang war verschwunden, ebenso wie der bebänderte Spazierstock, der zu Boden gefallen war, als Robin Goodfellow sie küsste, damit er die Hände frei hatte, um … Nein, auch das würde sie vergessen. Sie würde alles vergessen!
Er blieb stehen, bückte sich und hob die weggeworfene Maske auf, bevor er den Schlag der Kutsche öffnete. „Lektion Nummer zwei, schöne Titania: Lass niemals belastendes Material öffentlich herumliegen. Würdest du mir freundlicherweise die beiden Dominos und die Maske deiner Freundin reichen? Ah, vielen Dank. Gaston!“
Eine zweite Gestalt tauchte auf – wie es schien, aus dem Nichts, und Mr Goodfellow warf ihm das „belastende Material“ zu. Der Bursche rief etwas auf Französisch und suchte nach der grünen Maske, die er verfehlt hatte und die zu Boden gefallen war.
„Ich bitte um Verzeihung, Gaston. Ich habe keine Übung im Kleiderwerfen. Nur im Auffangen, si vous prenez ma signification . Verbrenne das Zeug und zerstreue die Asche“, wies er den Diener an, der dann wieder im Dunkeln verschwand.
In der Kutsche hatte Regina sich so weit erholt, dass sie angesichts dieses empörenden Benehmens die Augen verdrehen konnte. Doch jegliches Gefühl von Überlegenheit verflüchtigte sich auf der Stelle, als Robin Goodfellow in die Kutsche stieg und sich neben Regina auf den Sitz fallen ließ.
Er sah gut aus. Er duftete köstlich. Er war kein Junge; er war ein Mann. Durch und durch ein Mann. Und er betrachtete Regina mit offener Bewunderung.
„Sehen Sie mich nicht so an. Meine Cousine ist verschwunden“, erinnerte sie ihn.
„Und trotzdem bin ich nicht mit Blindheit geschlagen“, erwiderte er unverzüglich. „Ohne Maske bist du genauso schön, wie du mit halb verborgenem Gesicht geheimnisvoll warst. Doris Ann, mach den Mund zu.
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