Der suendige Engel
Symbionten, ein zerrissenes Gewand zu modellieren, aus dem die Nachbildungen von Hautfetzen und blanken Knochen lugten.
Als sie mit ihrem »Make-up« fertig war, schaute Lilith an sich hinab. Sie war zufrieden mit dem, was sie sah. Das Bild des Jammers, das sie bot, mußte selbst die geflügelten Kreaturen überzeugen. Jetzt hoffte sie nur noch, daß die Wesen auch dort landeten, wo sie schon beim letztenmal niedergegangen waren.
Lilith reihte sich in die langsam dahinschlurfende Schar der Zom-bies ein und verfiel in den gleichen roboterhaften Schritt.
Dann waren die Wesen heran. Das Schlagen ihrer gewaltigen Flügel verursachte einen heftigen Wind. Der Boden bebte, als ihre schweren, massigen Körper aufsetzten.
Das Geschehen wiederholte sich in der gleichen Weise, die Lilith schon einmal beobachtet hatte: Die drei Geflügelten trieben einige der Vampir-Zombies auf dem großen Netz zusammen.
Lilith steuerte unauffällig auf das Netz zu. Doch dann widmete ihr eine der Kreaturen plötzlich mehr Aufmerksamkeit, als ihr lieb sein konnte. Der Geflügelte ließ von einem anderen Vampir ab, dessen Rücken er mit seinen Krallen malträtierte, und stapfte auf Lilith zu. In seinen Augen lag die nackte Gier. Wahrscheinlich strahlte die Halbvampirin trotz ihrer jammervollen Verkleidung noch genug Leben und Frische aus, um aus der Masse der anderen herauszuragen.
»Wen haben wir denn da?« grollte das Monstrum. »Eine Perle in-mitten dieser halbvertrockneten, stinkenden Brut!«
Lilith behielt ihre langsamen, roboterhaften Bewegungen bei und starrte weiter geradeaus. Wenn sie sich jetzt verriet, war es um sie geschehen!
Dann hatte das Wesen sie erreicht. Seine rauhen Hände strichen gierig über ihren Körper.
»Noch alles dran«, polterte seine rauhe, kaum verständliche Stimme. »Du könntest mir gefallen. Vielleicht habe ich ja Glück, und der Herr läßt etwas für uns übrig.« Er leckte sich mit seiner warzigen Zunge über die Lippen. Dann packte er Lilith und trug sie hinüber zu den anderen Opfern, die seine Kumpane zusammengetrieben hatten. Dabei nutzte er noch einmal ausgiebig die Möglichkeit, Lilith zu quetschen und zu betasten. Seine Hände glitten über ihre Brüste und kniffen sie, dann wanderten sie tiefer, über ihre Hüften, und suchten ihren Schoß.
Um ein Haar hätte Lilith ihre Tarnung aufgegeben, um ihm die Augen auszukratzen, so widerlich waren ihr die Berührungen. Aber sie beherrschte sich mühsam.
Die Kreatur ließ sie zu Boden fallen, wo sie unsanft aufkam. Auch hier mußte sie sich wieder beherrschen, ihre Rolle als tumbe Zom-biefrau beizubehalten und sich nicht geschmeidig abzurollen. Im nächsten Moment fielen die anderen Vampire über sie. Lilith blickte direkt in das zerstörte Gesicht eines uralten Mannes. Mit seinen weitaufgerissenen Augen blickte er stumpf in imaginäre Fernen. Die Monstren zogen das Netz in die Höhe und gleichzeitig eng zusammen.
Für Lilith war es eine weitere fast unerträgliche Prüfung, derart mit den Vampiren zusammengepfercht zu sein. Sie hatte das Gefühl, als einziges warmblütiges Wesen in ein Netz mit noch träge zappelnden, eiskalten Fischen geraten zu sein.
Mit einem Ruck hob das Netz vom Boden ab und schaukelte in den Lüften. Der Druck auf Lilith verstärkte sich. Sie befand sich im-mer noch zuunterst, während die Vampir-Zombies in mehreren Schichten auf ihr lagen. Aber das kam ihrem Plan nur zugute .
Sie hatte sich nicht getäuscht: Die Kreaturen schlugen die Richtung zum Palast ein. Nach einer Weile sah sie seine Kuppeln in der Ferne auftauchen. Aber noch war es zu früh zum Handeln. Zu viele der geflügelten Wesen hatten sich nach wie vor hier zusammengezogen und bildeten einen weiträumigen Kreis. Sie ließen ihre Artgenossen mit den Gefangenen ungehindert passieren.
Die Halbvampirin atmete auf. Die erste Hürde war genommen! Rasch näherten sie sich nun den Palastbauten. Und für Lilith wurde es Zeit, ihren Plan in die Tat umzusetzen.
Erneut transformierte sie sich zur Fledermaus. Die Maschen des Netzes waren so weit, daß sie problemlos hindurchschlüpfen konnte. Sie ließ sich ins leere fallen.
Dies war der kritischste Moment. Wenn die geflügelten Wesen merkten, daß ihre Last plötzlich leichter geworden war oder ihre Fledermausgestalt entdeckten, würde sie nicht weit kommen.
Aber es schien gutzugehen.
Lilith ließ sich wie ein Stein Richtung Boden fallen. Erst im letzten Moment bremste sie ihren Sturz und wagte einen Blick in die
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